Zwei junge Männer werden sich in den nächsten Wochen und Monaten an Schaltkästen, Wänden Zigarettenautomaten zu schaffen machen. Ihre Mission: Sie müssen sogenannte „Tags“, Beschriftungen, wieder abputzen, die sie zuvor verbotenerweise angebracht haben. Dazu verpflichtet ein Urteil des Augsburger Amtsgerichts die 20- und 21-jährigen Angeklagten.
Hatte man zunächst gehofft, die Angelegenheit kurz und bündig aburteilen zu können, stand dem die Sorge des 20-Jährigen und seines Verteidigers Lennart Wolgast entgegen, nach einer Verurteilung am Strafgericht hohe Forderungen im fünfstelligen Wert auf zivilrechtlichem Wege wegen der Sachbeschädigungen zu erhalten. Fall für Fall wollte der Verteidiger vor Gericht zusammen mit den Experten der Polizei nachgewiesen sehen, dass eindeutig sein Mandant der Urheber sei. Also setzte das Gericht nach einer Auftaktverhandlung weitere Termine an. Ergebnis laut Moritz Bode, Verteidiger des 21-Jährigen: Von den anfangs angeklagten rund 90 Fällen blieben 51 Tags übrig. 41 davon wurden federführend dem 20-jährigen Arbeitslosen zugeordnet, zehn dem 21-jährigen Industriemechaniker. Die übrigen Fälle wurden „wegbeschränkt“. Für die nachgewiesenen Fälle legten die beiden Angeklagten alsdann Geständnisse ab.
Mehr als 30.000 Euro Schaden
Das Urteil von Richter Fabian Espenschied, das aus den Forderungen von Staatsanwaltschaft und der Verteidigung resultierte: Die Angeklagten wurden wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung in zehn und 41 Fällen schuldig gesprochen. Sie wurden angewiesen, am Projekt „EinWandFrei“ des Vereins „Die Brücke“ teilzunehmen und die Tags aus den verursachten Sachbeschädigungen binnen zwölf Monaten nach Rechtskraft des Urteils zu entfernen. Der Schaden der zunächst rund 90 in der Anklage aufgeführten Fälle liegt bei über 30.000 Euro.
Angeklagter erklärt, psychisch angeschlagen zu sein
Tags sind so etwas wie künstlerisch ausgearbeitete Unterschriften der Urheber. Der 21-Jährige hatte vor Gericht eingeräumt, in der Graffiti-Szene unterwegs gewesen zu sein. Zu den ihm zugerechneten Graffiti könne er konkret nichts sagen. Möglich, dass er beteiligt gewesen war, das aber nicht zwangsläufig. Manche Schriftzüge werden immer wieder von den Urhebern ebenso wie von Kollegen weiterbearbeitet. In einem Rechtsgespräch hatte Verteidiger Bode zunächst vergeblich versucht, eine Einstellung der Vorwürfe gegen seinen Mandanten gegen eine Geldauflage zu erreichen. Der 20-jährige Angeklagte hatte über seinen Verteidiger erklären lassen, psychisch angeschlagen zu sein, daher werde er sich zu den Vorwürfen nicht äußern.
Polizei fiel die auffällige Kleidung auf
Einer der rund ein Dutzend Beamte umfassenden Polizeieinheit, die sich mit Graffiti in Augsburg und Umgebung beschäftigt, hatte zunächst im Zeugenstand über die Ermittlungen berichtet. Darüber, wie man aufgrund der Aufnahme einer Überwachungskamera den 20-Jährigen anhand seiner auffälligen Kleidung habe identifizieren können. Über den 20-Jährigen sei man auch auf den 21-jährigen Angeklagten gestoßen. Bei beiden Heranwachsenden wurden Wohnungsdurchsuchungen vorgenommen, wobei man auf einschlägige Arbeitsmittel und oder Entwurfszeichnungen gestoßen sei. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.
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