Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Augsburg: Verändertes Nachtleben: Dank Corona geht es zur "Party" an die Tankstelle

Augsburg

Verändertes Nachtleben: Dank Corona geht es zur "Party" an die Tankstelle

    • |
    Tankstellen werden in Zeiten der Corona-Pandemie zu Feier-Hotspots. Die jungen Leute treffen sich zum Beispiel an der Aral-Tankstelle an der Stuttgarter Straße in Augsburg.
    Tankstellen werden in Zeiten der Corona-Pandemie zu Feier-Hotspots. Die jungen Leute treffen sich zum Beispiel an der Aral-Tankstelle an der Stuttgarter Straße in Augsburg. Foto: Michael Hochgemuth

    Es hat etwas von einem Volksfest. Junge Leute in bester Stimmung, viele mit Klappstühlen unter dem Arm, ziehen am Samstagabend zur Aral-Tankstelle an der Stuttgarter Straße. Rund um das Gelände ist in weitem Umkreis jedes noch so kleine freie Fleckchen zugeparkt, auch im angrenzenden Gewerbegebiet ist alles dicht. Die Tankstelle selbst gleicht einem Großparkplatz – Hunderte zumeist getunte Fahrzeuge sind hier abgestellt oder ziehen auf der Suche nach einem Parkplatz ihre Runden um das Gelände. Corona hat im Nachtleben ganz neue „Feier-Hotspots“ hervorgebracht – nicht alle sind darüber glücklich.

    Zumindest die Zapfsäulen an der Aral-Tankstelle sollen frei bleiben

    Pächter Werner Hager versucht, dem Verkehrschaos Herr zu werden. Zumindest die Zapfsäulen an der Aral-Tankstelle an der Stuttgarter Straße will er von parkenden Tuningfans freihalten, was mit unwilligem Hupen quittiert wird. Auch wenn er den extremen Ansturm auf seine Tankstelle seit Beginn der Corona-Krise „den Wahnsinn“ findet, zeigt er Verständnis für die jungen Leute. „Wo sollen die denn gerade auch hin?“ fragt er. Ohne Klubs, Diskotheken oder Sportveranstaltungen, suchten sie sich eben Orte, wo sie billig trinken und feiern könnten. „Und kaum ein Jugendlicher fährt irgendwo mit dem Rad oder den Öffentlichen hin“, glaubt er.

    Die gut mit dem Auto erreichbaren Tankstellen seien gerade der ideale Ort, um sich zu treffen und um Spaß zu haben. Bis auf ein paar uneinsichtige „Idioten“, die zwischen den Zuschauern die Reifen quietschen ließen, an der Zapfsäule rauchten oder sich sogar Rennen mit der Polizei lieferten, machten die

    Wenn der To-go-Verkauf vorbei ist geht es an die Tankstelle

    Auch in der Innenstadt werden die Tankstellen nachts gut frequentiert. Hier beginnt das große Geschäft um Mitternacht, wenn die Corona-Regeln der Stadt greifen und die Gastronomen ihren To-go-Verkauf einstellen müssen. Eigentlich soll durch diese Einschränkung das Nachtleben auf die noch geöffneten Lokale mit Außenbestuhlung fokussiert werden, um große Menschenansammlungen und vor allem Müll zu vermeiden, sagt Stadtrat Leo Dietz (CSU), der an den Regeln mitgearbeitet hat. Doch offenbar wollen sich nicht alle Nachtschwärmer vorschreiben lassen, wann ihre Feier zu Ende ist.

    Wer in der Maximilianstraße nichts mehr zu trinken bekommt, wandert eben zu einer der nahe gelegenen Tankstellen und versorgt sich dort mit Getränken. Manche bleiben dann gleich dort und trinken ihr Bier noch auf dem Gelände – andere ziehen wieder in die Innenstadt und feiern dort weiter.

    Drei junge Männer kommen mit einem Kasten Bier und weiteren Flaschen in der Hand aus der Total-Tankstelle am Leonhardsberg und laufen über die Straße Richtung Altstadt. In einem Umkreis von einigen Hundert Metern um die Tankstelle haben sich Plätze gebildet, an denen sich die Menschen gerne niederlassen, um noch zusammen zu trinken und zu reden.

    Auch die Total-Tankstelle am Leonhardsberg in Augsburg ist ein beliebter Treffpunkt.
    Auch die Total-Tankstelle am Leonhardsberg in Augsburg ist ein beliebter Treffpunkt. Foto: Annette Zoepf

    Vor der Stadtmetzg stehen leere Wein- und Bierflaschen, auf Treppen an der Vorder- und Rückseite des Gebäudes sitzen junge Leute und genießen den Abend. Auch Bine, Chris und Sarah haben sich mit Blick auf den Georgsbrunnen hier niedergelassen und spielen Karten. „Wir kommen gerne hierher, es ist schöner als in einem Klub oder einer Bar, weil man sich unterhalten kann“, sagen sie. Das habe in ihrem Fall nichts mit Corona zu tun – die Treppen vor dem historischen Gebäude seien einfach ideal, um den Abend zu verbringen. Auch sie haben ihre Getränke von der nahen Tankstelle.

    „Das ist natürlich alles nicht schlimm, aber es potenziert sich“, sagt Leo Dietz. Am Elias-Holl-Platz haben sich an diesem Abend Jugendliche versammelt, die fröhlich feiern. Jemand hat eine Musikanlage mitgebracht, man hört laute Stimmen und Gelächter. Auch die drei Jungs von der Tankstelle sind hier – und bedienen sich aus ihrem Bierkasten. Das städtische Konzept verbietet Glasflaschen in diesem Bereich, was offenbar niemanden stört.

    Augsburg: Zwölf Personen werden des Platzes verwiesen

    Gerade am Elias-Holl-Platz sind die Anwohner sensibilisiert, nachdem sie im vergangenen Jahr regelmäßig durch Lärm um ihren Schlaf gebracht worden waren. An diesem Abend greift die Stadt durch – kurz vor 1 Uhr fordert der Ordnungsdienst die Hilfe der Polizei an. Zwölf Personen werden wegen Verstößen gegen die Lärmschutzverordnung des Platzes verwiesen und bekommen eine gebührenpflichtige Verwarnung, wie Ordnungsreferent Frank Pintsch auf Anfrage berichtet.

    Elias-Holl-Platz, Fronhof, Hinter der Stadtmetzg und die Grünanlage beim Curt-Frenzel-Stadion seien Orte, die aufgrund ihrer Beliebtheit bei den Nachtschwärmern vom Ordnungsdienst besonders im Auge behalten würden. Der Mauerberg habe sich dagegen stark beruhigt. Man wolle die Nutzung der Plätze nicht verbieten – solange die berechtigten Anliegen der Bewohner der Innenstadt geachtet und der Gesundheitsschutz gewahrt bliebe.

    Getränke dürften nur an "Durchreisende" verkauft werden

    Pintsch verweist darauf, dass Tankstellen um diese Uhrzeit Getränke nur an „Durchreisende“, also faktisch Personen mit Autos, die zum Tanken kommen, verkaufen dürfen. Man werde die Einhaltung dieser Regelung verstärkt in den Blick nehmen.

    Lesen Sie auch:

    Keine Partys, geplatzte Träume, eine unsichere Zukunft: Junge Menschen hatten ganz besonders mit den Folgen der Corona-Krise zu kämpfen. Unser Thema im Podcast:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden