Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Augsburg: Teure Öko-Sünde oder guter Lärmschutz? Streit um Rollrasen geht weiter

Augsburg

Teure Öko-Sünde oder guter Lärmschutz? Streit um Rollrasen geht weiter

    • |
    Die neue Strecke der Straßenbahnlinie 3.
    Die neue Strecke der Straßenbahnlinie 3. Foto: Silvio Wyszengrad

    Die Debatte um den Rollrasen, der auf der neuen Trasse der Linie 3 verlegt wurde, geht weiter. Die Augsburger Stadtwerke verteidigen nach der Kritik von Naturschützern die Verwendung auf dem Rasengleis der Straßenbahnlinie auf Augsburger Flur. Das Thema wird seit einigen Wochen kontrovers diskutiert, die Naturschutzallianz hatte von "ökologischer Ödnis" gesprochen, die auf der Fläche von zwei Fußballfeldern entstehe. Stadtwerke-Chef Walter Casazza entgegnet, bei dem verwendeten hochliegenden Rasengleis, das erstmals in Augsburg eingebaut wird und erhebliche Vorteile beim Lärmschutz bringen soll, sei die Nutzung von Rollrasen empfohlen. "Es ist bei diesem Gleistyp die übliche Vorgehensweise."

    Angesätes Gras wäre bis zum Betriebsstart am übernächsten Sonntag im Lauf des Herbstes nicht mehr angegangen. Zudem müsse das Grün, in das die Gleise eingebettet sind, während der Wachstumsphase ab dem Frühjahr von Anfang an gekürzt werden. "Bei Rollrasen gibt es gleich eine stabile Grasnarbe", so Casazza.

    Naturschützer kritisieren Rollrasen an der Linie 3 in Augsburg

    Die Naturschützer hatten kritisiert, dass die neuen Gleise für den Artenreichtum nichts brächten, ganz im Gegensatz zu den bisher verwendeten tiefliegenden Rasengleisen in Augsburg, auf denen Magerrasen steht. Dieses Gras kann höher wachsen, weil es einen Höhenunterschied zwischen Gleis und Boden gibt. Zudem wachsen dort andere Gräser und Kräuter als beim fertig gelieferten Rasen aus der Plantage. Der Bund der Steuerzahler setzte noch obendrauf, dass man angesichts der Mehrkosten des hochliegenden Rasengleises von 2,7 Millionen Euro eine Aufnahme ins Schwarzbuch prüfen werde.

    Werden die Mehrkosten für das Rollrasengleis der Tramlinie 3 Richtung Königsbrunn zum Fall für das Schwarzbuch des Steuerzahlerbunds?
    Werden die Mehrkosten für das Rollrasengleis der Tramlinie 3 Richtung Königsbrunn zum Fall für das Schwarzbuch des Steuerzahlerbunds? Foto: Silvio Wyszengrad

    Bei der Stadt hält man die Entscheidung fürs hochliegende Rasengleis, die vom Bauausschuss vor vier Jahren getroffen worden war, weiterhin für richtig. Baureferent Gerd Merkle (CSU) führt vor allem den Schallschutz ins Feld. Das hochliegende Rasengleis, bei dem die Schienen optisch im Rasen verschwinden, sei je nach Ton-Frequenz zwischen drei und sieben Dezibel leiser. Drei Dezibel würden subjektiv als Verdoppelung des Lärms empfunden. "Das führt zu einer erheblichen Schallreduzierung im räumlichen Umfeld der Straßenbahn", so das Baureferat. Die von den Stadtwerken zunächst geplante Ausführung mit einfachem Schotter sei stadtklimatisch nicht mehr zeitgemäß. Und nicht zuletzt gehe es um den Städtebau. Durchs geplante Neubauviertel Haunstetten Südwest solle kein Gleis führen, "das so aussieht, als ob die Localbahn ein Industriegebiet erschließt", sagte Merkle 2017 im Bauausschuss. Die neue Trasse lasse sich mit hochliegendem Rasengleis städtebaulich viel besser ins Viertel einbinden. Im Übrigen sei ein solches Gleis auf mehreren Bürgerveranstaltungen zur 3er gefordert worden. Auch in Königsbrunn gab es Diskussionen, letztlich entschied man sich dort aus Kostengründen aber für das tiefliegende Rasengleis.

