Ein kalter Dezemberabend. Der Duft von Bratwürstchen vermischt sich mit dem Aroma von gebrannten Mandeln. An den Verkaufsständen decken sich die Menschen mit Wollmützen und Weihnachtskugeln ein. Und mit einer Tasse Glühwein in der Hand träumt so mancher Besucher davon, auf dem Augsburger Rathausplatz einmal einen Stand zu haben. Vielleicht mit Glühwein oder Würstchen. Das müsste doch ein gutes Geschäft sein, oder? Doch so einfach ist das nicht.
Augsburger Christkindlesmarkt: Wer kann sich um einen Stand bewerben?
Was die Beschicker auf dem Christkindlesmarkt verdienen, weiß Marktamtsleiter Werner Kaufmann nicht. „Aber wenn man sieht, wie viele sich jedes Jahr bewerben, dann kann es so schlecht nicht sein.“ Insgesamt 295 Bewerbungen gingen in diesem Jahr ein. 133 erhielten am Ende eine Zusage. Die Vorbereitungen beginnen im Marktamt schon kurz, nachdem die letzten Ostereier verspeist sind. Bis 30. April müssen die Bewerbungen eingehen. Und bewerben, sagt Werner Kaufmann, kann sich grundsätzlich jeder.
Dicke Mappen stapeln sich dann auf den Schreibtischen im Marktamt. Denn wer dabei sein will, muss sich jedes Jahr aufs Neue darum bemühen. „Früher waren ,bekannt‘ und ,bewährt‘ die einzigen Kriterien. Doch dann haben die Gerichte irgendwann gesagt, das geht so nicht. Es gab immer wieder Prozesse.“
So hat die Stadt vor einiger Zeit zunächst einmal festgelegt, welche Flächen der Christkindlesmarkt eigentlich umfasst. 792 Frontmeter sind auf dem Rathausplatz und den Nebenplätzen zu vergeben. Wer die ergattert, wird mit einem ausgeklügelten Verfahren ermittelt. Um rechtssichere Entscheidungen zu treffen, die bei einer möglichen Klage auch vor Gericht Bestand hätten, hat die Stadt einen Punktekatalog erstellt. Maximal 200 Punkte sind zu vergeben.
Wie hoch ist die Anziehungskraft des Standes?
Das Gros davon bezieht sich rein auf den Geschäftsbetrieb. Das Marktamt prüft, wie hoch die Anziehungskraft des Standes ist, ob es sich um ein Traditionsgeschäft handelt, wie familien- oder umweltfreundlich das Angebot ist. Auch Behindertenfreundlichkeit ist ein Thema. Anschläge in Blindenschrift, Rampen für Rollstuhlfahrer – damit können Beschicker punkten. Bewertet wird daneben die Dekoration, die Preisgestaltung, der Platzbedarf oder das Warenangebot.
50 Punkte gibt es außerdem bei den personenbezogenen Kriterien zu holen. „Da geht es um persönliche Erfahrungen mit den Beschickern. Wie lange sind sie dabei, zahlen sie pünktlich, sind sie zuverlässig oder engagieren sie sich für den Markt“, erklärt Kaufmann. Naturgemäß punkten hier vor allem die alteingesessenen Händler. Und so ist es nicht verwunderlich, dass viele Stände seit Jahren von alten Bekannten betrieben werden. „Wir haben relativ wenig Fluktuation, wenn, dann aus Altersgründen. Aber die Möglichkeit für Neuzulassungen ist trotzdem immer gegeben.“ Hat das Marktamt seine Auswahl getroffen, wird die dem Volksfestbeirat, bestehend aus Stadträten und Marktkaufleuten, vorgestellt. Wer letztlich zum Zug kommt, entscheidet dann das Amt.
Ein Glühweinstand in Augsburg ist nicht ganz billig
Ein Glühweinstand ist also kein Erbhof. Und er ist auch nicht ganz billig. 1050 Euro pro Frontmeter müssen die Betreiber auf dem Rathausplatz für die gesamte Laufzeit bezahlen. Sechs bis acht Meter lang sei ein solcher Stand durchschnittlich. Wer Würstchen anbietet, ist mit 950 Euro pro Meter dabei. Auf den ruhigeren Nebenplätzen und in den Straßen wird es deutlich günstiger. Würstchenbratereien zahlen hier 500 Euro, Stände mit alkoholischen Getränken ebenfalls. Wer Baumschmuck, Kerzen oder Handschuhe verkaufen will, bezahlt je nach Standort zwischen 50 und 120 Euro pro Meter. „Das ist wesentlich günstiger und auch so gewollt. Schließlich sind wir daran interessiert, dass wir viele Warenstände haben.“ Deshalb hat die Stadt auch Quoten für die einzelnen Bereiche festgelegt.
An 64 Prozent der Stände gibt es auch dieses Jahr wieder Weihnachtsartikel und Kunstgewerbe. Zwölf Prozent entfallen auf Imbiss und Süßwaren und nur zehn Prozent auf alkoholische Getränke. Schon allein deshalb hört Kaufmann den Begriff „Glühmarkt“ nicht gern. Weil der Christkindlesmarkt so viel mehr sei als Essen und Trinken. Aber natürlich sind die Stände mit alkoholischen Getränken die begehrtesten Filetstücke bei den Händlern. Je näher am Christbaum, umso besser.
Dass sich die Buden am Ende trotzdem oft am gleichen Platz befinden, hat einen pragmatischen Grund. „Wir sind hier durch Anschlüsse für Wasser und Strom gebunden. Da kann man keine Rotation machen.“ Auch bei den Warenständen setzt die Stadt auf Kontinuität. Damit treue Besucher nicht lange suchen müssen, wenn sie neue Plätzchenausstecher oder Baumschmuck erstehen wollen. Lediglich bei den Würstchenbratern ist Bewegung drin. „Da schauen wir, dass jeder ein Jahr innen und im nächsten Jahr am Rand ist. Denn da macht der Standort einen gewaltigen Unterschied.“
Wer nun aber denkt, dass die Stadt am Markt dick verdient, der irrt. Etwa 390.000 Euro hat der Christkindlesmarkt im vergangenen Jahr gekostet. Rund 85 Prozent davon hat die Stadt wieder eingenommen. „Man kann den Beschickern nicht die kompletten Kosten, etwa für die Sicherheit, auferlegen. Und der Christkindlesmarkt ist ja auch ein großer Wirtschaftsfaktor. Da muss die Stadt auch ihren Anteil tragen“, sagt Kaufmann. Dafür, so sind die Verantwortlichen überzeugt, bekomme man am Ende aber auch den schönsten Weihnachtsmarkt der gesamten Republik.
Rückblick: Unsere Bildergalerie zeigt den Augsburger Christkindlesmarkt und seine Händler im vergangenen Jahr.
Mehr zum Augsburger Christkindlesmarkt:
- Christkindlesmarkt bekommt neue Bäumchen-Poller
- Christkindlesmarkt Augsburg 2019: Eröffnung, Öffnungszeiten, Programm