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Augsburg: Wenig Personal: Wird die Augsburger Polizei für gute Arbeit bestraft?

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Wenig Personal: Wird die Augsburger Polizei für gute Arbeit bestraft?

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    Wie viele Polizisten braucht die Region? Die Deutsche Polizeigewerkschaft kritisiert, dass die Polizeidichte im Großraum Augsburg für einen Ballungsraum in dieser Größenordnung zu niedrig sei.
    Wie viele Polizisten braucht die Region? Die Deutsche Polizeigewerkschaft kritisiert, dass die Polizeidichte im Großraum Augsburg für einen Ballungsraum in dieser Größenordnung zu niedrig sei. Foto: Bernd Hohlen

    Samstagnacht, 23.15 Uhr: In der Einsatzzentrale der Polizei in Augsburg geht ein Notruf ein. Ein Raub wird gemeldet. Zwei Täter haben einem 49-jährigen Mann auf der Straße in Lechhausen den Geldbeutel abgenommen. Sieben Polizeistreifen suchen nach den flüchtigen Tätern. Nur zwei Minuten später der nächste Alarm. In Oberhausen soll ein Mann verletzt worden sein, weil ein Angreifer ihm eine Pistole gegen den Kopf geschlagen hat. Noch weiß niemand, dass es sich „nur“ um eine Schreckschusswaffe handelt. Zwölf Streifenwagen sind deshalb im Einsatz. Weitere zwei Minuten später, es ist jetzt 23.19 Uhr, wird erneut die

    Es ist nur ein Ausschnitt aus einer Nachtschicht, in der die Polizeibeamten fast nicht zur Ruhe kommen. Noch vor Mitternacht werden drei weitere Schlägereien in verschiedenen Stadtteilen von Augsburg gemeldet, in einem Fall besteht der Verdacht, dass ein Messer im Spiel ist. Ein gemeldeter Raub im McDonald’s am Königsplatz entpuppt sich als Körperverletzung. Und in Gersthofen geraten um 23.47 Uhr erneut mehrere Festbesucher aneinander. Die Polizei gerät in solchen Situation an ihre Grenzen. Alles, was nicht ganz so wichtig ist, muss dann warten – zum Teil auch relativ lang, wie ein Polizeisprecher einräumt.

    Polizisten in Augsburg stärker belastet als Kollegen auf dem Land

    Es gibt zwar nicht jede Nacht so viel Arbeit für die Polizei im Großraum Augsburg, sagt Polizeipräsident Michael Schwald. Doch die absolute Ausnahme seien solch geballte Einsatzlagen längst nicht mehr. Der Druck auf die Streifenbeamten nehme zu. Besonders belastet sind die Beamten, die in Augsburg und in den direkt angrenzenden Städten tätig sind. Das zeigen auch die Zahlen: Mehr als zwei Drittel der Straftaten, die in Nordschwaben von der Polizei registriert werden, spielen sich in Augsburg ab, voriges Jahr lag der Anteil bei 71 Prozent. Bei den Polizeieinsätzen ist es ähnlich. Rund 80.000 Einsätze hatte die Polizei in Augsburg und dem direkten Umland zu bewältigen – und damit 70 Prozent aller Einsätze in Nordschwaben. Polizeipräsident Schwald sagt: „Augsburg ist ein Ballungsraum mit allen Begleiterscheinungen wie Veranstaltungen, Verkehr und eben auch Kriminalität.“

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    Foto: Jörg Heinzle

    Polizeiintern wird die drittgrößte Stadt Bayerns mit ihrem direkten Umland bisher aber nicht als Ballungsraum eingestuft – obwohl die Bevölkerung wächst und hier fast 450.000 Menschen leben. Diesen Status haben nur München und Nürnberg. Für die Augsburger Polizei hat das Nachteile, vor allem beim Personal. Unserer Redaktion liegen Zahlen darüber vor, wie viele Beamte im zweiten Halbjahr 2018 der Polizei tatsächlich zur Verfügung standen.

    Während in München auf 10.000 Einwohner 34 Polizisten kamen, waren es beim Präsidium Nordschwaben, zu dem Augsburg gehört, nur 17 Beamte. Die Polizei in Mittelfranken – mit Nürnberg – kommt auf 22 Polizisten je 10.000 Bewohner. An diesem Ungleichgewicht soll sich möglichst schnell etwas ändern, wenn es nach dem Willen der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) geht: Augsburg müsse in Polizeifragen endlich als Ballungsraum eingestuft werden.

    Polizeigewerkschaft kritisiert fehlende Aufstockung in Augsburg

    Beim Bezirkskongress der Gewerkschaft in Augsburg forderte der neu gewählte Vorsitzende Ulrich Häfele mehr Personal für den Großraum Augsburg. „Dass wir eine gute Sicherheitslage und Aufklärungsquote haben, liegt nicht etwa daran, dass wir viel Personal hätten“, sagt er. „Es liegt daran, dass die Kollegen Tag und Nacht an ihre Leistungsgrenze gehen.“ Auch der scheidende Chef des DPolG-Bezirks Martin Oberman, der jetzt Ehrenvorsitzender ist, sieht das so. Er sagt: „Wir haben einen großen Nachholbedarf.“ Die Gewerkschaft fordert eine eigene Einsatzhundertschaft für Augsburg. Beamte einer solchen Hundertschaft stünden rund um die Uhr zusätzlich zur Verfügung. Sie könnten auch die Polizeistreifen unterstützen, wenn es – wie am vergangenen Wochenende – wegen vieler Einsätze eng wird.

    Auf die Sicherheit in der Region hat die eher niedrige Personaldichte bislang keinen Einfluss. Im Gegenteil: Unter den 81 deutschen Städten mit mehr als 100.000 Bürgern liegt Augsburg, was die Zahl der Straftaten pro Einwohner im vorigen Jahr angeht, auf einem guten 17. Platz. Belohnt wird die Augsburger Polizei für diese Zahlen aber nicht. Eher im Gegenteil: Die Zuteilung von Stellen richtet sich auch nach der Kriminalitätsbelastung. Von den Augsburger Beamten ist deshalb immer wieder zu hören: Eigentlich werden wir für unsere gute Arbeit bestraft. Aus der Politik werde zwar parteiübergreifend Unterstützung für die Verstärkung der Polizei in Augsburg signalisiert, sagt Polizeigewerkschafter Martin Oberman. Konkret bewegt habe sich in dieser Richtung bisher aber leider noch nichts.

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