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Augsburg: Wegen Corona haben Hunderte Schüler in Augsburg den Anschluss verloren

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Wegen Corona haben Hunderte Schüler in Augsburg den Anschluss verloren

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    Der Wechsel von Präsenz- und Distanzunterricht hat Spuren hinterlassen: Viele Schüler haben den Anschluss verloren.
    Der Wechsel von Präsenz- und Distanzunterricht hat Spuren hinterlassen: Viele Schüler haben den Anschluss verloren. Foto: Patrick Pleul, dpa (Symbolbild)

    Nach den Pfingstferien sind Augsburgs Schülerinnen und Schüler erstmals seit dem Herbst in den vollen Präsenzunterricht zurückgekehrt. Seit einigen Tagen dürfen Grundschüler, wenn sie an ihrem Platz im Klassenzimmer sitzen, auch die Maske abnehmen. Alles Indizien, dass der Schulalltag nach langem Ausnahmezustand wieder ein Stück normaler wird. Corona hat dennoch Spuren hinterlassen: Rund 200 Jungen und Mädchen an von den Grundschulen gemeldeten rund 70 Kinder, bei denen Distanz- und Wechselunterricht zu großen Lücken geführt hat, seien nicht zu vernachlässigen, berichtete Schulamtschef Markus Wörle. Auch an den weiterführenden Schulen haben sich Wissenslücken aufgetan.

    Verallgemeinern lässt sich die Situation an den Schulen nicht. Aber gerade Schüler, die im Normalbetrieb bereits schwierige Lernbedingungen hatten und schwache Leistungen zeigten, hätten dies auch im Homeschooling gezeigt, erklärte der Schulamtsleiter im Bildungsausschuss. Diese Schüler seien, um erfolgreich zu lernen, auf die im Distanzunterricht fehlende soziale Interaktion im Klassenzimmer angewiesen. Im Umkehrschluss haben sich laut Wörle manche sehr guten Schüler im

    Augsburger Schulamtsleiter: Um Defizite auszugleichen, braucht es Geduld

    Nach Rückmeldungen der Lehrkräfte führten fehlende häusliche Unterstützung, fehlende Übung und mangelnde Selbsteinschätzung zum Absacken. Mit Lernstandsanalysen, einer behutsamen Rückkehr in die sozialen Strukturen des Schultages, vertiefter Elternarbeit und stärkerer Unterstützung, teilweise auch in Lerngruppen und in zusätzlichen Stunden, sollen die Defizite wieder ausgeglichen werden, skizzierte Wörle Lösungsmöglichkeiten. Dazu sei Geduld nötig: "Es wird vielleicht ein Jahr brauchen, um diese Schüler wieder auf Stand zu bringen." Eine Klasse wegen Corona zu wiederholen, ist für Wörle dennoch "die allerletzte Option". Als "Pädagoge und Vater" warnt er ohnehin davor, schwache Schüler als "verloren" abzuschreiben. Es gebe auch viele positive Aspekte und Entwicklungen bei den Kindern und Jugendlichen gerade in dieser Zeit.

    Seit über einem Jahr sorgt Corona für einen herausfordernden Alltag für Lehrende und Lernende. Schnell spiegelten sich im vergangenen Jahr die Lernrückstände auch in den Zeugnissen wider. Landtagsabgeordnete Simone Strohmayr (SPD) stellte eine Anfrage an das Kultusministerium, wie viele Augsburger Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 2020/2021 auf Probe vorgerückt waren. So viele wie nie zuvor, teilte Strohmayr schließlich mit. Demnach rückten an den Augsburger Gymnasien insgesamt 126 Schüler auf Probe vor (Vorjahr 8), was knapp 16-mal so viele sind. An den Realschulen waren es insgesamt 180 (Vorjahr 26). Das sind fast siebenmal so viele. Wie viele davon das Schuljahr bestehen und wie viele in diesem Jahr auf Probe vorrücken werden, ist freilich noch nicht bekannt.

    Der Förderbedarf, den einige Schüler nun mit sich bringen, ist dagegen meist offensichtlich. Das Schulwerk der Diözese Augsburg bietet seinen Schülern deshalb in den Sommerferien das Programm Brückenwerk an. "Es wird in der ersten und letzten Ferienwoche stattfinden", informiert Schulwerksleiter Peter Kosak. Der Bedarf ist da. Am Maria-Ward-Gymnasium und Gymnasium Maria Stern hätten sich 69 Schüler für das Förderprogramm angemeldet, in den vier Augsburger Realschulen des Schulwerks 145 Schüler und in der Franz-von-Assisi-Mittelschule 19 Schüler.

    Leistungsstand des Schülers und der Klasse wird ermittelt

    Am Holbein-Gymnasium werde gerade der Bedarf für das Aufarbeiten von Lernrückständen in den Sommerferien ermittelt. Das Kultusministerium hat ebenfalls Ferienkurse konzipiert. "Sie werden bei uns in den letzten beiden Ferienwochen stattfinden. Wir glauben, dass in der ersten Ferienwoche die Luft raus ist", berichtet Schulleiter Dieter Fiedler. Aufgrund des ständigen Wechsels zwischen Präsenz- und Distanzunterricht hätte in manchen Fächern teils nur eine Schulaufgabe geschrieben werden können. Es gebe deutlich weniger Noten. Schüler hätten nun die Gelegenheit, bei einer freiwilligen Leistungserhebung ihre Note zu verbessern. Daneben werde viel getan, um den Leistungsstand der Schüler zu ermitteln. Fiedler: "Mitte Juli wird es eine unbenotete Lernstandserhebung geben." Aufgrund der Ergebnisse könne der Wissensstand des einzelnen Schülers, aber auch der ganzen Klasse ermittelt werden. Diese Zwischenbilanz werde den Klassenlehrern des kommenden Schuljahrs weitergereicht, damit Defizite im Herbst aufgeholt werden könnten.

    Mittelschüler sollen trotz Corona Aussicht auf ein Praktikum haben

    Bildungsbürgermeisterin Martina Wild (Grüne) weiß, dass sich Lernrückstände in allen Schularten zeigen. Schüler sollen von Förderprogrammen wie dem Talentcampus, der in der ersten und letzten Ferienwoche in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule stattfindet, profitieren. Im Blick hat die Stadt auch die Absolventen der Mittelschulen. Schülerinnen und Schüler, die noch keinen Ausbildungsplatz in Aussicht haben, sollen die Chance bekommen, über ein freiwilliges Praktikum - teilweise auch in den Sommerferien - beim Arbeitgeber in ihrem Wunschberuf ein Ausbildungsverhältnis zu begründen. Gleichwohl weiß Wild, dass die drohende vierte Corona-Welle die Situation an den Schulen nicht einfacher machen werde. "Wir müssen jetzt die Konzepte für den Herbst machen", forderte auch CSU-Stadträtin Astrid Gabler.

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