Vor 105 Jahren hatte der Magistratsrat Gottfried Stempfle die Idee, im Augsburger Stadtwald einen See anlegen zu lassen. Unweit der „Waldrestauration Siebentisch“ wurde sein Vorhaben einer Weiheranlage umgesetzt. Seit 1924 heißt der einstige „Lustsee“ schon Stempflesee - und erfreut bis heute die Herzen der Augsburger. Eine davon ist Christine Schmuck-Burgholz. Sie kommt seit vielen Jahren mehrmals die Woche und ist begeistert: „Ich liebe diesen See in jeder Jahreszeit. Er sieht jeden Tag ein bisschen anders aus und es gibt so viel zu entdecken hier.“ Sie teilt ihre Leidenschaft für den Stempflesee mit einer prominenten Augsburgerin.
Auch Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) kommt gerne hierher. Auch am Tag nach ihrer Wahl zur Oberbürgermeisterin war sie früh morgens im Stiebentischwald und am Stempflesee unterwegs - um frische Luft zu tanken und den Kopf frei zu kriegen, wie sie damals auf Facebook schrieb. Christine Schmuck-Burgholz verbindet den Besuch am See ebenfalls mit Bewegung.
Meist joggt sie vom Prinz-Karl-Viertel zu dem Kleinod inmitten des Waldes - und freut sich darauf: „Es ist schön, wenn man so ein idyllisches Ziel vor Augen hat.“ Außerdem treffe sie hier fast immer jemanden, den sie kennt. „Familien, ältere Menschen, Kinder, Liebespärchen, Sportler, Gassigänger – der Ort spricht viele Menschen an“, schwärmt die Lehrerin, die an der Fach- und Berufsoberschule arbeitet.
Sie erzählt auch: „Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich früher gerne zum Stillen hergekommen bin. Als mein Sohn größer war, haben wir eine Nachtführung mitgemacht und den Fledermäusen zugehört.“ Ruhe und Natur pur, eine Oase der Erholung inmitten der Stadt. Die Bäume spiegeln sich im 1,4 Hektar großen See und die Silberweide hängt ihre ausladenden Äste samt Blättern bis kurz über die Wasseroberfläche.
Fasziniert ist die Naturliebhaberin von den vielen Fischen. „Ich habe mich schon oft gefragt, was das für Fische sind, die zum Teil auch sehr groß sind, und ob diese im Herbst abgefischt werden.“ Antworten darauf kennt Eva Ritter von der Forstverwaltung der Stadt Augsburg. „Im Stempflesee leben vor allem Spiegel- und Graskarpfen", sagt sie. "Abgefischt werden die Fische nicht.“ Das Füttern der Fische und Vögel sei unerwünscht, da der See sich im Trinkwasserschutzgebiet befinde, genauer in der engeren Schutzzone.
Daher habe der Schutz des Trinkwassers hier die höchste Priorität. Fütterungsmaterial würde nur der Verunreinigung und einem vermehrten Vorkommen von Wasservögeln dienen. „Der Zigeunerbach, der den Stempflesee durchfließt, versorgt darüber hinaus den Augsburger Zoo mit Nutzwasser. Eine verstärkte Fütterung würde die Wasserqualität für die Zootiere mindern“, berichtet Ritter.
Augsburger Stempflesee: Neben Karpfen leben hier noch andere Fische
Die Wasserpflanzen müsse man derzeit nicht pflegen, da der See einen Zu- und Abfluss aufweise und stetig frisches Wasser fließe. Martin Fekete ist Vorsitzender des Fischereivereins Augsburg und würde sich viel mehr Aufklärungsarbeit zu diesem Thema wünschen. „Die Leute füttern Brot und vergessen, dass Brot Treibmittel enthält", erklärt er. "Das bläht die Tiere auf und sie können qualvoll daran sterben.“ Er weiß, dass es neben den Karpfen auch noch andere Fische gibt, Hechte und Weißfische wie Aiteln. Durch den Zufluss kämen auch Groppen, die aber überwiegend am Boden gründeln. „An manchen Tagen sind ganz viele Schwäne hier“, sagt Christine Schmuck-Burgholz. Doch heute sei es relativ ruhig und die Stimmung ein bisschen wie das Wetter, sagt sie. Ruhig und besinnlich.
Ein paar Graugänse und Enten ziehen ihre Runden. „Schauen Sie mal!“, ruft die Joggerin freudestrahlend. „Zwei große Karpfen!“ Neulich sei ein ganzer Schwarm Fische dicht oben am Wasser geschwommen. „Das war ein richtiges Naturschauspiel. Dafür ist heute fast nichts los. Es gleicht hier eben kein Tag dem anderen.“ Sie genießt den See direkt vor ihrer Haustüre sehr. Nach Regen sei er besonders schön. Dann dufte der Wald ringsum intensiv. Sie sagt: „Ich habe das Gefühl, dass die Menschen gerade in der Corona-Zeit diesen Ort hier mehr und mehr für sich entdecken." Und trotzdem finde jeder ein ruhiges Plätzchen zum Durchatmen und Ausruhen.
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