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Augsburg: Warum sich junge Männer aus dem Ausland in Augsburg sozial engagieren

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Warum sich junge Männer aus dem Ausland in Augsburg sozial engagieren

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    Sie leisten Bundesfreiwilligendienst beim ACO in Neusäß: (von links) Raul Mendes Kirchhoff, Umedjon "Jack" Khalilov, Mohamed El Adel Rahmoune und Francisco David Arroyave Ordnoez.
    Sie leisten Bundesfreiwilligendienst beim ACO in Neusäß: (von links) Raul Mendes Kirchhoff, Umedjon "Jack" Khalilov, Mohamed El Adel Rahmoune und Francisco David Arroyave Ordnoez. Foto: Michael Hochgemuth

    Straßen absperren als Hobby? Das mag seltsam klingen, für die Mitglieder des Vereins ACO – kurz für Augusta-Club-Ordnungsdienst – ist das aber gar nichts Ungewöhnliches. Sie opfern einen Teil ihrer Freizeit für die Verkehrssicherung, wie es in der Fachsprache heißt. Man sieht die Männer und Frauen in den blauen Uniformen unter anderem im Sommer bei der Augsburger Freilichtbühne, bei vielen Augsburger Veranstaltungen oder bei Großeinsätzen wie Bombenentschärfungen. Weniger sichtbar, aber umso wichtiger, ist das zweite Einsatzgebiet. Der Verein hilft Betroffenen von Unfällen und Unglücken, die zwar unverletzt sind, aber trotzdem Unterstützung benötigen. Früher konnten Zivildienstleistende beim ACO ihren Dienst machen, nach dem Ende der Wehrpflicht kam der Bundesfreiwilligendienst mit den sogenannten "Bufdis". Doch immer weniger junge Menschen interessieren sich für den Dienst. Beim ACO sind derzeit zwar fünf Bufdis im Einsatz – aber sie kommen alle aus dem Ausland, sogar aus Südamerika und Afrika. Was bringt die jungen Männer dazu, sich ausgerechnet in der Region Augsburg zu engagieren?

    "Wir sind wie eine Familie", beschreibt Francisco David Arroyave Ordnoez, 24, den Zusammenhalt zwischen den Bufdis, die aktuell beim ACO arbeiten. Ordnoez kommt aus Kolumbien, seine Kollegen stammen aus Brasilien, Algerien und Tadschikistan.Ordnoez ist der dienstälteste Bufdi beim ACO. Er studiert BWL. Doch seine Leidenschaft sind lateinamerikanische Tänze. Selbst Tanzlehrer, unterrichtet er Samba, Cha-Cha-Cha oder Merengue. Doch davon leben, sei nicht krisensicher: "Als Tanzlehrer muss man gesund bleiben." Den Bundesfreiwilligendienst nutzt er, um Deutschland kennenzulernen – und danach hier weiterzustudieren.

    Raul will nach dem Dienst beim ACO als Bauingenieur arbeiten

    Bei Raul Mendes Kirchhoff ist es die Familiengeschichte, die ihn dazu bringt, von Brasilien nach Deutschland zu kommen. Die Großmutter des 26-Jährigen lebte einst in Norddeutschland, heiratete einen Brasilianer und wanderte aus. "Nach Deutschland reisen, das war der Traum meiner Mutter", erzählt Raul. Sie starb im letzten Jahr an Krebs, jetzt lebe er ihren Traum. "Deutsch lernen, deshalb sind wir ja hier", sagt der 26-Jährige. Der studierte Bauingenieur will in Deutschland arbeiten. Sein deutscher Pass bedeutet zwar weniger bürokratische Hürden, doch seine Anerkennung als "Bauingenieur" lässt bis jetzt noch auf sich warten.

    Francisco Arroyave studierte in Kolumbien Wirtschaft und ist Tanzlehrer.
    Francisco Arroyave studierte in Kolumbien Wirtschaft und ist Tanzlehrer. Foto: Michael Hochgemuth

    Jeder bis 27 Jahre kann sich als Bufdi sozial engagieren. Der Dienst ist nicht nur für Deutsche vorgesehen, auch Ausländerinnen und Ausländer können sich gezielt auf Stellen bewerben. Für die jungen Männer beim ACO ist der Dienst ein Sprungbrett. Sie wollen Sprachkenntnisse ausbauen, sich an die deutsche Mentalität gewöhnen und ihre ganz persönlichen Ziele verfolgen. Einmal die Woche bekommen die jungen Männer Besuch von einer Deutschlehrerin. Sie wohnen auf dem Vereinsgelände in Neusäß, das Ehrenamtliche hergerichtet haben. "Wir freuen uns, dass wir unsere Stellen Dank der Freiwilligen aus dem Ausland besetzen können", sagt ACO-Chef Thomas Mitchell. Man würde auch gerne Bufdis aus der Region nehmen, doch hier sei das Interesse an dem Dienst spürbar zurückgegangen.

    Der ACO im Raum Augsburg hilft Menschen, deren schwere E-Rollstühle eine Panne haben

    Mohamed E-Adel Rahmoune, 27, kommt aus Algerien. Er ist gelernter Krankenpfleger. Menschen helfen, das erfülle ihn, sagt er. Beim ACO hilft er unter anderem beim Transport von Menschen, deren bis zu 100 Kilogramm schwere, elektrische Rollstühle liegen bleiben. Eines der Fahrzeuge des Vereins ist für den

    Erst seit wenigen Wochen beim ACO: Umedjon "Jack" Khalilov kommt aus Chudschand, einer Stadt im Norden Tadschikistans.
    Erst seit wenigen Wochen beim ACO: Umedjon "Jack" Khalilov kommt aus Chudschand, einer Stadt im Norden Tadschikistans. Foto: Michael Hochgemuth

    Die Bufdis aus dem Ausland sind ein Team, bei der Arbeit und privat. Raul motiviert seine Kollegen zu Ausflügen. Doch bei 414 Euro "Taschengeld" netto pro Monat sind nur wenige Ausflüge drin. Werden sie gefragt, was für sie typisch deutsch ist, fallen zwei Begriffe: Pünktlichkeit und Disziplin. Hier müssen alle schmunzeln. Sie haben sich mit der Art arrangiert, wie man beim ACO arbeitet, Zeiten einhält und sich verbindlich verabredet. "Das ist auch bei meinen deutschen Freunden so", erzählt Francisco. Verabreden in seiner Heimat, bedeute noch lange nicht, dass auch jemand auftaucht. Sie reden viel über Religion: Francisco ist katholisch, Mohamed und Jack sind Muslime, Raul beschreibt sich als spirituell. Vor einiger Zeit wurde Francisco am Knöchel operiert, ein Eingriff, der ihn zurückwarf. Doch seine Kollegen unterstützten ihn, kamen abwechselnd zu Besuch. "Mit mir hattest du deinen persönlichen Pfleger", scherzt Mohamed. "Und das für umsonst!"

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