    München sammelte positive Erfahrungen mit hochliegenden Rasengleisen

    Positive Erfahrungen mit hochliegenden Rasengleisen hat man in München gesammelt. Dort sind sie seit 1993 im Einsatz. Bei der Planung von Neubaustrecken favorisiere man aktuell diese Gleisart, so ein Sprecher der Münchner Verkehrsbetriebe. Man sehe Vorteile vom Schallschutz über stadtklimatische Aspekte bis zur Optik. Im Betrieb lasse sich ein solches Gleis auch besser reinigen als ein tiefliegendes Rasengleis, weil sich Müll und Laub schlechter verfangen können, so die Erfahrungen der Münchner.

    In der Gleisführung am Alten Postweg wurde noch kein Rollrasen verlegt.
    In der Gleisführung am Alten Postweg wurde noch kein Rollrasen verlegt. Foto: Silvio Wyszengrad

    Was die Verwendung von Rollrasen betrifft, schoss Merkle im Stadtrat zuletzt aber eine Spitze in Richtung der Stadtwerke, sei man als Stadt nie informiert worden. Ob man Rollrasen kaufe oder Gras ansäe, sei Sache der Stadtwerke gewesen, so Merkle, der durchblicken ließ, dass ihm die Rollrasen-Entscheidung nicht schmeckt. Casazza konterte vor versammeltem Stadtrat angesäuert, dass das Thema Rollrasen in einer Besprechung, bei der die Stadt mit am Tisch saß, sehr wohl zur Sprache gekommen sei. Es gebe dazu auch ein einschlägiges Protokoll, so Casazza.

    Stadtwerke rechnen für geplantes Gleis mit höheren Kosten

    Gleichwohl ist es kein Geheimnis, dass die Stadtwerke keine glühenden Verfechter des hochliegenden Rasengleises sind. Im Unterhalt ist es nämlich teurer, weil häufiger gemäht werden muss, egal ob mit Rollrasen oder natürlicher Ansaat. Und im Sommer können die hochliegenden Rasengleise, je nach Bauart im Untergrund, auch Probleme mit Trockenheit bekommen. Mit dem hochliegenden Rasengleis in Haunstetten wurde aber eine Tür aufgestoßen, die womöglich nicht mehr so einfach zu schließen ist: Auch bei anderen Neubaustrecken werden Anwohner und Anwohnerinnen im Hinblick auf den Lärmschutz wohl die neue Variante fordern. Schon bei der Gleisverlegung in der Rote-Torwall-Straße im Zuge des Kö-Umbaus forderten Anwohner vor knapp zehn Jahren das hochliegende Gleis, gingen damals aber leer aus.

    Als Nächstes dürfte das Thema bei der Linie 5 aufkommen, die im Rosenauviertel entlang der Holzbachstraße geführt werden soll. In den Antragsunterlagen an die Regierung von Schwaben ist vage von einem möglichen Rasengleis die Rede, in welcher Ausführung, bleibt unklar. Stadtwerke-Sprecher Fergg sagt, es werde sich künftig immer um "Einzelfallentscheidungen" handeln, auf welches Gleis man setze. Aus dem Baureferat kommt bereits die Ankündigung, dass man es sich auch in Zukunft vorbehalte, dem Stadtrat Vorschläge zur Gleisgestaltung zu machen. Die Stadt sehe sich grundsätzlich als "Interessensvertreter aller Bürgerinnen und Bürger", so das Baureferat.

    Die Mehrkosten für das hochliegende Rasengleis gegenüber einem Schottergleis liegen bei etwa 2,7 Millionen Euro auf dem Streckenabschnitt zwischen Inninger Straße und Königsbrunner Stadtgrenze. Allerdings gibt es auch für diese Bauart wegen ihrer Vorteile eine staatliche Förderung, sodass für die Stadt 270.000 Euro Eigenanteil bleiben. Die Stadtwerke müssen für die Mehrkosten nichts bezahlen. Als ökologische Ausgleichsmaßnahmen für die Linie 3 setzen die Stadtwerke ein Projekt zur Biodiversität im Siebentischwald um. Zudem werden entlang der Trasse fast 80 Buchen und Amberbäume in einem Grünstreifen gepflanzt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden