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Augsburg: Was bringen Augsburgs Fahrradstraßen für den Radverkehr?

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Was bringen Augsburgs Fahrradstraßen für den Radverkehr?

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    Jan Geisendörfer nutzt in Pfersee gerne die Fahrradstraße. Sie wurde vor einem Jahr eingeführt.
    Jan Geisendörfer nutzt in Pfersee gerne die Fahrradstraße. Sie wurde vor einem Jahr eingeführt. Foto: Klaus Rainer Krieger

    Gisela Seiler ist in der Früh auf dem Weg zu ihrer Arbeit in die Innenstadt. Die 58-Jährige aus Hochzoll fährt meist mit dem Fahrrad ins Zentrum. Dabei kommt die Radlerin fast täglich durch die Konrad-Adenauer-Allee. Die breite Straße vom Theodor-Heuss-Platz zum Königsplatz ist seit Kurzem eine ausgewiesene Fahrradstraße. Doch Seiler fühlt sich seitdem dort unwohler. Die Resonanz auf die inzwischen vierte Fahrradstraße Augsburgs ist unterschiedlich. Die große Begeisterung, so scheint es im Gespräch mit Verkehrsteilnehmern, bleibt bislang aus.

    Radfahrerin vermisst in Konrad-Adenauer-Alle rote Fahrstreifen

    Acht große Piktogramme mit dem Hinweis Fahrradstraße zieren im Abstand die Allee. Morgens herrscht dort reger Verkehr. Lieferwagen, Autos, Radfahrer, E-Roller-Nutzer und Fußgänger sind in der breiten Straße mit den Kastanienbäumen unterwegs. Dass die roten Streifen am Fahrbahnrand verschwunden sind, findet Gisela Seiler nicht gut. Als Radlerin habe sie sich damit sicherer gefühlt. „Viele Autofahrer registrieren noch nicht, dass die Allee jetzt Fahrradstraße ist“, sagt sie. Sie selbst habe als Radfahrerin weiterhin den Drang auszuweichen, wenn sich ihr von hinten ein Auto nähert. Die 23-jährige Radfahrerin Christina Prestel hat sich anfangs über die Umwidmung der Straße gefreut. Jetzt scheint sie etwas ernüchtert.

    Christina Prestel freut sich über die Fahrradstraße in der Konrad-Adenauer-Allee. Allerdings habe sich ihrer Meinung nach nicht viel geändert.
    Christina Prestel freut sich über die Fahrradstraße in der Konrad-Adenauer-Allee. Allerdings habe sich ihrer Meinung nach nicht viel geändert. Foto: Klaus Rainer Krieger

    „Was ändert es letztendlich? Die Allee heißt jetzt Fahrradstraße, aber sonst ist es nicht anders, hier entlangzuradeln.“ Autofahrer Ronny Müller bewertet die neue Situation ähnlich. „Vielleicht fahre ich jetzt etwas langsamer“, räumt der 41-Jährige ein. Autos sind in Augsburgs neuer Fahrradstraße weiterhin erlaubt. Allerdings hat der Fahrradverkehr Vorrang, er darf weder behindert noch gefährdet werden.

    Neue Fahrradstraße in Augsburg sorgte anfangs für Verwirrung

    Für alle gilt Tempolimit 30, Radler dürfen nun auch nebeneinander fahren, dabei aber andere Verkehrsteilnehmer nicht behindern. Man habe den Weg quasi freigemacht, sagt Baureferent Gerd Merkle (CSU). „Wir hoffen, dass sich die Radfahrer den Raum, der ihnen hier zusteht, nach und nach auch nehmen und über diese Strecke schneller und sicherer an ihr Ziel kommen.“ Dass dies zeitlich erst einmal dauern kann, zeigt die Fahrradstraße in Pfersee.

    Dort wurde im Sommer 2019 die Achse Treu-, Färber- und Gollwitzerstraße umgewidmet. Es gab Startschwierigkeiten. Fahrradfahrer berichteten anfangs von einer weiteren Spießrutenfahrt, nicht alle Autofahrer wussten, wie sie sich verhalten sollten. Dass die Rechts-vor-links-Regelung gekappt und stattdessen die Fahrradstraße zur Vorfahrtsstraße wurde, stiftete Verwirrung.

