Vincentinum führt teilweise Impfpflicht ein – in Augsburg wird demonstriert
In manchen Bereichen des Vincentinums gilt bald eine Impfpflicht fürs Personal. Der interne Brief ist Anlass für eine Demo. Was andere Augsburger Kliniken planen.
Es ist ein unbequemer Montagnachmittag, über den Augsburger Rathausplatz zieht eine eiskalte Ende-November-Brise. Gekommen sind trotzdem rund 200 Menschen, alle dick eingepackt, manche mit Kerzen. Kurz, nachdem die Perlachturm-Glocke 16.30 Uhr geschlagen hat, tritt Michaela Königsberger ans Mikrophon und fordert, dass die Corona-Impfung eine freie Entscheidung bleiben müsse. In der Menge vor ihr werden Schilder hochgehalten, auf denen die Namen regionaler Krankenhäuser stehen. Aus dem ganzen Umkreis sei Krankenhaus-Personal gekommen, um sich gegen die "drohende Impfpflicht" zu wehren, sagt Königsberger. Sie ist bekannt als Organisatorin und Moderatorin mehrerer gegen Corona-Maßnahmen gerichteter Demonstrationen. Dass an diesem Montag auf dem Rathausplatz demonstriert wird, hängt aber im Wesentlichen mit Vorgängen in einer ganz bestimmten Einrichtung zusammen.
200 Teilnehmer bei Demonstration gegen Impfpflicht im Gesundheitswesen
In den vergangenen Tagen schwappte eine Welle der Empörung durch das Internet, insbesondere durch das soziale Netzwerk Telegram. Zehntausende Menschen sahen dort zuletzt Beiträge, in denen zur Teilnahme an der Demo auf dem Rathausplatz aufgerufen wurde. Der Grund: Es kursierte ein interner Brief, in dem die Leitung der Augsburger Klinik Vincentinum ankündigte, für Teile des Personals eine Impfpflicht einzuführen. Das abfotografierte Schreiben, zweiseitig und datiert auf den 24. November, ist unterzeichnet von Vincentinum-Geschäftsführer Michael Kneis und Rainer Salfeld, Geschäftsführender Direktor der Artemed-Klinikgruppe, zu der das Vincentinum seit 2017 gehört.
Die beiden verweisen im Schreiben auf die Bund-Länder-Konferenz. Diese beschloss am 18. November, dass eine Impfpflicht für Beschäftigte in Medizin und Pflege verpflichtend werden sollte, die mit gefährdeten Personen zusammenkommen - also auch für das Personal in Krankenhäusern. "Zur Erhaltung unserer Betriebsbereitschaft möchten wir uns schon jetzt auf diese Situation vorbereiten", heißt es im Schreiben. Und weiter: "Deshalb können in den Dienstplänen aller Artemed-Kliniken ab Januar 2022 nur Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eingeteilt werden, die nachweislich entweder geimpft oder genesen sind." Als Ausnahmen würden nur gelten, wenn das Personal nicht geimpft werden könnte oder keinen Kontakt zur Patienten hätte. In diesen Fällen seien tägliche Tests erforderlich. Für alle anderen werde arbeitsrechtlich "nach aktueller Beurteilung leider eine Freistellung ohne Lohnfortzahlung erfolgen müssen."
Krankenhaus-Personal demonstriert auf dem Augsburger Rathausplatz
Das kursierende Schreiben ist echt, wie eine Artemed-Sprecherin auf Anfrage unserer Redaktion bestätigt. Der entsprechende Entschluss sei in der vergangenen Woche für alle 17 Artemed-Klinik deutschlandweit gefasst worden. "Wir dürfen Ihnen versichern, dass wir diese Entscheidung nicht leichtfertig getroffen haben", betont die Sprecherin. Was jedoch überwiege: Die Sicherheit der Patienten, oft bereits schwer krank, müsse "kompromisslos" garantiert werden. "Wir schützen diese Patienten durch strenge Hygiene-, Sicherheits- und Besuchsregelungen ebenso wie durch unsere Einschätzung, welche Mitarbeiter in der gegenwärtigen Ausnahmesituation am besten geeignet sind, um die teils schwerstkranken Patienten zu versorgen." Über 90 Prozent des Artemed-Personals sei geimpft - man hoffe sehr, "dass diesem Beispiel auch die übrigen zehn Prozent folgen werden".
