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Augsburg: Was ist wirklich los am Rathausplatz? Ein Besuch

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Was ist wirklich los am Rathausplatz? Ein Besuch

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    Beliebter Treffpunkt unter den Augen von Kaiser Augustus: Die Augsburger und Gäste lieben den Rathausplatz.
    Beliebter Treffpunkt unter den Augen von Kaiser Augustus: Die Augsburger und Gäste lieben den Rathausplatz. Foto: Silvio Wyszengrad

    Wie schön die Stimmung hier doch sein kann. Es ist kurz nach 18 Uhr, und auf dem Rathausplatz sitzen junge Leute zusammen, quatschen und trinken ein Feierabendbier oder auch zwei. Aus einigen Boxen dudelt Musik, es ist warm, so lässt es sich aushalten. „Entspannte Atmosphäre“, findet Timo, der auf einer Bank vor der Sparkasse sitzt und auf den Platz blickt. „Fast wie auf einem Festival.“

    Timo, ein junger Mann, kommt nicht aus Augsburg, sondern aus dem Ruhrgebiet. Bayern gelte dort bei vielen als spießig, sagt er, aber auf öffentlichen Plätzen gebe es dort so etwas nicht. Stattdessen haben sie in seiner Heimatstadt Hamm im Jahr 2011 ein Glasverbot in Teilen der Innenstadt verordnet. Bald will Timo nach Augsburg ziehen, zu seiner Freundin, und er freut sich drauf. Dass hier auf dem Rathausplatz so lockere Stimmung herrsche, sei doch auch ein Beweis, dass viele Vorurteile über den Freistaat nicht stimmen, sagt er. Auch wenn der Müll wohl schon ein Problem sei.

    Der Müll. Er ist nur einer der Gründe, warum die Stadt am Rathausplatz handeln will. Viele Menschen fühlten sich auch „zunehmend durch Alkoholgenuss und überlaute Beschallung belästigt“, heißt es auf der Internetseite der Stadt. Dagegen wolle man mithilfe von Plakaten aber auch Ordnungsdienst und Polizei vorgehen. Kontrollen verschärfen, direkt vor dem Rathaus sein Hausrecht wahrnehmen. Um 18.30 Uhr hat sich vor dem Europabüro eine Gruppe breitgemacht, die ihr Bier in Rekordtempo leert und unbeholfen zu Musik tanzt, die aus einer Box dröhnt. Vorbeigehende Passanten lassen die Leute hier allerdings in Ruhe. Auch auf dem Rathausplatz ist alles friedlich. Jugendliche kicken, Mütter schieben Kinderwagen.

    Stadt: Nicht alle sollen von Maßnahmen betroffen sein

    Von der Stadt heißt es, nicht von den Maßnahmen betroffen sein sollen „alle, die sich alleine oder in kleinen Gruppen mit einem Getränk in der Hand auf dem Rathausplatz und drum herum aufhalten“. Nur: Jeder hier hält sich alleine oder in kleinen Gruppen auf und hat ein Getränk in der Hand oder auch nicht. Wen also sieht die Stadt als Problem? Vielleicht ja das gute Dutzend betrunkener Jugendlicher, die grölen, sich freundschaftliche Hiebe verpassen und danach umarmen. Ein von außen nur schwer nachvollziehbares Spiel.

    Vielleicht meint die Stadt aber auch einen wie Tobias. Er gehört zu einer anderen Gruppe: etwa ein halbes Dutzend schwarz gekleidete Männer, die am Rande des Platzes stehen, Metal-Musik hören, und bechern. Sie sind schon recht gut dabei, einige wanken leicht. Tobias nicht. Was ihm daran gefällt, hier zu sein? Man könne neue Leute kennenlernen, es sei ein schöner Ort, sagt er. Sein Kumpel Oliver stimmt ihm zu. Beide können nachvollziehen, dass sich Leute am zurückgelassenen Müll störten. Sie selbst stört das auch. Und sie haben auch nichts dagegen, sollten Aggressoren und Trinker härter angegangen werden. Wobei: Am Nachmittag kam die Polizei, die Gruppe sollte gefälligst die Dosen Jim Beam wegpacken. Pauschal alles zu verbieten, sei doch auch nicht die Lösung, findet Tobias. Personenspezifisch sollte es sein, bei Leuten, die wirklich Stress machten, dann sei das okay.

    Der Rathausplatz ist nun um 19.30 Uhr leerer geworden, die Musik lauter. Aus einer Box in der Mitte des Areals donnert Techno, und wenn man an der falschen Stelle steht, zwischen der Gruppe schwarz gekleideter Männer um Tobias und Oliver und der Techno-Box, verbindet sich die Musik zu einem nicht sehr harmonischen Mix. Das Gerangel der Jugendlichen nebenan ist nun nicht mehr harmlos, zwei Mädchen prügeln sich, sie treten nacheinander, greifen sich in die Haare und stürzen zu Boden, wo sie sich weiter beharken. Die Jungs aus der Gruppe schauen sich das Schauspiel eine Weile an, dann trennen sie die beiden. Die Mädchen halten Abstand voneinander. Wie schnell die Stimmung doch kippen kann.

    Wie gefällt es Besuchern?

    Es bleibt die einzige Szene dieser Art an diesem frühen Donnerstagabend. Eine Momentaufnahme. Fragt man Leute, die regelmäßig hier sind, wie sie die Situation empfinden, fallen ihre Antworten unterschiedlich aus. Tatsächlich stört auch viele junge Menschen, was sich abends oft am Rathausplatz abspielt. Doch viele sehen die Situation auch weder als besonders bedrohlich noch besonders gravierend an.

    Marion Botsivali (links) und Eva von Los-pichl fühlen sich am Rathaus wohler als auf dem Königsplatz.
    Marion Botsivali (links) und Eva von Los-pichl fühlen sich am Rathaus wohler als auf dem Königsplatz. Foto: Jakob Stadler

    Die 20-jährige Marion Botsivali und ihre 19-jährige Freundin Eva von Los-pichl haben es sich etwa am Nachmittag auf dem Rathausplatz in der Sonne gemütlich gemacht, meist sind sie untertags hier. Von Lärm, Müll oder Ärger haben sie bis jetzt nichts mitbekommen. Hier auf dem Rathausplatz fühlen sie sich auch sicher und deutlich besser als am Königsplatz, wo sie häufig Betrunkene sehen. „Später am Tag kommen natürlich Leute, die ein Feierabendbier trinken oder etwas lauter Musik hören“, meint Marion. „Aber es gibt überall Gruppen, die laut sind und trinken, zum Beispiel auch an der Wertach.“

    Rene Steger sieht den Rathausplatz als großen Treffpunkt. Nur einzelne Gruppen würden stören.
    Rene Steger sieht den Rathausplatz als großen Treffpunkt. Nur einzelne Gruppen würden stören. Foto: Silvio Wyszengrad

    Für Rene Steger ist der Rathausplatz ein riesiger Treffpunkt; im Sommer ist er wöchentlich hier, oft am Abend. Der 40-Jährige findet, dass mehr Müllkübel aufgestellt werden müssten – was die Stadt nun plant. Für ihn führt sich der Großteil auf dem Platz ganz normal auf, nur kleinere Gruppen störten. Das, sagt er, sei doch aber in jeder größeren Stadt so.

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