Wenn Hildegard Doser durch „ihre“ Bäckergasse schlendert, fühle sie sich jetzt oft wie in Italien, sagt sie. Seit rund 50 Jahren lebt die Augsburgerin in der Straße in der Altstadt. Doch so lebendig und schön wie jetzt, sagt die 90-Jährige, habe sie die Bäckergasse noch nicht erlebt. Zwei Jahre lang wurde die Straße saniert. Vor allem für die ansässigen Geschäftsleute war das keine einfache Zeit. Das weiß man auch bei der Stadt – und hat sich etwas einfallen lassen.
Die Bäckergasse sei eine Altstadtstraße mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil an inhabergeführten Gastronomiebetrieben, Einzelhandels- und Dienstleistungsgeschäften, sagt Ekkehard Schmölz von Augsburg-Marketing. „Diese litten teilweise sehr unter den Umbaumaßnahmen.“ So kam man auf die Idee, die Bewohner und Besucher der Stadt mit einem Straßenfest auf die neu gestaltete Straße aufmerksam zu machen.
Bäckergassenfest in Altstadt von Augsburg
Gemeinsam mit Einzelhändlern und Gastronomen vor Ort wird am Samstag, 28. September, das „Bäckergassenfest“ ausgerichtet. Die Geschäftsleute freuen sich darauf, wie etwa Gemüse- und Obsthändler Mehmet Souleimantzek. Wie er sagt, muss sich sein Geschäft immer noch von der Baustellenzeit erholen, die im Herbst vergangenen Jahres endete.
In der Bauphase sei die Laufkundschaft ferngeblieben. „Ich lebte nur von meinen Stammkunden“, meint Souleimantzek, der sein Geschäft in der Bäckergasse seit über 20 Jahren betreibt. Jetzt aber gehe es aufwärts. „Das braucht halt seine Zeit. Mittlerweile kommen auch wieder viele Auswärtige durch die Straße, wenn sie etwa zur Puppenkiste wollen.“ Die Bäckergasse bietet seit dem Umbau gerade Fußgängern viel Platz. Sie ist zu einer Flaniermeile in der Altstadt geworden. Fahrbahn und Gehweg sind eine Ebene, die Straße ist eine verkehrsberuhigte Spielstraße. Zwischen den Parkbuchten wurden Bäume gepflanzt und Bänke aufgestellt. Die Gastronomen verfügen über mehr Platz für ihre Bestuhlungen. Sie sind mit dem ersten Sommer in der neuen Bäckergasse zufrieden.
Augsburger Gastronomen freuen sich über Ergebnis der Sanierung
Kein Wunder. Das Lokal Annapam etwa konnte seine Sitzplätze im Freien von 14 auf circa 40 erhöhen, wie Markus Zeren, einer der Geschäftsführer, erzählt. „Die Zahl der Gäste ist seitdem gestiegen. Es schlendern nun auch mehr Menschen durch die Bäckergasse.“ Egon Bork von der Sackpfeife hat bei seiner Außenbestuhlung ebenfalls aufgestockt. Bis 23 Uhr dürften die Gäste draußen sitzen, dann treibe er sie in sein Lokal. Ärgern kann er sich allerdings über ein paar Fahrradfahrer, die manchmal an der Hauswand „vorbeischießen“. Das findet der Wirt nicht lustig, wenn er mit Essen oder Getränken in der Hand aus der Tür tritt.
Im Gegensatz zu früher sind die Außenbestuhlungen nämlich nicht mehr direkt an den Hauswänden aufgestellt. Eine Regelung, die vor einigen Jahren auch in der Maximilianstraße eingeführt worden war. Immer wieder wird in der Bäckergasse noch zu schnell gefahren. Dass dort für alle Verkehrsteilnehmer nur noch Schrittgeschwindigkeit herrscht, hätten immer noch nicht alle verinnerlicht, berichten Einzelhändler, Gastronomen und Anwohner. Sie beobachten aber auch, dass Verkehrsüberwachung und Polizei in der Bäckergasse häufig kontrollierten.
Anwohnerin Alessandra Gemma wurde sogar mal selbst erwischt. „Ich wurde mit 16 Stundenkilometern geblitzt“, gesteht sie und nimmt es mit Humor. „Noch nicht mal das Foto ist schön geworden.“ Auch Gemma ist von der neuen Bäckergasse angetan. Eines aber stört sie immens: „Unsere Anwohner-parkplätze sind seit dem Umbau Mangelware. Das finde ich sehr ärgerlich.“ Ähnliches beobachtet auch Matthias Sworowski vom ansässigen Reisebüro Oscar Reisen.
Kunden rufen vorher an: Sind in der Bäckergasse Parkplätze frei?
Von seinen Kunden bekomme er immer wieder zu hören, wie sehr sich die Parksituation verschlechtert habe. „Manche rufen vorher sogar an und fragen, ob gerade etwas frei ist.“ Aber das ist nur ein Nebenschauplatz. Sworowski findet, wie eigentlich fast alle in der Bäckergasse, dass die Straße durch den Umbau eine große Aufwertung erfahren habe. „Die Bäckergasse hat jetzt eine schöne Atmosphäre.“ Das sieht die 90-jährige Anwohnerin Hildegard Doser genauso. „Die Straße ist richtig lebendig geworden. Und wenn abends die Menschen noch draußen sitzen, sich unterhalten und lachen, ist das doch gerade schön.“
Auch die Verlängerung der Straße, die Spitalgasse, ist jetzt mit Verschönerungsarbeiten dran. Ein Hintergedanke der Stadt, warum beide Straßenzüge aufgwertet werden, war von Anfang auch die Augsburger Welterbe-Bewerbung: Bäcker- und Spitalgasse führen zu den Wassertürmen am Roten Tor, einer der Hauptsehenswürdigkeiten der Welterbestadt. Touristen sollen künftig auch vom Umfeld einen guten Eindruck bekommen.
Gefeiert wird Samstag, 28. September, 11–19 Uhr. Auf zwei Bühnen gibt es Musik. Einzelhändler und Gastronomen bieten ein buntes Rahmenprogramm vor den Türen.