    Fahrradstraße in Pfersee kommt inzwischen gut an

    „Mit dieser Umstellung hatten viele Verkehrsteilnehmer, die die alte Regelung zum Teil über Jahrzehnte gewohnt waren, offenbar längere Zeit zu kämpfen“, meint Merkle. Vereinzelt habe es Beschwerden gegeben, zu Unfällen sei es deshalb aber nicht gekommen. „Mittlerweile hat sich die Situation entspannt.“ Die Fahrradstraße werde gut genutzt, der Radverkehr habe zugenommen. Jan Geisendörfer, der dort gerade mit dem Rennrad in Pfersee unterwegs ist, benutzt die Verbindung gerne. „Hier kann ich, bis auf einmal, mit Vorfahrt ein großes Stück Pfersee durchqueren“, sagt der 29-Jährige zufrieden. Doch nicht jeder Fahrradfahrer kennt diese angenehme Alternativroute zur stark frequentierten Augsburger Straße, wo auch noch Straßenbahnschienen das Radfahren erschweren.

    Monika Mendat, die nahezu alles in Augsburg mit dem Rad erledigt und dabei nach eigenen Angaben mehrere Hundert Kilometer monatlich in der Stadt zurücklegt, wusste von der Fahrradstraße in Pfersee bislang nichts. Wie für andere auch, ist es für sie neu, dass es in Augsburg vier solcher Routen gibt. „Man sollte das von seiten der Stadt besser kommunizieren.“ Die ältesten Fahrradstraßen sind im Spickel.

    Fahrradstraßen im Spickel sind nicht so deutlich gekennzeichnet

    Der Laubenweg ist als Parallelroute zur Friedberger Straße bereits seit 2015 den Fahrradfahrern gewidmet. Sogar seit 19 Jahren schon haben Radfahrer auf der Verbindung zwischen Haunstetter Straße und Zoo, Frisch-, Prof.-Steinbacher-Straße und Dr.-Ziegenspeck-Weg Vorrang. „Das war mir nicht bewusst“, gesteht Mirjam Stärker, die mit ihrem Sohn Gustav aus dem Siebentischwald kommt und auf den Zoo zuradelt.

    Der Dr. Ziegenspeck-Weg zwischen Zoo und Botanischem Garten gehört auch zu einer Fahrradstraße. Diese ist lediglich mit einem Schild gekennzeichnet.
    Der Dr. Ziegenspeck-Weg zwischen Zoo und Botanischem Garten gehört auch zu einer Fahrradstraße. Diese ist lediglich mit einem Schild gekennzeichnet. Foto: Klaus Rainer Krieger

     „Trotzdem würde ich meine Kinder hier nicht alleine radeln lassen. Dafür sind die Autos zu schnell unterwegs“, so die Mutter. Auf die Fahrradstraßen im Spickel weisen lediglich Verkehrsschilder hin. Laut Baureferent Gerd Merkle werde man gerne prüfen, ob es hier erforderlich ist, mit Piktogrammen nachzurüsten. So, wie sie auch in der Konrad-Adenauer-Allee unübersehbar auf dem Teer prangen. Nun müssen sich nur noch alle Verkehrsteilnehmer an die neue, vierte Fahrradstraße gewöhnen.

    „Die Leute brauchen Zeit, um die Veränderung zu verinnerlichen. Da reicht es nicht, die Zeichen auf die Straßen zu pinseln“, sagt Martin Wohlauer vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC). Er begrüßt die Umwidmung der Allee, die seiner Meinung nach viel früher hätte stattfinden sollen.

    Im Gegensatz zu Radlerin Gisela Seiler findet er es gut, dass die rot markierten Randstreifen verschwunden sind. „Rechtlich gesehen waren das keine Fahrradstreifen. Sie hatten nur den Job, optisch die Fahrbahn zu verengen, damit die Autos langsamer fahren. Es kam zu Revierkämpfen.“ Erst jetzt habe sich wirklich etwas für die Fahrradfahrer verändert, findet Wohlauer.

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Akzeptanz der Fahrradstraßen: Es braucht Zeit

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