Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Augsburg: Süchtigentreff: Wie sich die Parteien zum künftigen Standort positionieren

Augsburg

Süchtigentreff: Wie sich die Parteien zum künftigen Standort positionieren

    • |
    • |
    Der Süchtigentreff soll vom Oberhauser Bahnhof in die Nähe der Wertachbrücke umziehen – in die Räume von St. Johannes (in der Bildmitte).
    Der Süchtigentreff soll vom Oberhauser Bahnhof in die Nähe der Wertachbrücke umziehen – in die Räume von St. Johannes (in der Bildmitte). Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild)

    Es kommt nicht allzu häufig vor, dass im Allgemeinen Ausschuss des Stadtrats viel Publikum sitzt. An diesem Mittwochnachmittag ist das anders: Mehr als 20 Menschen haben am Rand Platz genommen, viele von ihnen tragen ein T-Shirt mit dem Spruch, dass man Oberhausen liebe. Der Zulauf ist kein Zufall: Es geht um die Frage, wo der Süchtigentreff künftig unterkommen soll – und damit um das Thema, das den Stadtteil seit Monaten wie kein anderes bewegt. Auch zwischen den Parteien wird klar: Der Klärungsbedarf ist noch groß.

    Anfang der Woche war das Ergebnis der Standortprüfung bekannt geworden, die die Stadt seit Wochen vorgenommen hatte. Sie kam zum Schluss, dass St. Johannes die Anforderungen als einziges von 18 geprüften Objekten „vollumfänglich“ erfüllt. Der SPD-Fraktion reichten die vorgelegten Informationen aber nicht aus, sie meldete noch vor Beginn der Diskussion im Ausschuss weiteren Beratungsbedarf an. SPD-Stadtrat Frederik Hintermayr begründete dies damit, dass beinahe täglich neue Argumente zu möglichen Standorten in die Diskussion kämen. Bei einem solch sensiblen Thema gehe „Genauigkeit vor Schnelligkeit“. Damit war ein Beschluss im Ausschuss vom Tisch, einer Abstimmung im Stadtrat Ende Juli steht dies aber grundsätzlich nicht im Weg. Dass Ende Juli eine endgültige Entscheidung fallen soll, darin waren sich alle Beteiligten einig. Schon jetzt zeichnet sich ab, wo Konfliktlinien verlaufen.

    Künftiger Standort des Süchtigentreffs beschäftigt den Stadtrat

    Er habe wohl nicht nur Fans im Raum, sagte Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU) mit Blick auf das Publikum und die Kritik, die ihm seit Bekanntwerden der Tendenz pro St. Johannes vor allem von Anwohnern entgegenschlägt. Er betonte aber erneut, der Zeitpunkt, zu einer Entscheidung zu kommen, sei „jetzt“. Angesichts der Situation am Helmut-Haller-Platz, wo der aktuelle Süchtigentreff „beTreff“ beheimatet ist und längst an Kapazitätsgrenzen stößt, gebe es „extreme Handlungsnotwendigkeit“. Man habe die Alternativ-Standorte intensiv geprüft, St. Johannes habe sich in der Gesamtbetrachtung als geeignetster Standort herausgestellt.

    Gerade am Umstand, dass eine Gesamtabwägung statt einer Gewichtung nach bestimmten Kriterien vorgenommen wurde, kam Kritik auf. Peter Hummel (Freie Wähler) monierte etwa, es entstehe der Eindruck, die elf aufgestellten Kriterien seien „gleichwertig“. Es gebe zum Beispiel einen großen Unterschied zwischen den Aspekten, ob ein Standort über Finanzierungsprogramme gefördert werden könne – oder ob Familien und Kinder sich in der Nähe aufhielten. Auch die Frage, wo die Suchtkranken ihre Drogen verstärkt konsumieren würden, wenn die Wahl auf St. Johannes fiele, sei in den vorliegenden Konzepten nicht ausreichend berücksichtigt. Dabei sei dies eine der zentralen Sorgen der Anwohner. Zudem müsse man die Erreichbarkeit für den Rettungsdienst genauer darlegen. Solange all dies nicht geklärt sei, könne er keine Zustimmung für St. Johannes geben – auch wenn er grundsätzlich Konzepte unterstütze, die Menschen in Notsituationen helfen.

