Gerhard Decker hätte sich sein Dasein als städtischer Senioren-Wanderführer auch anders vorgestellt. Vor zwei Jahren hat er das Ehrenamt übernommen, erstmals im Herbst 2019 trugen die Mittwochstouren in Augsburg und der Region seine Handschrift. Schon wenige Monate später waren die gedruckten Routen Makulatur. Corona hat Decker und seine im Schnitt 60-köpfige Wandertruppe regelrecht ausgebremst. Dass er so bald wieder seinen Rucksack packen und seine Schuhe schnüren wird, glaubt der 69-Jährige angesichts der aktuellen Infektionslage nicht.
„Mein Wanderplan für die nächsten Monate wäre fertig. Wie gerne würde ich wieder starten“, sagt er ein wenig wehmütig. Zugleich weiß er, dass die Teilnehmer im Alter von etwa 60 bis 90 Jahren zur Risikogruppe zählen, und mag sich nicht vorstellen, wenn ein Wanderer die Gruppe anstecken würde. Trotz des Aufenthalts im Freien sei die Gefahr einfach zu groß, findet Decker.
Noch hat er die Hoffnungen nicht aufgegeben, dass im Sommer oder Herbst die seit vielen Jahren im Programm der städtischen Fachstelle für Seniorenarbeit fest verankerten Ausflüge wieder stattfinden können – vielleicht in einer kleineren Gruppe und mit Picknick statt Gaststättenbesuch. Obschon sich Decker bewusst ist, dass das Essen in der Wirtschaft oder im Restaurant die rund zweistündige Wanderung krönt. „Die Geselligkeit ist der entscheidende Punkt.“
Wandern in Augsburg: Gerhard Decker läuft gern am Lech entlang
Ob alle Wanderfreunde die Corona-Krise heil überstanden haben, kann der Gruppenleiter zu seinem Bedauern nicht sagen. Zu Beginn der Pandemie habe er noch mit einigen Kontakt gehabt, in diesem Jahr aber noch nicht. So weiß Decker auch nicht, wer sich mit Spaziergängen alleine oder im kleinen Kreis fit hält. Er jedenfalls läuft gerne am Lech entlang. „Als Firnhaberauer habe ich den Fluss vor der Haustüre.“
Die Erfahrungen von Decker decken sich mit denen von Waltraud Seeger. Die Augsburgerin leitet seit sechs Jahren eine Spanisch-Konversationsgruppe im Bürgerhaus Holzerbau in Hochzoll und hat festgestellt, dass die Anfragen, wann es wieder weitergehe, immer seltener kommen. Seeger bedauert es sehr, dass der Kurs mit Ausnahme von einigen Wochen im Sommer seit einem Jahr pausieren muss. „Die Gruppe war mein Baby. Die Teilnehmer mochten sich, so unterschiedlich sie auch sind.“
Dass sie von der Spanischgruppe in der Vergangenheit spricht, mag der Stimmungslage nach der langen Zeit der Einschränkungen und des Verzichts geschuldet sein. Es fehle die Perspektive. Dennoch ist Waltraud Seeger guten Mutes, zu gegebener Zeit wieder mit den Teilnehmern rechnen zu können. „Sie scharren mit den Hufen“, glaubt sie. Und sie verspricht einen Restart mit viel Abwechslung. „Die Themen fliegen mir nur so zu. Ich habe Stoff für ein Jahr“. Sie selbst frischt ihre Sprachkenntnisse, die sie unter anderem auf Urlaubsreisen erworben hat, zurzeit mit spanischsprachigen Filmen auf. Nahezu täglich schaue sie sich diese in Etappen an. Ob der Rest der Gruppe zuhause ebenfalls fleißig ist? „Ich glaube, dass meine Schäfchen mittlerweile weniger Spanisch können als zuvor. Sie brauchen halt einen Animateur“, sagt Waltraud Seeger und lacht.
Das Lachen hat auch Claudia Baschenegger nicht verlernt. Dabei beeinträchtigt Corona das Schaffen der 60-Jährigen in mehrfacher Hinsicht. Zum einen fehlt ihr der Austausch mit den anderen Frauen im Malkreis „Pinselstrich“. „Mehr als zehn Jahre lang haben wir uns einmal im Monat im Bürgerhaus Pfersee getroffen“, erzählt sie. Dieses von ihr initiierte Angebot sei jetzt leider eingeschlafen, nachdem ein im September erwogener Neustart wegen der kurz darauf wieder ansteigenden Infektionszahlen gar nicht erst zustande gekommen sei.
Die Augsburgerin Baschenegger vermisst ihre Benefizveranstaltungen
Das zweite Manko: Zwar kann Baschenegger ihre kreative Ader in den eigenen vier Wänden ausleben, was sie auch tut. Doch wegen Corona finden ihre Bilder und Skulpturen keine Abnehmer mehr. Dabei geht es der Autodidaktin gar nicht darum, mit dem Erlös ihrer Werke die eigene Haushaltskasse aufzubessern. Vielmehr bietet sie ihre Werke für einen guten Zweck an. Normalerweise, denn die Pandemie hat im Januar ihre alljährliche Benefizausstellung im Zeughaus ausfallen lassen. Allzu gerne würde sie sich auch von ihren gebastelten Kakteen trennen. Aber eine Gelegenheit, die originellen Skulpturen zugunsten des geplanten Sukkulentenhauses im Botanischen Garten zu versteigern, ist zu Claudia Bascheneggers Bedauern ebenfalls nicht in Sicht.
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