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Vier Augsburger Staatsanwälte klagen gegen Freistaat Bayern
![Staatsanwälte in Augsburg haben vor dem Verwaltungsgericht Recht bekommen. Demnach muss ihnen der Freistaat für sogenannte "Jourdienste" Zulagen zahlen. Staatsanwälte in Augsburg haben vor dem Verwaltungsgericht Recht bekommen. Demnach muss ihnen der Freistaat für sogenannte "Jourdienste" Zulagen zahlen.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674498059-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Ankläger der Staatsanwaltschaft ziehen vor das Verwaltungsgericht Augsburg, weil sie bislang für bestimmte Dienste keinen finanziellen Zuschlag erhalten. Sie bekommen Recht.
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Sollte das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg auch in zweiter Instanz Bestand haben, dann können sich rund 900 bayerische Staatsanwälte und Staatsanwältinnen künftig bei anfallenden Bereitschaftsdiensten über ein finanzielles Zubrot freuen. Vier Ankläger der Augsburger Staatsanwaltschaft hatten gegen ihren Dienstherrn, den Freistaat Bayern, Klage erhoben - und Recht bekommen. Mit dem Verfahren habe die 2. Kammer des Gerichts, wie Vorsitzender Richter Gregor Raible gleich zu Beginn feststellte, "juristisches Neuland" betreten und über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden. Im Kern geht es auch darum, ob die europäische Arbeitszeitrichtlinie und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes auch für den Dienst von Staatsanwälten gilt.
Für Außenstehende sind die juristischen Feinheiten der Klage gegen die bayerische Besoldungsordnung nicht einfach zu verstehen. Soviel vorweg: Erst vor wenigen Tagen hatten Redner im Rahmen einer Feierstunde zur Verabschiedung des Leitenden Oberstaatsanwalts Rolf Werlitz und der Amtseinführung seines Nachfolgers Thomas Weith im Goldenen Saal des Rathauses die enorme Arbeitsbelastung der 57 Augsburger Staatsanwälten und Staatsanwältinnen massiv beklagt. So betrage die Arbeitsbelastung der Ankläger im Durchschnitt bereits 140 Prozent, im Einzelfall bis zu 170 Prozent. Mit anderen Worten: Die Ermittler arbeiten bereits unentgeltlich für eine zusätzliche halbe Stelle mit. Neue Kriminalitätsfelder, beispielsweise Betrugs- und Hasskriminalität im Internet, hätten enorm zugenommen.
Verhandlung in Augsburg: Staatsanwälte ziehen vor Gericht
Die Staatsanwälte sind bei Straftaten zuständig vom Beginn der polizeilichen Ermittlungen über die Anklageerhebung und Prozessvertretung bis letztlich zum rechtskräftigen Urteil eines Falles. Verteilt werden alle Fälle nach einer Liste, die den durchschnittlichen zeitlichen Aufwand, also Erfahrungswerte, für einen Fall festlegt. Ein Ladendiebstahl benötigt weniger Zeitaufwand als ein kompliziertes Wirtschaftsverbrechen.
Zusätzlich zu dem ohnehin enormen Arbeitsanfall werden die Staatsanwälte und ihre Kollegen zweimal im Jahr zu einem sogenannten "Jourdienst" eingeteilt, bei dem sie zusätzlich zu ihrem normalen Dienst von 8 Uhr bis 16.15 Uhr eine Woche lang die übrige Tages- und Nachtzeit in Bereitschaft stehen, also Dienst zu ungünstigen Zeiten machen müssen. Für eine Woche Jourdienst erhalten sie einen freien Tag, aber keine finanzielle Zulage.
Gegen diese Regelung setzten sich nun die vier Staatsanwälte zur Wehr. Zwei von ihnen sind inzwischen ins Richteramt gewechselt, einer ist aus dem Staatsdienst ausgeschieden.
In der Verhandlung trug einer der Kläger vor, dass er beispielsweise bei einem der 128 Wochenstunden dauernden Jourdienste 69 Anrufe bekommen habe. In der Regel müssen die Staatsanwälte dann unmittelbare Entscheidungen treffen, so zum Beispiel über Hausdurchsuchungen oder Anträge auf Haftbefehl. Oder sie müssen bei tödlichen Verkehrsunfällen oder Tötungsdelikten zum Unfall- oder Tatort fahren. Während des Jourdienstes sind sie der einzige Ansprechpartner der Anklagebehörde. "Man weiß nie, was in der nächsten Sekunde passiert", sagte einer der vier Kläger.
Zwar gibt die Dienstordnung keinen genauen Aufenthaltsort vor. Aber: Der Staatsanwalt muss eben immer sofort erreichbar und möglichst schnell beispielsweise an einem Tatort sein. Er könne also nicht, wie Rechtsanwalt Daniel Iven, Vertreter der Kläger, darlegte, eben mal nach Hamburg fahren oder sich im Gebirge aufhalten, wenn dort möglicherweise kein Handyempfang ist. Die vier Kläger sind der Ansicht, dass der Jourdienst als echter Bereitschaftsdienst finanziell zu vergüten sei. Anwalt Iven sieht dies eindeutig von der europäischen Arbeitszeitrichtlinie und der Rechtsprechung des EuGH gedeckt.
So viel Zulage gibt es jetzt für die Staatsanwälte
Der Vorsitzende Richter Gregor Raible deutete während der mündlichen Verhandlung an, dass der Meinung der Kammer nach die Voraussetzung für einen Bereitschaftsdienst erfüllt seien. Die Vertreter des beklagten Freistaates Bayern beantragten die Klage abzuweisen. Ihrer Ansicht nach müsse die Zulagenverordnung erst durch das Finanzministerium erweitert werden. Bislang gebe es finanzielle Zulagen für Dienst zu ungünstigen Zeiten nur für Beamte der Besoldungsgruppe A, also für Beamte beispielsweise in der Stadtverwaltung. Für Staatsanwälte gilt die Besoldungsgruppe R, unter die auch Richter fallen, die aber ihre Arbeitszeit frei gestalten können und im Gegensatz zu Staatsanwälten nicht weisungsabhängig sind. Die Besoldungsverordnung sehe eben nur einen Freizeitausgleich für den Jourdienst vor.
Auf Anfrage teilte das Verwaltungsgericht mit, dass die Klage gegen den Freistaat Erfolg hatte. Das Gericht wies den Freistaat an, für jeden Bereitschaftsdienst eine Zulage von 400 Euro zu zahlen, plus fünf Prozent Zinsen seit Eingang der Klagen im Juni 2022 beziehungsweise November 2023. Ob das Urteil Bestand hat, wird sich erweisen, wenn, wie zu vermuten ist, der Freistaat Berufung zum Verwaltungsgerichtshof München einlegt.
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