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Augsburg: Tag 1 auf dem Modular: Guter Auftakt mit Ski Aggu, $oho Bani und Ennio

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Tag 1 auf dem Modular: Guter Auftakt mit Ski Aggu, $oho Bani und Ennio

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Rapper TYM sprang für T-Low ein, der von den Organisatoren aus dem Programm genommen wurde.
    Rapper TYM sprang für T-Low ein, der von den Organisatoren aus dem Programm genommen wurde. Foto: Annette Zoepf

    Saito rappt zur Eröffnung über Schlagerbeats, selbst bei den Ansagen ist der Autotune fest im Mikrofon verschraubt. Seine Crew auf der Bühne besteht aus DJ und einem Weggefährten, der den Auftritt vor versprengten 30 Menschen auf der Handykamera festhält. Vermutlich für Insta-Stories. Die Songs sind, nett gesagt, unspektakulär und ehrlich gesagt: ziemlich egal. 

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    Die Augsburgerin Rubi zieht da schon deutlich mehr Publikum vor die Hauptbühne am Kessel. Ob das am Heimvorteil liegt, am „Berlin Tag & Nacht“-Fame oder an ihren gut nach vorn gehenden Partytracks, ist völlig irrelevant. Die Leute feiern sich für das lange Modularwochenende warm, Rubi hat sichtlich Freude an ihrem Auftritt und Raps spitten kann sie ebenfalls. 

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    STYKS bringt zu seinem erst zweiten Auftritt überhaupt eine ansehnliche Fanbase, reduzierte Beats und trotz nachvollziehbarer Nervosität solide gesungene Emorap-Miniaturen mit. Symphatischer Kerl und ein guter Start in die fein kuratierte zweite Bühne im Park. 

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    Die wenig Vertrauen erweckende Seite horoskop-paradies.ch schreibt, Wassermänner passen in keine Schublade. Da haben sie bei der Kreuzbergerin Wa22ermann ausnahmsweise mal den Nagel auf den Kopf getroffen. Beats aus Trap, Phonk und klassischem Techno liegen unter intensiven Raps, die gerne auch mal auf die Double-Time-Überholspur abbiegen. Es riecht wie im Görli, alle Körper vor der Bühne sind in Bewegung. Von ihr wird sicher noch zu hören sein. 

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    Conny ist der Erste, der am Freitag ein organisches Instrument auf der Bühne im Park stehen hat. Und nicht nur deswegen ist er die Antithese zu den Dicke-Hose-Rappern, die auf Luxusautos starren. Gitarrensamples, Live-Schlagzeug und emotionale wie schlaue Texte beweisen, dass es eine gute Idee des Düsseldorfers war, Bürostuhl und Tastatur gegen eine Rapkarriere zu tauschen. Die tolle Sängerin und Rapperin Lisa, eigentlich der Sidekick im Hintergrund, machte mit ihren zwei Songs ein Konzert im Konzert und sorgte für einen frühen Höhepunkt des Tages. 

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    Dilla ist ein wenig gerührt. Ob Pianoballade oder Elektropunk, das Publikum ist vom ersten Ton auf ihrer Seite und dazu noch erstaunlich textsicher. Ihr Backdrop ist ein verwaschenes Foto einer Regalreihe eines Discount-Supermarkts, aber Dillas Alternative-Pop ist alles andere als billig. Selbst die Bohemian-Rhapsody-Referenz in einem ihrer noch unveröffentlichten Tracks sitzt wie eine Eins. 

    Ski Aggu macht in Augsburg Stimmung wie in der Fankurve

    Bei Ski Aggu herrscht vom ersten Bassdrumschlag an eine Stimmung wie in der Fankurve eines Fußballstadions. Der Wilmersdorfer ist Absolvent der Berliner Rap-New-School, was einmal mehr dröhnende Ballerbeats bedeutet, dazu trägt er Skibrille und zitiert Otto Waalkes. Humor hat er auf jeden Fall. Die Luft vor der Bühne am Kessel ist erfüllt von fliegenden Bierbechern, klatschenden Händen und leise zerplatzenden Seifenblasen. Langsam heizt es sich auf, das Modular 2023. 

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    Rapper TYM sieht aus, als wäre er gerade von seinem Job als Erschrecker in einem Freizeitpark auf die Bühne gekommen. Die Bässe dröhnen plump wie auf einer Ibiza-Party, und sobald die mal weg sind, passiert trotz Gitarrist und Pianist auf der Bühne nicht mehr viel. Die Songs enden zu abrupt, bevor irgendetwas in Fahrt kommen kann. Dem Auftritt fehlt wie den Raps des Stuttgarters der Flow. Die Modular-Crowd sieht das wohl ähnlich, vor der Bühne am Gaskessel ist deutlich weniger los als noch bei Ski Aggu. 

