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Augsburg: Von Paris nach Augsburg: Ein Franzose bereichert die Stadt mit Feinkost

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Von Paris nach Augsburg: Ein Franzose bereichert die Stadt mit Feinkost

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    Seit Februar 2021 betreibt Léo Henri einen französischen Feinkostladen in der Georgenstraße.
    Seit Februar 2021 betreibt Léo Henri einen französischen Feinkostladen in der Georgenstraße. Foto: Bernd Hohlen

    Am 1. Februar 2021 kam Léo Henri nach Augsburg. Nicht spontan, wie es bei Herzensangelegenheiten oft ist. Er hatte seinen Umzug zwei Jahre geplant. Eine romantische Liebe ließ ihn das südliche Frankreich in Richtung

    Die Liebe ging, der Laden im Augsburger Domviertel blieb. Mit diesem Geschäft sind auch seine Geschichten erhalten geblieben, die er zu erzählen hat. "Hast du Marmelade?", fragt ein junger Mann, der eilig in den Laden kommt. "25 verschiedene. Eine im Kupferkessel gekocht. Die im unteren Regal haben 50 Prozent Zucker… hier, Feige, Mandarine. Diese hier ist selten, wird nur gepflückt, wenn alle Früchte reif sind. Hat nur 35 Prozent Zucker", erklärt Henri seine Konfitüren. 

    Aufgewachsen ist Henri in Paris – heute hat er einen Laden in Augsburg

    Aufgewachsen ist Henri in Paris, im 17. Arrondissement in der Rue Cuvier, gleich gegenüber vom Botanischen Garten. Seine Familie beschreibt er als künstlerisch. Mit drei Jahren lernte er Deutsch. Ungewöhnlich für Frankreich. Zwei Nachbarskinder, zugezogen mit der Familie aus Hannover, waren hilfreich. "Einer meiner Vorfahren, sagt er, war der Architekt Alexandre-Théodore Brongniart, der unter anderem für die Gestaltung des berühmten Friedhofes Père-Lachaise zuständig war." Der Bauplan für die Pariser Börse stammt auch von ihm. 

    In Familien mit bedeutungsvoll klingender Geschichte sind die Wege der Nachkommen oft vorgezeichnet. Wer diesen Weg verlässt, ist schnell ein schwarzes Schaf oder gilt als undankbar. Vielleicht hat sich Henri deswegen auf eine Art Wanderschaft begeben. Die künstlerische Begabung hat er mitgenommen. Als Freskenmaler ist er in der Welt herumgekommen. Durch die Fürsprache eines erfolgreichen Juweliers, erzählt er, gelangte er weltweit an Aufträge, private Villen und Räume auszugestalten. Während dieser Zeit arbeitete und lebte er in vielen Städten. Vier Jahre in Ägypten, drei Jahre in Italien, jeweils ein Jahr in Saudi-Arabien und Jerusalem. Schließlich zwei Jahre New York, die zum Ende dieser Karriere führten. Für die Arbeit in einer riesigen Villa auf Long Island, mit vierzig Angestellten, unterschrieb er einen so restriktiven Vertrag, der ihn schließlich an die Grenzen seiner Belastbarkeit brachte. Er wirkt noch heute erschöpft, wenn er davon erzählt. 

    "Augsburg ist eine schöne Stadt, in der vieles verboten ist"

    Man bekommt ein wenig Sorge, ob Augsburg bei alledem noch mithalten kann und fragt nach. "Augsburg ist eine schöne Stadt, wo vieles verboten ist", sagt er. Immerhin kein "ja, aber", sondern ein konkreter Hinweis auf die unterschiedlichen Mentalitäten, mit denen er zu tun hatte. "Dafür braucht man keine Eisenrollläden, um sein Geschäft zu sichern. In Frankreich und Italien schon", sagt er. Es gibt aber andere Sorgen. "Ein vernünftiges Baguette zu bekommen, ist sehr schwer", so Henri. Er trauert der ehemaligen Konditorei Schenk hinterher, die seiner Meinung nach sehr nah dran war am französischen Original. 

    Dem eigentlichen Grund seines Umzugs nach Augsburg trauert er nicht hinterher. "Nachdem es mit der Liebe nicht geklappt hat, bin ich jetzt mit meinem Laden verheiratet", sagt er. 500 Produkte bietet er an. Wem das nicht genug ist, kann Bestellungen für Spezialitäten aus Straßburg aufgeben. Einmal im Monat fährt er dorthin. In den sozialen Medien macht er darauf aufmerksam und er dreht kleine Videos über sich und seine direkte Umgebung im Domviertel. Eine lustige Geschichte zum Schluss: "Eine aus Bayern stammende Kellnerin in Montpellier, die nicht so gut Französisch konnte, kam zu mir gelaufen und sagte, sie bräuchte ganz schnell eine Orange. Etwas misstrauisch ging ich zum Kunden und fragte nach. Er wollte eine 'Orange pressée'. Eine frisch gepresste Orange im Glas. Die deutsche Kellnerin verstand aber pressée als 'es pressiert'." Henri lacht. Denn "lachen sie oft, leben sie viel" – so sein Lebensmotto. 

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