    Stadt Augsburg verglich St. Johannes mit anderen Optionen

    Auch der SPD-Fraktion ging es – neben Erwägungen zur Zukunft des Helmut-Haller-Platzes – um die Zugänglichkeit für den Rettungsdienst sowie die Frage des öffentlichen Konsums. Stadtrat Hintermayr verwies dabei auf eine Stellungnahme von Alkomiet Hasan, Ärztlicher Direktor am Bezirkskrankenhaus (BKH). Demnach seien neben – bislang nicht erlaubten – Drogenkonsumräumen auch sogenannte „Spritzenautomaten“ wichtig, damit ein Konzept effektiv sein könnte. Pintsch erklärte, solche Automaten, an denen frische gegen gebrauchte Spritzen ausgetauscht werden können, sollten installiert werden. Zudem solle es Abwurfbehälter sowie Reinigungsteams und -intervalle geben.

    Konsum komplett aus dem öffentlichen Raum zu bekommen, ist laut Pintsch aber unrealistisch – zumal in Bayern Drogenkonsumräume nach wie vor verboten seien. „Es geht um eine Entlastung des öffentlichen Raums“, sagte er. Für den Rettungsdienst sei St. Johannes Stand jetzt gut erreichbar, man werde diesbezüglich aber noch mal Rettungsdienste um eine gesonderte Einschätzung bitten. Grundsätzlich gehe man davon aus, dass der Süchtigentreff wie bisher von 90 bis 120 Suchtkranken genutzt würde. Man werde die Öffnungszeiten ausweiten, Stand jetzt von 9 bis 20 Uhr, sieben Tage die Woche. Beate Schabert-Zeidler (Pro Augsburg) sagte, dies sei auch elementar, um die Situation möglichst zu entspannen. Friedrich Baur (AfD) lehnt die Lösung St. Johannes grundsätzlich ab, er betonte, man könne dies nicht gegen den Willen der Anwohner beschließen.

    Freie Wähler

    telefoniert mit OB Eva Weber (CSU)

    Rückenwind bekam Pintsch aus den eigenen CSU-Reihen, aber auch vom Koalitionspartner. Stefan Wagner (Grüne) sagte, er halte die Standort-Überprüfung für seriös, zumal auch Anregungen aus der Bevölkerung eingeflossen seien. Den Vorwurf, die Stadtverwaltung habe die Bürgerbeteiligung nur als „Alibi“ vorgeschoben, teile er nicht. Man trage das von Pintsch vorgelegte Konzept zu St. Johannes grundsätzlich mit, auch wenn man beim vorgesehen „Umfeldmanagement“ noch „das eine oder andere Problemchen“ konstatiere. So sehe man etwa ein Dienstzimmer, das durchgehend vom Ordnungsdienst besetzt werden soll, kritisch.

    Zuletzt hatte sich auch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) in die Diskussion eingeklinkt. Er war von Geschäftstreibenden aus Oberhausen darum gebeten worden, bei der Stadtspitze auf ihre Sorgen aufmerksam zu machen. Insbesondere ging es um eine geplante Umgestaltung des Areals des Modehauses Jung. Nach Auskunft des Wirtschaftsministeriums hat Aiwanger inzwischen ein Gespräch mit OB Eva Weber (CSU) geführt. Dabei habe er Verständnis für die Süchtigen und notwendige Hilfsangebote zum Ausdruck gebracht, aber auch auf die geplanten Millionen-Investitionen sowie zu erhaltende Arbeitsplätze hingewiesen. Aiwanger erkenne allerdings an, dass es sich um eine kommunale Entscheidung handle. 

    Diskutieren Sie mit
    3 Kommentare
    Robert Miehle-Huang

    >>Die Entscheidung soll Ende Juni fallen.<< Heute haben wir, lassen Sie mich kurz überlegen, den 4. Juli. Oder ist Ende Juni 2015 gemeint?

    |
    Redaktion Augsburger Allgemeine

    Wo sehen Sie "Ende Juni"? Im Teaser steht, "Ende Juli".

    Robert Miehle-Huang

    Ja, jetzt. Vorhin nicht. Ist den Autoren wohl noch rechtzeitig aufgefallen.

    Um Kommentieren zu können müssen Sie angemeldet sein

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden