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Augsburg: Tödlicher Streit am Kö: Anwälte wollen Entschädigung für Mandanten

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Tödlicher Streit am Kö: Anwälte wollen Entschädigung für Mandanten

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    Nach dem tödlichen Schlag am Augsburger Königsplatz hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben - allerdings nur noch gegen drei der ehemals sieben Verdächtigen, und nur gegen den mutmaßlichen Haupttäter.
    Nach dem tödlichen Schlag am Augsburger Königsplatz hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben - allerdings nur noch gegen drei der ehemals sieben Verdächtigen, und nur gegen den mutmaßlichen Haupttäter. Foto: AZ-Archiv

    Sie saßen rund drei Monate in Untersuchungshaft. Sechs junge Männer aus Augsburg, die Anfang Dezember 2019 mit einem siebten Kumpel zusammen in der nach einem tödlichen Schlag, dem ein Streit mit jungen Männern aus der Gruppe vorausgegangen war. Zugeschlagen hat mutmaßlich ein 17-Jähriger aus der Gruppe. Für die Tat aber wanderten nach Anträgen der Staatsanwaltschaft zunächst alle sieben Verdächtigen ins Gefängnis, ehe sie mit Ausnahme des Hauptverdächtigen im März endgültig freikamen. Wie berichtet, muss sich wegen des Todes des 49-Jährigen jetzt nur noch der 17-Jährige verantworten. Mehrere Anwälte der anderen Jugendlichen wollen nun, dass ihre Mandanten für die Zeit der Untersuchungshaft entschädigt werden.

    Laut Gesetz bekommen Menschen, die zu Unrecht inhaftiert waren, 25 Euro für jeden Tag im Gefängnis. Bei rund drei Monaten Untersuchungshaft bedeutet dies potenziell eine Summe von etwa 2200 Euro. Die Ansprüche wolle er nun geltend machen, sagt Anwalt Felix Dimpfl, der einen 18-jährigen Augsburger aus der Gruppe verteidigt. Dimpfl hatte mit einer erfolgreichen Verfassungsbeschwerde großen Anteil daran, dass die sechs Jugendlichen und jungen Männer im März aus der Untersuchungshaft entlassen worden waren. Das Verfahren gegen seinen Mandanten wurde wie gegen drei weitere Beschuldigte mittlerweile eingestellt. Der junge Mann habe "vollumfänglich zu Unrecht in U-Haft" gesessen und müsse entschädigt werden, sagt Dimpfl. Immerhin, sagt der Anwalt, habe sein Mandant seinen Ausbildungsplatz trotz der U-Haft nicht verloren, sein Arbeitgeber habe zu ihm gehalten.

    Tödlicher Schlag am Königsplatz: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage

    Dies ist bei einem weiteren zunächst Verdächtigen, die jetzt gar keiner Straftat nicht mehr beschuldigt wird, anders. Sein Mandant habe in der Zeit der Untersuchungshaft seine Lehrstelle verloren, sagt der Augsburger Strafverteidiger Klaus Rödl. Er werde dafür zwar nun entschädigt und bekomme etwas Geld, der Verlust der Freiheit sei aber finanziell kaum zu bemessen. Sei Mandant sei "aus dem Leben gerissen worden", sagt Rödl.

    Ohnehin war und ist die Stimmung in dem Verfahren zwischen Staatsanwaltschaft und den Verteidigern frostig. Daran hat auch die Anklage, nach der sich wegen des Todes des 49-Jährigen nur noch der mutmaßliche Haupttäter verantworten muss, wenig geändert. Ihm wird nicht mehr Totschlag, sondern nun gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen. Dass der Haftbefehl zunächst auf Totschlag lautete, habe er von Anfang an nicht verstanden, sagt sein Verteidiger Marco Müller. Sein Mandant habe den 49-Jährigen sicher nicht töten wollen, auch sei die Aggression zunächst vom späteren Opfer ausgegangen.

    Kritisch äußert sich auch der Strafverteidiger Helmut Linck, der einen weiteren 18-Jährigen aus der Gruppe vertritt. Zwar sei die Anklage nun deutlich entschärft worden und entspreche dem, "was man von Anfang erkennen konnte". Dass sein Mandant überhaupt in U-Haft sitzen musste, könne er aber nach wie vor nicht nachvollziehen. Der junge Mann sei monatelang im Glauben gewesen, dass er juristisch für den Tod eines Menschen verantwortlich gemacht werden könne. Der 18-Jährige ist wie ein 20 Jahre alter Mann ebenfalls angeklagt worden. Sie haben sich laut den Vorwürfen aber nur noch der gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht, weil sie einen Freund des Feuerwehrmannes geschlagen haben sollen.

    Trauerbekundungen am Königsplatz, wo im Dezember ein mann nach einem Faustschlag gestorben ist.
    Trauerbekundungen am Königsplatz, wo im Dezember ein mann nach einem Faustschlag gestorben ist. Foto: Ulrich Wagner (Archiv)

    Tödlicher Schlag in Augsburg: Höchststrafe von zehn Jahren möglich

    Wie berichtet, hat die Staatsanwaltschaft Anklage zur Jugendkammer des Landgerichtes erhoben. Zugelassen hat die Kammer die Anklage noch nicht, Termine für die Hauptverhandlung sind dementsprechend von den Richtern auch noch nicht festgelegt worden. Es darf allerdings als äußert wahrscheinlich gelten, dass die Anklage zugelassen wird – war es doch eben jene Jugendkammer, die kurz vor Jahreswechsel die Haftbefehle gegen sechs der sieben Verdächtigen zwischenzeitlich aufgehoben und den dringenden Tatverdacht der "Beihilfe zum Totschlag" bereits nicht erkannt hatte. Da sich das Verfahren auch gegen Heranwachsende, also 18- bis 20-Jährige richtet, dürfte der Prozess grundsätzlich öffentlich sein, auch wenn der Hauptverdächtige erst 17 Jahre alt ist.

    Im Prozess wird dann auch die Ehefrau des getöteten 49-Jährigen als Nebenklägerin vertreten sein. Ihre Anwältin Isabel Kratzer-Ceylan sagt, man habe "zur Kenntnis genommen", dass der mutmaßliche Haupttäter zumindest wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt ist. Wie am Ende das Urteil lauten wird, werde jedoch das Gericht beurteilen. Der tödliche Schlag sei durch nichts zu rechtfertigen. Weil für den 17-Jährigen das Jugendstrafrecht gilt, ist für den Hauptverdächtigen eine Strafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren möglich.

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