Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Augsburg: Warum Hebamme Thea Holstein für ihren Beruf brennt

Augsburg

Warum Hebamme Thea Holstein für ihren Beruf brennt

    • |
    Thea Holstein ist Hebamme und fest überzeugt, ihren Traumberuf gefunden zu haben.
    Thea Holstein ist Hebamme und fest überzeugt, ihren Traumberuf gefunden zu haben. Foto: Peter Fastl

    Sie ist jung, hat einen Traum und lebt ihn. Sie hat erfahren, dass die Realität ihres Berufsalltags sie rasch auf den Boden zurückholen würde – und doch ist sie sicher, dass sie ihren Traumberuf ergriffen hat: Die Augsburgerin Thea Holstein, 23, ist seit zwei Jahren Hebamme. Freiberuflich, weil es in diesem Beruf nicht immer möglich und üblich ist, eine Festanstellung in einer Klinik zu bekommen.

    Hebammen warnen: Im Beruf fehlt es an Nachwuchs

    In der öffentlichen Debatte der vergangenen Jahre haben sich Hebammen immer wieder zu Wort gemeldet. Es fehlt in ihrem Beruf an Nachwuchs. Wenig attraktiv sind Konditionen wie hohe, verpflichtende Haftpflichtversicherungen, lange Dienste rund um die Uhr und kaum freie Wochenenden. Zum Teil mussten – wie etwa in Aichach – Geburtshilfestationen mangels Hebammen geschlossen werden.

    In vielen Orten schließen Geburtshilfeabteilungen in Krankenhäusern. Ein Grund für diese Entwicklung: Es gibt zu wenige Hebammen.
    In vielen Orten schließen Geburtshilfeabteilungen in Krankenhäusern. Ein Grund für diese Entwicklung: Es gibt zu wenige Hebammen. Foto: Caroline Seidel, dpa (Symbolfoto)

    Thea Holstein kennt diese Realitäten. Sie könnte jetzt ein Klagelied anstimmen. Tut sie aber nicht. Sie hat keinerlei Frust, erzählt auch nicht von Enttäuschung, sondern eine ganz andere Geschichte: Was es heißt, sich mit Leidenschaft einem Beruf hinzugeben, an den man glaubt. Sie mag dafür stellvertretend für die vielen Hebammen stehen, die wie sie stets aufs Neue vom Wunder der Geburt und der, wie sie sagt, „Urkraft der Frauen“ fasziniert sind.

    Mit 17 Jahren, nach der Mittleren Reife, hat Thea Holstein nach einem Jahr Praktikum im Josefinum Feuer gefangen für den Beruf der Hebamme. Sie ergatterte einen der begehrten Ausbildungsplätze an der Hebammenschule in Erlangen. Nach ihrem Abschluss entschied sich die junge Hebamme für die Freiberuflichkeit und wirkte bis vor Kurzem im Hebammenteam der Wertachklinik Bobingen mit. Demnächst steht – aus privaten Gründen – ein Wechsel an einen anderen Wirkungsort an. Bis es so weit ist, beschränkt sie sich derzeit auf Geburtsvorbereitungen und die Nachsorge für Mutter und Kind.

    Der Sprung in die Selbstständigkeit, mit all dem, was dazu gehört, war für die junge Frau eine ganz schöne Herausforderung. Sie brauchte eine Haftpflichtversicherung, die im Jahr über 8000 Euro ausmacht. „Und das, obwohl ich noch keinen Cent verdient habe“, sagt sie. Sie musste Anträge stellen für ein Gründungsdarlehen und für mögliche Zuschüsse, nicht zuletzt brauchte sie einen „Businessplan“. „Ich habe dafür einen Crashkurs von einer Kollegin bekommen“, meint sie, die ja damals noch gar nicht absehen konnte, was sie womit verdienen würde. Auch braucht sie als Hebamme ein Auto.

    Anfangs arbeitete Thea Holstein in Zwölf-Stunden-Schichten

    Ihre Arbeit umfasste monatlich zehn Schichten à zwölf Stunden auf der Geburtshilfe der Klinik, dazu Bereitschaftsstunden und Zeiten für die Dokumentation und Abrechnung. Zu ihrer Hebammentätigkeit gehören auch Kurse zur Geburtsvorbereitung und Rückbildung, außerdem die Nachsorge für Mutter und Kind in den ersten Tagen nach der Geburt. „Anfangs habe ich ziemlich über das Maß hinaus gearbeitet“, schaut Thea Holstein zurück, „ich wusste ja noch nicht, wie viel ich arbeiten musste, um finanziell um die Runden zu kommen“. Auch wenn sie sich heute leichter damit tut, sich auch freie Zeiten einzuräumen für das, was sie gerne tut – etwa Reiten, Fotografieren, Malen – glaubt sie, dass sie als freiberufliche Hebamme das Pensum leistet, wofür manch anderer zwei Jobs habe. Holstein: „Wir Hebammen tun das, weil wir unseren Beruf so mögen. Eher lassen wir uns selbst zu kurz kommen als die Frauen, die uns brauchen.“

    Babys in Augsburg: Die Geburt ist ein "magischer Moment"

    Das kann nur jemand sagen, der so für den Beruf brennt. Es sei einfach wunderbar, als Hebamme an diesem „magischen Moment“ der Geburt eines Kindes teilzuhaben, diesen „Raum mitzuschaffen, in dem die Frauen von Natur her so stark sein können – und die Väter voller Glück“, sagt Thea Holstein. Mag sie auch vorher kaum geschlafen haben, in diesem Moment, bei diesem „unfassbaren Erlebnis“, sei sie als Hebamme ganz da. Meist, aber doch nicht immer, geht alles gut. Auch das hat Thea Holstein schon erleben müssen. „In diesem Beruf wird man früh erwachsen.“

    Bei der Hebammenausbildung gibt es eine gesetzliche Neuerung: Seit Januar 2020 ist dafür ein duales Bachelor-Studium an einer Hochschule notwendig. Die Hebammenschulen laufen nur noch übergangsweise bis 2022.

    Lesen Sie auch:

    Zwischen Babyglück und Krankenhaus-Frust: Eine Hebamme erzählt

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden