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Augsburg: Was den Standort Augsburg zum Vorreiter in Künstlicher Intelligenz macht

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Was den Standort Augsburg zum Vorreiter in Künstlicher Intelligenz macht

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    Emma, ein virtueller Avatar, soll psychisch kranken Menschen helfen. Das Projekt von Michael Dietz ist eines von vielen mit Künstlicher Intelligenz (KI) in Augsburg.
    Emma, ein virtueller Avatar, soll psychisch kranken Menschen helfen. Das Projekt von Michael Dietz ist eines von vielen mit Künstlicher Intelligenz (KI) in Augsburg. Foto: Silvio Wyszengrad

    Emma erscheint, um zu helfen. Sie trägt eine gemusterte Bluse, Halskette mit Anhänger, Brille, ein dezentes Lächeln auf den Lippen. "Sagst du mir, was du gerade machst?", fragt sie, die Stimme ein bisschen blechern. Michael Dietz antwortet, er schaue gerade Youtube-Videos, um sich abzulenken, obwohl er noch arbeiten müsse. Emma hakt nach, will wissen, an was er konkret denke und welche Konsequenzen er erwarte. Dass er die Arbeit weiter aufschiebe und danach nicht gut schlafe, entgegnet Dietz. Ein Dialog, wie er so oder so ähnlich immer stattfinden könnte. Hier, an der Uni Augsburg, ist er Simulation. Emma, ein virtueller Avatar, ist eine der neueren Errungenschaften des KI-Standorts Augsburg.

    Augsburg macht sich immer mehr einen Namen als "Mekka" für Künstliche Intelligenz – vereinfacht sind damit Technologien gemeint, die auf große Datenmengen zurückgreifen und aus diesen selbstständig Schlüsse ziehen und lernen. Die Entwicklung in Augsburg ist Teil eines grundlegenden Strukturwandels. Viele große Unternehmen bauten in den vergangenen Jahren Stellen ab oder schlossen ganz. Eine Auswahl: Premium Aerotec, Kuka, MAN Energy Solutions, Fujitsu, Ledvance, Osram, Manroland, Weltbild. Der Freistaat Bayern reagierte – und forcierte unter anderem das KI-Produktionsnetzwerk Augsburg, das im Januar 2021 startete. Sein erklärtes Ziel ist, Produktion und Automation von Unternehmen in ganz Bayern wettbewerbs- und zukunftsfähig zu halten – mithilfe von KI. Dafür fließt viel Geld: Im Rahmen der Hightech-Agenda Plus investierte der Freistaat rund 92 Millionen Euro, davon 30 für Verbundprojekte mit Unternehmen, 62 für Forschungspartner – darunter die Hochschule, das Fraunhofer-Institut für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik (IGCV), das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Universität.

    Forschung macht Standort Augsburg zum Vorreiter in Künstlicher Intelligenz

    Und das Geld wird genutzt, die Forschung massiv ausgebaut. Elisabeth André, Inhaberin des Lehrstuhls für Menschzentrierte Künstliche Intelligenz an der Universität, ist deutschlandweit eine der renommiertesten KI-Forscherinnen und -Forscher. "Der Standort Augsburg muss sich nicht verstecken, auch international", betont sie. Das KI-Produktionsnetzwerk sei vorbildhaft, aber auch sonst forsche man mit internationalen Universitäten an konkreten Projekten, in denen Bereiche wie etwa Medizin, Psychologie, Elektronik, Informatik oder Materialwissenschaft aufeinanderträfen. Wichtig sei, dass Künstliche Intelligenz den Menschen nicht ersetzen solle, sondern ihn unterstütze.

    Elisabeth André ist Inhaberin des Lehrstuhls für Menschzentrierte Künstliche Intelligenz an der Universität Augsburg.
    Elisabeth André ist Inhaberin des Lehrstuhls für Menschzentrierte Künstliche Intelligenz an der Universität Augsburg. Foto: Uni Augsburg

    Beispiele für Forschungsprojekte in Augsburg gibt es viele: Cobots – also Roboter, die etwa in der Industrie mit Menschen zusammenarbeiten, Software, die aus Sprache oder über Gesichtserkennung menschliche Emotionen und gesundheitliche Störungen identifiziert, oder Emma. Sie soll Ansprechpartnerin für Personen mit psychischen Erkrankungen sein. Die Idee: Betroffene führen über den Austausch mit Emma eine Art Tagebuch. Das Assistenzsystem soll ausgehend von den Angaben der Betroffenen individuell beraten, eine potenzielle Gefährdung beurteilen und dann bei der Wiedereingliederung im Betrieb unterstützen. "Studien zeigen, dass die Hemmungen, sich einem Avatar anzuvertrauen, geringer sind", erklärt Michael Dietz, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Verantwortlicher für Emma. Stehe eine reale Person gegenüber, gebe es oft Sorge vor Vorurteilen durch ein menschliches Gegenüber – bei virtuellen Modellen hinfällig.

    KI-Projekte verbinden Unternehmen, Forschung und Alltag

    Einen Hype rund um KI hat zuletzt ChatGPT ausgelöst, ein frei zugänglicher Chatbot. Was er leiste, sei "beeindruckend", sagt KI-Expertin Elisabeth André und meint den Umfang der verfügbaren Informationen, die Fähigkeit, auch komplexe Texte zu erfassen, sowie den eloquenten Ausdruck des Bots. Perfekt sei er aber noch nicht. Teils seien Antworten falsch, teils könne er den Inhalt bestimmter Fragestellungen nicht korrekt erfassen und erwidere irreführend. Kommerziell sieht André großes Potenzial im Kreativbereich. Der Einsatz des Bots in kritischen Anwendungen berge aber ein zu großes Risiko, da bei entsprechender Nutzung unklar sei, wer bei Falsch-Informationen die Haftung übernehme. Auch in anderen Bereichen stelle sich die Frage, inwiefern man KI vertrauen könne und wolle.

    Grundsätzlich, sagt André, gebe es bei KI aber "kaum Grenzen". Schon jetzt sei sie im Alltag präsent, etwa in Haushalten – Stichwort "Smart Home" –, Übersetzungs- oder Schreibassistenten, Autos, Internet-Suchmaschinen. Und und und. "Es gibt Erfolgsstorys in allen Bereichen", sagt André. Einige von ihnen werden auch künftig in Augsburg geschrieben.

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