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Augsburg: Wie Arbeitgeber auf der Berufsmesse in Augsburg um Nachwuchs werben

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Wie Arbeitgeber auf der Berufsmesse in Augsburg um Nachwuchs werben

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    Rund 3000 Besucherinnen und Besucher waren am Samstag auf der Berufsinfo-Messe Fit for Job unterwegs.
    Rund 3000 Besucherinnen und Besucher waren am Samstag auf der Berufsinfo-Messe Fit for Job unterwegs. Foto: Michael Eichhammer

    Noch nie standen rein statisch gesehen die Chancen auf einen Ausbildungsplatz so gut wie heute. Die Zahl der Lehrstellen in der Region Augsburg übersteigt bei weitem die der Bewerberinnen und Bewerber. Kein Wunder also, dass sich nicht nur junge Menschen am Samstag bei der Berufsinfo-Messe Fit for Job auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz machten, sondern auch Betriebe Ausschau hielten nach potenziellen Lehrlingen. 155 Ausstellerinnen und Aussteller präsentierten auf dem Messeareal in

    Baubranche: Moderne Technik statt körperlicher Schufterei

    Probieren geht über Studieren, lautet eine Binsenweisheit. Zum Probieren rät auch Ausbildungsleiter Daniel Blaubach den jungen Leuten, die den Stand des Bauunternehmens Dobler auf der Berufsinfo-Messe besuchen. "Es ist wichtig, sich per Praktika verschiedene Branchen anzuschauen", ist er überzeugt. Mithilfe von Praktika könnten die jungen Menschen ihre Fähigkeiten erkunden, sagt er. Klischees über die Branche versucht er zu entkräften. Es herrsche Alkoholverbot für Beton- und Stahlbauer. Moderne Technik nehme immer mehr körperliche Aufgaben ab. Allerdings beobachtet der Ausbildungsleiter: "Neun Stunden an der frischen Luft sind die jungen Leute nicht mehr gewohnt, die brauchen Pausen." Als weiteren Stolperstein für das Finden von qualifizierten Mitarbeitern nennt er den "Hype um die Akademisierung". Das Warten auf Handwerker würde immer länger dauern und Bauvorhaben würden sich in die Länge ziehen. "Entweder wir schaffen hier den Wandel oder es wird auf Kundenseite das große Schreien geben", ist Daniel Blaubach sicher.

    Corinna Schimpke (links), Denisa Artenie und Anja Wagner informierten sich auf der Fit for Job.
    Corinna Schimpke (links), Denisa Artenie und Anja Wagner informierten sich auf der Fit for Job. Foto: Michael Eichhammer

    Ob Baubranche, Büro oder Pflege - die Schülerin Anja Wagner findet, dass Firmen und Einrichtungen generell mehr an Schulen werben sollten, damit Schüler nicht mit falschen Erwartungen in einen Beruf einsteigen. "Ein Praktikum pro Jahr reicht nicht, um Erfahrungen zu sammeln", sagt sie. Ihre Begleiterin Corinna Schimpke glaubt: "Viele studieren, statt in Handwerkberufe zu gehen, weil sie nicht wissen, was es für Angebote gibt."

    IHK Augsburg: Nahezu alle Branchen suchen Nachwuchs

    Wolfgang Haschner, Leiter des Fachbereichs Ausbildung bei der Industrie- und Handwerkskammer (IHK), hat nicht nur einen guten Überblick über die Angebote. Er weiß auch, dass nahezu alle Branchen auf der Suche nach Nachwuchs sind. Der Fachkräftemangel sei nicht zuletzt dem demographischen Wandel geschuldet. Auch hätte die Corona-Zeit "in den Haushalten zu einer großen Unsicherheit geführt, wohin die Reise wirtschaftlich geht". Deshalb würde ein Studium noch immer einer Ausbildung bevorzugt. "Wir brauchen einen Zugang zu den Jugendlichen, um über Talente und Neigungen zu sprechen", ist Wolfgang Haschner überzeugt. Man müsse die jungen Leute abholen, wo sie stehen.

    Am Stand der Firma Voxeljet präsentieren (von links) die Azubis Maximilian Aubele und Leonard Wappler einen Original-Stormtrooper-Helm im Beisein von Ausbildungsleiter Michael Winter und Jana Hörmann.
    Am Stand der Firma Voxeljet präsentieren (von links) die Azubis Maximilian Aubele und Leonard Wappler einen Original-Stormtrooper-Helm im Beisein von Ausbildungsleiter Michael Winter und Jana Hörmann. Foto: Michael Eichhammer

    Voxeljet, spezialisiert auf 3D-Druck, versucht die Jugend auf der Messe unter anderem mit einem Original-Stormtrooper-Helm abzuholen, welchen die Friedberger Firma für einen Film aus der "Star Wars"-Reihe angefertigt hat. "Covid ging an keinem Unternehmen spurlos vorbei, alle tun sich schwer, Nachwuchs zu finden", sagt Ausbildungsleiter Michael Winter. In der Pandemie hätten die Leute große Unternehmen wackeln gesehen und würden daher eher auf Sicherheit setzen, eher auf Schule und Studium als auf Ausbildung.

    In Backstuben beginnt die Arbeit nicht zwangsläufig mitten in der Nacht

    Am Stand der Bäcker-Innung Augsburg will man die Jugend mit frischem Gebäck anlocken und mit dem Angebot, die erste eigene Breze aus Teig zu formen. Georg Schneider, stellvertretender Vorstand der Innung, empfindet das Klischee vom rauen Beruf, bei dem man nur nachts arbeiten würde, überholt. Der Beruf habe sich in den letzten Jahren gewandelt, versichert der Inhaber von Vollwertbäcker Schneider. "Heute ist in der Backstube technisches Verständnis gefragt, man muss Computer bedienen können und der Arbeitsbeginn ist oft erst um sechs Uhr", erzählt er. Sein Kollege Michael Balletshofer, Vorstandsmitglied der Bäcker-Innung, glaubt, im Job zupacken zu müssen, sei für viele Jugendliche nicht mehr so attraktiv wie früher, daher würde eine Bürotätigkeit bevorzugt. "Doch Handwerk macht Spaß, ist abwechslungsreich und man hat nach der Arbeit das Gefühl, etwas geschafft zu haben", wirbt Balletshofer.

    Dass junge Menschen und ausbildungswillige Betriebe heute schwer zusammenfinden, ist auch ein Stück weit den Beschränkungen der Corona-Pandemie geschuldet, als etwa Praktika nicht im gewohnten Rahmen möglich waren. Robert Schmidberger, Ausbildungsreferent der Sparkasse Schwaben-Bodensee, findet es deshalb wichtiger denn je, im Austausch mit der Jugend zu stehen. Durch die Pandemie hätten sich die jungen Menschen in ihrer Mobilität verändert, glaubt er. "Wir müssen junge Leute wieder mit Appetit und Neugier ausstatten, sie wieder motivieren, rauszugehen", sagt der Personaler. Die Berufsinfo-Messe in Augsburg betrachtet er als Highlight. Er freut sich, "dass man sich nach zwei Jahren Pause wieder begegnen kann und den jungen Leuten zeigen kann: Es geht weiter". Die Besucherzahlen machen auch den Unternehmen Mut: Rund 3000 Jugendliche und Eltern besuchten die erste Präsenz-Berufsorientierungsmesse seit Beginn der Pandemie.

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