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Augsburg: In Augsburg herrscht Streit über das Tempo beim Klimaschutz

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In Augsburg herrscht Streit über das Tempo beim Klimaschutz

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    Die Stadt will den Ausstoß an Kohlendioxid drastisch reduzieren.
    Die Stadt will den Ausstoß an Kohlendioxid drastisch reduzieren. Foto: Anne Wall (Archivbild)

    Die Stadt möchte angesichts zu erwartender weitreichender Maßnahmen beim Klimaschutz das Gespräch mit den Bürgern und Bürgerinnen suchen. Im Mai soll ein Workshop mit 30 zufällig ausgewählten Bürgern und Bürgerinnen aus der gesamten Bürgerschaft stattfinden. "Sie werden per Zufallsprinzip ausgewählt. Es geht darum, nicht immer die gleichen Leute an einen Tisch zu holen, sondern auch Leute, die dem Thema nicht so nahestehen", so Umweltreferent Reiner Erben (Grüne). Die Stadt hatte im November eine Klimastudie vorgelegt, in der es darum ging, wie der CO2-Ausstoß möglichst rasch gesenkt werden kann. Teils werden darin massive Maßnahmen wie ein Umbruch bei der Wärmeversorgung der Augsburger Haushalte weg vom Erdgas oder eine Reduktion des Autoverkehrs mit Verbrennungsmotor um 50 Prozent bis 2040 vorgeschlagen. Konkret beschlossen sind sie noch nicht - das soll in einem Klimaschutzprogramm passieren, das dem Stadtrat im Juli vorgelegt werden soll.

    Wie konkret das Klimaschutzprogramm wird, ist aber noch offen. Die Stadt wird bis zum Sommer etwa nicht im Detail wissen, wie die Wärmeversorgung künftig CO2-neutral sichergestellt werden kann. Eine Überlegung ist, die Fernwärme auszubauen und das Gasnetz zurückzubauen - verbunden wäre das mit erheblichen Auswirkungen auf Haushalte, die ihre Heizungsanlagen wechseln müssten. Das müsste in einen langfristigen Fahrplan übersetzt werden. Erben sagt, es gehe darum, an die "großen Hebel" wie Wärme, Sanierung, Ausbau der erneuerbaren Energien und die Mobilität heranzugehen. "Es ist nicht unsere Absicht, den Klimaschutz auf den Einzelnen abzuladen." Gleichwohl werde es im Klimaschutzprogramm auch darum gehen müssen, bei den Bürgern und Bürgerinnen für Maßnahmen zu werben. "Ohne ein Bewusstsein dafür helfen diese Hebel nichts", so Erben.

    Umwelt- und Klimaschutzverbände kritisieren die Stadt Augsburg

    Von Umwelt- und Klimaschutzverbänden gibt es teils Kritik am städtischen Vorgehen - vor allem, dass es zu langsam sei. Denn das Restbudget von 9,7 Millionen Tonnen CO2, das der Stadt rechnerisch noch bleibt (gemessen am Anteil an der Weltbevölkerung), bevor die 1,5-Grad-Grenze überschritten ist, wird nicht einmal bis 2030 halten. Schon jetzt ist die 9,7-Millionen-Tonnen-Rechnung nicht mehr aktuell, weil sie zwei Jahre alt ist und aktuell zwischen 1,5 und zwei Millionen Tonnen CO2 pro Jahr produziert werden. Auch die Studie kommt zum Ergebnis, dass die 9,7 Millionen Tonnen nicht mehr realistisch sind, sondern fokussiert sich auf ein Budget von 20 Millionen Tonnen, was einer 2-Grad-Grenze entspricht. Auch dafür sind aber Anstrengungen nötig, die über das Bisherige weit hinausgehen.

    "Es ist keine gute Idee, Maßnahmen in die Zukunft zu schieben. Die großen Einsparungen müssen jetzt stattfinden, um später Spielraum zu haben", so Alexander Mai von der Fridays-for-Future-Bewegung bei einer Anhörung im Umweltausschuss des Stadtrats vergangene Woche. Die 1,5-Grad-Grenze dürfe nur in möglichst geringem Maß überschritten werden. Auch vom Forum Augsburg lebenswert kam Kritik. Die Stadt verschleppe etwa die Neuregelung der Stellplatzsatzung mit mehr Radstellplätzen zulasten von Autostellplätzen, so Vorsitzender Arne Schäffler. Es sei nachvollziehbar, dass man für manche Dinge Vorlauf brauche. Gleichzeitig verschlafe die Stadt Maßnahmen, die sofort und mit wenig Geld umsetzbar wären. Ein Beispiel sei Haunstetten Südwest. "Das wird als Modellquartier verkauft, aber wenn man fragt, mit welchen Baustoffen da gebaut werden soll, herrscht Schweigen im Wald. Andere Städte machen klare Vorgaben, was Holzbau betrifft", so Schäffler. Josef Hochhuber von der Lokalen Agenda warnte wiederum vor Schnellschüssen, um Aktivität zu demonstrieren, ohne dass gut genug überlegt wurde, was wirklich etwas bringt. "Die Politik macht ja meist erst einmal nichts, dann passiert eine Katastrophe und es bricht Aktionismus aus." Im besten Fall führe das zu hohen Kosten, im schlimmsten Fall zu teuren Fehlentscheidungen. "Man braucht schlüssige Konzepte, die vom Ziel her gedacht sind." Dabei gehe es dann um jahrzehntelange Zeiträume - umso klarer sei, dass man aber schnell anfangen müsse.

    Endhaltestellen mit Solardächern ausstatten

    Aus der Politik kamen bereits erste Anträge, was Inhalte des Klimaschutzprogramms betrifft. CSU und Grüne wollen nun etwa geprüft haben, ob Parkplätze oder Endhaltestellen mit Solarmodulen überbaut werden könnten. Auch auf private Firmen mit entsprechenden Flächen soll zugegangen werden. Zuvor hatte die Bürgerliche Mitte ähnliche Überlegungen geäußert. Aus der Sozialfraktion kam unter anderem die Forderung, ein 365-Euro-Abo einzuführen. Die Stadt hatte bereits im Winter ein Paket zum Klimaschutz vorgelegt, etwa ein Beschleunigungsprogramm für den Nahverkehr. Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Anträgen, allerdings mit höchst unterschiedlicher Tragweite.

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