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    In Österreich lief einiges schief in den letzten Jahren, man denke nur an Straches Versuch, auf Ibiza einer vermeintlichen Oligarchentochter die österreichische Presselandschaft zu verkaufen. In Sachen Musik ist die Alpenrepublik dagegen verlässlich eine Bank. In die lange Tradition großartiger Popmusik reiht sich auch Verifiziert ein. Cloud Pop nennen sie ihren Sound, und das ist eine äußerst passende Bezeichnung, denn selbst über den energetischsten Songs liegt ein gedämpfter, melancholischer Wolkenschleier. Das erste Meer aus Feuerzeugen und Smartphone-Lampen vor der Bühne am Park sprechen eine deutliche Sprache. 

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    Alle wollen nur noch raus an die frische Luft und feiern: Die Stimmung beim Modular-Festival 2023 ist ausgelassen. Die Bilder des ersten Abends gibt es hier.

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    Die Bässe hallen im Körper nach, von den Texten der Sängerin Verifiziert versteht man im hinteren Teil des Platzes vor der Bühne längst nicht alles. Rebecca Witt und Karla Mehlich stört das nicht. Sie hätten zwar nur wenige Lieder mitbekommen, aber die seien gut gewesen, befinden die beiden. Von der Künstlerin Dilla sind die beiden Studentinnen sogar begeistert. Witt studiert in Marburg Psychologie und ist nur zu Besuch in Augsburg. Ob sie wegen bestimmter Acts zum Festival gekommen ist? „Ich habe mir das Line-up nur ein bisschen angeschaut und dann auf sie vertraut“, sagt die 20-Jährige und deutet auf Karla. Sie fügt hinzu: „Wegen ihr bin ich eigentlich hier.“ Mehlich kommt ursprünglich aus Ulm. Sie studiert in

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    Der DJ der 102 Boyz legt aus einer überdimensionierten Bierkiste Bässe auf, die den Schaum in den Plastikbechern am Bierstand nebenan in sich zusammenfallen lassen. Auf dem Kasten ist „Asozial Allstars“ gedruckt, und das ist angesichts des alkoholgeschwängerten Straßentraps der Posse eine gesunde Selbsteinschätzung. Die Boyz sind wohl die einzige Band, die auf dem nicht gerade für Enthaltsamkeit bekannten Splash-Festival Hausverbot erteilt bekamen. Die Menge liebt es trotzdem, vor allem die Männergruppen in Fußballtrikots, auf die mäßig witzige Spitznamen gedruckt sind, feiern die Songs der Band. Äußerst sozial sind die selbst ernannten Asozialen jedoch, als sie für einen medizinischen Notfall das Konzert unterbrechen, Wasserflaschen im Publikum verteilen und den Sanitäterinnen und Sanitätern mit den lautesten Applaus des Tages verschaffen. Chapeau. 

    $oho Bani wird auf dem Modular-Festival ordentlich abgefeiert

    Das Feld für den Headliner $oho Bani war bestellt. Hits hat der Berliner Rapper genügend im Gepäck, das Publikum war im Festivalfeeling angekommen, aber an Tag 1 noch frisch genug, um den Absolventen des John-Lennon-Gymnasiums in Mitte mit ordentlich Energie abzufeiern. Und neben den in dieser Szene gewohnten Wegbegleitern, die vielleicht musikalisch nichts können, aber als Anheizer auf der Bühne trotzdem dabei sind, hatte Bani noch einen Gitarristen im Gepäck, der höchst unvorhersehbar amtliche Rocksolis aus dem Ärmel schüttelte. Ein angemessener Abschluss des ersten Festivaltages auf der Hauptbühne. 

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    Bei Ennio wurde es zum Abschluss noch einmal richtig eng vor der Bühne. Niemand schien den Drang zu verspüren, nach diesem warmen und freudetrunkenen Festivaltag nach Hause zu gehen. Das Münchner Indie-Trio hat die Pixies verstanden und legt mit seinen eingängigen Popsongs nach dem mittlerweile schon traditionellen Rapfreitag die Weichen für das, was am Samstag und Sonntag noch kommen soll. Ein idealer Abschluss für einen guten Start in das Modular 2023. 

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