Die Sprecherin verweist außerdem auf die Rolle, die das Unternehmen für die regionale Gesundheitsversorgung spiele. Die Betriebsfähigkeit der Kliniken sei nur aufrechtzuerhalten "mit vielen, sehr engagierten Mitarbeitern, die selber nur in sehr seltenen Fällen an Covid-19 erkranken und einen milden Krankheitsverlauf ertragen müssen". Da die Bund-Länder-Konferenz eine entsprechende Teil-Impfpflicht bereits angekündigt habe, werde man mit einer frühzeitig erzielten, sehr hohen Impfrate innerhalb der Belegschaft "in der glücklichen Position sein, die volle Betriebsfähigkeit unserer Krankenhäuser organisieren zu können. Deshalb tätigen wir schon jetzt alle nötigen Schritte." Die Zustimmung liege intern "natürlich nicht bei 100 Prozent", die Entscheidung habe inner- und außerhalb der Kliniken aber "sehr viel Rückhalt erfahren".
Vincentinum führt ab 2022 Teil-Impfpflicht für Klinik-Mitarbeiter ein
Zuletzt kündigte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) an, dass eine einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht bis Weihnachten kommen solle. Noch fehlt der rechtliche Rahmen allerdings. Auch aus diesem Grund gibt es in der Stadtklinik am Diako noch keine konkreten Pläne zur Einführung einer Teil-Impfpflicht, wie Jens Colditz, Rektor des Diako, bestätigt. "Unser christlicher Auftrag versteht sich immer aus der Verantwortung gegenüber dem Gemeinwohl. Wir halten es deshalb für geboten, dass man sich impfen lässt, und appellieren auch an die Mitarbeiter, das zu tun." Man setze auch auf niedrigschwellige Impfangebote für das Personal. Ohne die entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen beschäftige man sich aber noch nicht konkret mit der Pflicht. "Wenn die Gesetze kommen, werden wir uns damit auseinandersetzen", so Colditz. Die interne Impfquote des Krankenhauspersonals sei im Vergleich zur Gesamtbevölkerung aber "deutlich überdurchschnittlich".
Auch am Universitätsklinikum, wo auf der Intensivstation die schwersten Covid-Fälle behandelt werden, arbeitet ungeimpftes Personal - auch wenn der Anteil sehr gering ist, wie es auf Anfrage heißt. Man sei vom medizinischen Nutzen der Impfung felsenfest überzeugt und wolle einen höchstmöglichen Schutz bieten. Dennoch sei die Linie des Vorstands bislang, das Personal durch viel Information und internes Werben von einer Impfung überzeugen zu wollen - und nicht durch eine Verpflichtung. Dieser Weg habe sich auch als erfolgreich herausgestellt, die Impfquote sei "sehr hoch". Die verbleibenden ungeimpften Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wolle man weiter versuchen zu erreichen. Sollte eine gesetzliche Teil-Impfpflicht kommen, werde man eine solche aber umsetzen.
Die Diskussion ist geschlossen.
Entschuldigung- Wenn ich ins Krankenhaus muss, erwarte ich, dass dort alles Menschenmögliche getan, mich vor Ansteckungen zu schützen. Dazu gehört wohl im Falle von Corona auch eine Schutzimpfung. Österreich macht es vor und ein Gesetzesentwurf liegt bereits vor- DEU hinkt wieder Mal hinter her. Auch Hr Söder schlägt wie schon früher Verschärfungen vor, nachdem sie in der Alpenrepublik schon umgesetzt sind. Was helfen Freiheitsrechte, wenn man am Ende nach einer Corona Infektion auf Dauer schwer gezeichnet leben muss.
Und ich frage mich, wie medizinisches Personal überhaupt gegen eine Impfung sein kann. Schließlich lernt man dort in der Ausbildung egal wo, was z.B. MRNA ist und dass das rein gar nichts mit Erbgutverändern zu tun hat.
Ich sehe es als lebensgefährlichen Leichtsinn an, wenn geimpftes Personal vor Beginn seiner Schicht keinen Schnelltest machen muss. Die Impfung verhindert im besten Fall einen lebensgefährlichen Krankheitsverlauf, aber geimpfte sind genau so ansteckend, wie ungeimpfte und vor allem genau so anfällig gegen neue Mutationen. Der Zwang, der auf das Personal ausgeübt wird, ist kontraproduktiv, auch unter einem christlichen Deckmäntelchen. Vor allem ausländische Arbeitskräfte könnten das zum Anlass nehmen zu kündigen, und in ihrer Heimat zu arbeiten. Arbeit gibt es ja derzeit überall genug.
Der Hr.Doktor hat gesprochen...
Ich finde es immer wieder bemerkenswert, dass seit Corona so viele Frauen bei den "rechtsgerichteten" Demos mitmachen ;-)
Das dürfen sie noch gar nicht. Haben die keine anständigen Anwälte??