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Augsburg: Villenstreit hört nicht auf – und beschäftigt Juristen sowie Polizei

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Augsburgs Villenstreit hört nicht auf – und beschäftigt Juristen sowie Polizei

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    Die Zukunft der "roten Villa" in der Perzheimstraße ist ein Jahr, nachdem sie unter Denkmalschutz gestellt wurde, weiterhin unklar.
    Die Zukunft der "roten Villa" in der Perzheimstraße ist ein Jahr, nachdem sie unter Denkmalschutz gestellt wurde, weiterhin unklar. Foto: Silvio Wyszengrad

    Seit einem Jahr steht die rote Villa an der Perzheimstraße 36 unter Denkmalschutz, um sie vor einem Abriss zu retten. Ob das prägende historische Gebäude im Augsburger Thelottviertel tatsächlich erhalten bleiben wird, ist weiterhin unklar. Ein Rechtsstreit mit dem Eigentümer beschäftigt Juristen – und die rote Villa inzwischen auch die Polizei.

    In der Nachbarschaft macht man sich große Sorgen, dass dem offenkundig leer stehenden Baudenkmal etwas passieren könnte. Vergangenen Sonntagabend zur "Tatort"-Sendezeit meldeten Anwohner der Polizei verdächtige Geräusche, sie vermuteten Einbrecher. Mehrere Streifen waren vor Ort. Im Polizeipräsidium spricht man von einem "Missverständnis, das ausgeräumt werden konnte". Angetroffen habe man nicht Einbrecher, sondern den Hausbesitzer. Der Immobilieneigentümer, der namentlich nicht genannt werden will, sagt: "Der Polizeieinsatz am vergangenen Sonntag war ein offensichtlich durch einen Nachbarn ausgelöster Fehlalarm, nachdem sich ein Befugter auf dem Grundstück aufhielt." Diese Woche gab es offenbar einen weiteren ähnlichen

    Villa in Perzheimstraße: Laut Eigentümer wurden Teile entwendet

    Dass einige Anwohner das Baudenkmal praktisch Tag und Nacht aufmerksam im Blick haben, hat einen Grund: In der Villa waren vor rund einem Jahr Diebe zugange. Der Eigentümer sagt, durch die ausführliche Berichterstattung über das Gebäude durch unsere Redaktion sei es Anfang März 2021 zu einem hohen Interesse gekommen. "Viele Spaziergänge führten zu dem Gebäude, dabei wurden auch Teile entwendet." Von einem Einbruch könne nicht gesprochen werden, da es sich bis dahin um ein Abbruchhaus handelte. Erst einen Tag vor dem angestrebten Abbruchbeginn sei bekannt geworden, dass die rote Villa eventuell ein Denkmal sein könnte. Am 22. März vergangenen Jahres ist zum Schutz ein Bauzaun errichtet worden, danach sei nichts mehr geschehen.

    Der Diebstahl gilt wegen einer Frage als interessant: Sind damals auch denkmal-relevante Teile abhandengekommen? Öffentlich ist dazu bislang nichts bekannt. Die Stadt ist informiert, will aber aus Datenschutzgründen nichts sagen.

    Landesamt stellte umkämpfte Villa unter Denkmalschutz

    Die rote Villa war Ende März vergangenen Jahres quasi in letzter Minute unter Denkmalschutz gestellt worden, um im Zuge des Baubooms einen weiteren Verlust von historischer Bausubstanz in Augsburg zu verhindern. Das alte Gebäude im Stil der Heimatschutzbewegung gilt als typisch für das Thelottviertel. Es stammt aus dem Jahr 1911/12 und wurde vom bekannten

    Das Tauziehen um den Erhalt der roten Villa geht nun in die nächste Phase. Der Eigentümer sagt, er beschäftige sich aktuell mit der Ermittlung der Instandsetzungskosten sowie der Prüfung möglicher Nutzungen, um dann damit in eine Planung zu gehen. Hierzu seien unter anderem Restauratoren, Statiker und Architekten beauftragt worden. "Die Aufgabenstellung ist sehr komplex und wird einige Zeit in Anspruch nehmen." Vom Tisch ist der Abbruch aber wohl noch nicht.

    Das Baureferat teilt mit, die Denkmalschutzbehörde bei der Stadt habe vergangenen Oktober die Erteilung einer denkmalrechtlichen Erlaubnis für den Abbruch abgelehnt. Daraufhin sei Klage eingereicht worden. Das Gerichtsverfahren ruhe zurzeit. Grund: Der Eigentümer wolle im Zusammenhang mit seinem Abbruchwunsch Unterlagen erstellen lassen, die für eine Prüfung der Zumutbarkeit des Erhalts notwendig sind.

    Bei der Diesel-Villa an der Hochfeldstraße läuft ein Gerichtsverfahren

    Im Augsburger Villenstreit steht auch noch ein zweites Gebäude im Blickpunkt – die Diesel-Villa an der Hochfeldstraße 15. Der dortige Eigentümer klagt gegen die Stadt, weil sein Abbruchantrag ebenfalls abgelehnt wurde. Er will auf dem Grundstück einen Neubau errichten. Bei der Stadt hat man im Frühjahr vergangenen Jahres die Notbremse gezogen und eine Erhaltungssatzung erlassen, um das prägende historische Gebäude zu retten. In ihrer ursprünglichen Form wurde die Villa um 1902 von den Architekten Albert Jack und Maximilian Wanner für einen Vetter des berühmten Ingenieurs und Erfinders Rudolf Diesel errichtet. Sie erlitt im Krieg schwere Schäden und wurde wieder aufgebaut.

    Auch bei der historischen "Diesel-Villa" in der Hochfeldstraße dauert der Rechtsstreit um einen Abbruch an.
    Auch bei der historischen "Diesel-Villa" in der Hochfeldstraße dauert der Rechtsstreit um einen Abbruch an. Foto: Silvio Wyszengrad

    Wie das Baureferat mitteilt, läuft derzeit das Verfahren am Verwaltungsgericht. Ob das Gebäude jetzt noch zusätzlich unter Denkmalschutz gestellt werden kann, ist offen. Zum Stand einer Behandlung im Landesdenkmalrat liegen der Stadt aktuell keine weiteren Informationen vor. Auch in diesem Fall sorgen sich Nachbarn um die historische Bausubstanz. Die Augsburger Baumallianz schlug kürzlich Alarm, weil einige Fenster in der unbewohnten Villa geöffnet und wohl auch eingeschlagen seien. Der Verein bat die Stadt, tätig zu werden, um das Gebäude zu sichern.

    Im Baureferat heißt es dazu, Informationen über Vandalismus in der Villa lägen nicht vor. Grundsätzlich habe die Stadt Möglichkeiten, Eigentümer zu Sicherungsmaßnahmen zu bewegen. Geöffnete Fenster sind jedoch kein hinreichender Grund, um hier aktuell Maßnahmen zu ergreifen.

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