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Augsburg: Gefahr durch umstürzende Bäume: So schätzt ein Experte die Lage ein

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Gefahr durch umstürzende Bäume: So schätzt ein Experte die Lage ein

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    Umstürzende Bäume, zuletzt die Kastanie gegenüber dem Fünffingerlesturm in Augsburg, sorgen für öffentliche Diskussionen.
    Umstürzende Bäume, zuletzt die Kastanie gegenüber dem Fünffingerlesturm in Augsburg, sorgen für öffentliche Diskussionen. Foto: Michael Hörmann

    Vier umgefallene Bäume an zwei Augsburger Stadtgräben sorgen für Verunsicherung. Manche Augsburger haben inzwischen Angst vor einem Spaziergang im Bereich der historischen Wallanlagen. Andere befürchten, die Stadt könnte nach dieser Serie künftig mehr alte Bäume vorsorglich fällen. Die öffentliche Diskussion läuft. Was sagen Experten?

    Die Serie von Baumstürzen begann im August mit einer großen Robinie an der Kahnfahrt. Zuletzt krachte gegenüber dem Fünffingerlesturm eine mächtige Kastanie ins Wasser. Im Umfeld des Turms befinden sich stark frequentierte Spazierwege. An der Kahnfahrt waren im Sommer regelmäßig Ruderboote unterwegs. Leserinnen und Leser unserer Zeitung fordern, die Stadt müsse auf die Vorfälle reagieren und handeln. "Bäume müssen turnusmäßig rausgenommen werden, bevor sie umfallen", so eine Stimme. Baumkontrollen müssten zur "Chefsache" werden, gerade auch mit Blick auf den tödlichen Unfall auf einem Spielplatz in Oberhausen im Juli 2021, sagen andere. Dort war ein Kleinkind durch einen umstürzenden Ahorn ums Leben gekommen. Wieder andere schlagen vor, Problembäume rechtzeitig abzustützen.

    Experte über Bäume in Augsburg: "Die Situation ist brutal"

    Bernd Koroknay ist Baumsachverständiger. Der Augsburger sagt, "ich habe für Bürger, die verunsichert sind, vollstes Verständnis". Zumal mit weiteren umfallenden Bäumen zu rechnen sei. Der Klimawandel schwäche insbesondere heimische Stadtbäume. Sie werden anfälliger, besonders für Pilzkrankheiten. "Die Situation ist brutal", beschreibt Koroknay die Lage. Er habe als Sachverständiger noch nie so viel Arbeit gehabt wie in diesem Jahr.

    Koroknay sagt aber auch, die Stadt Augsburg mache es richtig, wenn sie alte Bäume so lange wie möglich stehen lasse. Das gewohnte Stadtbild werde sich durch den Klimawandel und den Verlust zahlreicher Altbäume ohnehin stark verändern. Was die Information der Öffentlichkeit über Problembäume betrifft, sieht der Experte Verbesserungsbedarf. Die Stadt manövriere sich in eine "problematische Situation", wenn Bürgerinnen und Bürger auf drohende Baumstürze hinweisen und der Baum dann trotzdem umfällt. So entstünden Zweifel an der Kompetenz der Verwaltung. Der Experte empfiehlt, offensiver mit Absperrungen im Umfeld und Informationsschildern zu arbeiten. Dies sei bei Gefahren an Gebäuden gängige Praxis. Nötig seien zudem kreative Lösungen zum Baumerhalt, etwa mit Fixierungen. "Nach meinem Eindruck ist die Stadt immer noch in der Lernphase, wie sie mit ihrem grünen Erbe umgehen muss."

    Trotz Gefahren: Stadt will an der bisherigen Fällpraxis festhalten

    Was Fällungen angeht, will man bei der Stadt offenkundig an der bisherigen Linie festhalten: "Bei jeder Fällung handelt es sich immer um eine Einzelfallentscheidung, die nicht leichtfertig, sondern verantwortungsbewusst getroffen wird." Baumkontrolleure seien angehalten, bei Altbäumen auf besondere Merkmale wie Pilzfruchtkörper, Höhlungen und außergewöhnlich starkes Totholz besonders zu achten. In Einzelfällen holt die Stadt zusätzliche Gutachten von externen Fachfirmen ein, um die Verkehrssicherheit zu prüfen. Sollten sich aus den einzelnen Einschätzungen auch Fällungen ergeben, würden diese "zeitnah" durchgeführt.

    Wie gehen andere Städte mit ihrem öffentlichen Grün um? In München stehen allein an Straßen und Wegen 113.000 Bäume. Das Münchner Baureferat setzt nach eigenen Angaben rund 300 gärtnerische Fachkräfte zur Pflege und Verkehrssicherheit in den öffentlichen Grünanlagen und des Straßenbegleitgrüns ein. Die Bäume werden zweimal jährlich kontrolliert, einmal in belaubtem, einmal im unbelaubten Zustand. "Baumpflegerische Maßnahmen erfolgen kontinuierlich", so das Presseteam. Nach jedem Unwetter und Starkwindereignis prüfen Mitarbeiter die Bäume zusätzlich, um Unwetterschäden zu erkennen und zu beseitigen. Die Münchner Fachkräfte arbeiten in dezentral über das Stadtgebiet verteilten Betriebsstützpunkten, um Schäden zügig zu kontrollieren und zu beseitigen. Liegen amtliche

    Richtlinien für Kontrolle von Bäumen in Augsburg

    In Augsburg berichtete das Grünamt über einen massiven Stau in der Baumpflege. Beispiel Kahnfahrt: Dort wurden bereits vor einem Jahr zehn Problembäume auf nicht öffentlichem Gelände des Lechfischereivereins ermittelt, aber erst diesen Oktober gefällt. Der gefährdete Bereich mit Bootsverkehr wurde von der Stadt nicht gesperrt. Nach dem tödlichen Unglück am Spielplatz wehrt sich der zuständige Baumkontrolleur derzeit gegen einen Strafbefehl des Amtsgerichts. Bei der städtischen Pressestelle betont man, Bäume würden regelmäßig entsprechend den gültigen Richtlinien kontrolliert und bei Bedarf Baumpflegemaßnahmen in die Wege geleitet. Das Restrisiko eines Baumsturzes werde dadurch bestmöglich reduziert. Bei Probleme mit der Verkehrssicherheit gebe es nach den Richtlinien ein klar vorgegebenes Handeln.

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