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Augsburg: Statt der Israel-Fahne kommt in Augsburg ein Banner ans Verwaltungsgebäude

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Statt der Israel-Fahne kommt in Augsburg ein Banner ans Verwaltungsgebäude

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    Die Israel-Fahne wird nach dem Volkstrauertag am kommenden Sonntag durch Friedensstadt-Fahnen ersetzt.
    Die Israel-Fahne wird nach dem Volkstrauertag am kommenden Sonntag durch Friedensstadt-Fahnen ersetzt. Foto: Silvio Wyszengrad

    Die Stadt Augsburg wird, wenn die Israel- und Ukraine-Fahne auf dem Rathausplatz am kommenden Sonntag dauerhaft abgenommen werden, zusätzlich zu den geplanten Friedensstadt-Flaggen zügig ein großes Banner am Verwaltungsgebäude anbringen. Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) erklärte am Donnerstag, sie stehe nach wie vor zu ihrer Entscheidung, die Nationalfahnen abzunehmen und stattdessen den Fokus auf aktive Bemühungen zum friedlichen Zusammenleben zu lenken

    Ganz ohne Symbolik geht es nun aber nicht: Es seien jetzt andere Gesten notwendig, vor allem, um ein Zeichen gegen Antisemitismus zu setzen, so Weber. Unter anderem hatte es Kritik vom israelischen Konsulat und dem Zentralrat der Juden am Entfernen der Fahne gegeben. Die Stadt plant nun ein Banner in Größe des im Sommer abgenommenen Ukraine-Transparents am Verwaltungsgebäude, das Bezug auf jüdisches Leben in Augsburg und Antisemitismus nehmen soll. 

    Eine dritte Schändung der Fahne sollte es nicht geben

    Die Stadt hatte nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel vor einem guten Monat als Zeichen der Solidarität eine Israel-Fahne auf dem Rathausplatz aufgezogen, die zweimal heruntergerissen wurde. In einem Fall wurden die mutmaßlichen Täter, die die Tat filmten und versuchten, die Fahne anzuzünden, ermittelt. Das Video von dem Angriff wurde bundesweit über die sozialen Medien weiterverbreitet. Die Stadt beschloss in der Folge, die Flagge jeden Abend einzuholen, um sie vor weiteren Attacken zu schützen. Schon diese Entscheidung sorgte teils für Kritik und wurde als Einknicken bezeichnet.

    Die Israelitische Kultusgemeinde war damit aber einverstanden gewesen, weil eine dritte Schändung der Fahne unbedingt verhindert werden sollte. Die vergangene Woche von der Stadt verkündete Entscheidung, die israelische Fahne ganz einzuholen, zog weitere Kritik auf sich. Unter anderem sagte Josef Schuster, Vorsitzender des Zentralrats der Juden, dass "jede einzelne Israel-Flagge auf öffentlichen Plätzen ein klarer Ausdruck des Gedenkens an die Opfer des 7. Oktober und der Solidarität mit der einzigen Demokratie im Nahen Osten" sei.

    Telefonat zwischen Augsburger OB Weber und Zentralrats-Vorsitzendem Schuster

    Zwischen Weber und Schuster gab es am Mittwochabend ein Telefongespräch. Weber betonte darin, dass es nicht um ein Einknicken vor Straftätern ging. Das Telefonat sorgte offenbar für eine versöhnlichere Stimmung. Seitens des Zentralrats der Juden hieß es am Donnerstag aber, dass die grundsätzliche Aussage Schusters zur Bedeutung von Israel-Flaggen in der deutschen Öffentlichkeit weiterhin gelte, unabhängig davon, aus welchem Grund eine Fahne abgenommen werde. Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) in Augsburg hatte sich mit dem Abnehmen der Flagge einverstanden gezeigt.

    Weber und Hermann Bredl, der Antisemitismusbeauftragte der IKG, erklärten am Donnerstag eine Stunde lang, welche Überlegungen hinter dem abgestimmten Vorgehen stecken. Weber sagte, die Israel-Fahne sei in den Wochen nach dem Terrorangriff der Hamas ein unabdingbares Zeichen gewesen. Es habe sich um einen brutalen Terrorangriff gehandelt. Inzwischen habe sich der Umfang der Diskussion geweitet. "Wir sehen, dass sich der Antisemitismus mitten in unserer Gesellschaft festgebissen hat", so Weber. Das Aufhängen einer Israel-Fahne ändere daran nichts. "Es geht darum, gemeinsam gegen Antisemitismus und andere gruppenfeindliche Tendenzen aufzustehen, Brücken zu bauen", so Weber. Das sei gerade in einer Stadt, in der 50 Prozent der Bürger eine Migrationsgeschichte haben, wichtig. Weber verwies auf eine Reihe von Bemühungen der Stadt, Rassismus und Antisemitismus zu bekämpfen. Sie gebe es schon seit Jahren und sie würden aktuell verstärkt.

    Sprecher der Israelitischen Kultusgemeinde: "Wir haben darauf keine fertige Antwort"

    IKG-Sprecher Bredl, der den wegen einer familiär bedingten Reise verhinderten Präsidenten Alexander Mazo vertrat, betonte, die Stadt habe alle Schritte mit der Kultusgemeinde abgesprochen. Der Terrorangriff habe eine traumatisierende Wirkung gehabt, doch die Teilnahmslosigkeit der deutschen Gesellschaft sei für viele hier lebende Juden auch verstörend. "Es ist in der deutschen Gesellschaft nicht angekommen, dass das ein kalkulierter Angriff gegen den einzigen demokratischen Staat in dieser Region war", so Bredl. Wie man mit all dem umgehen solle, wisse man nicht. "Wir haben darauf keine fertige Antwort." Insofern müsse man die Form von Symbolen ständig überdenken. "Es geht bei dieser Diskussion nicht darum, dass man eine Fahne wegmacht", so Bredl. Die Frage sei, wie man eine Form finde, dem "Angriff auf einen demokratischen Staat und auf Familien, die nicht wissen, was aus ihren Kindern geworden ist", gegenüberzutreten. "Es geht darum, etwas zu finden, was von uns allen mitgetragen wird und was in dieser Gesellschaft mehr ins Bewusstsein dringt als Fahnen", so Bredl. Die Situation in Israel und dem Gaza-Streifen sei "schrecklich". Er hoffe auf eine Perspektive für die palästinensische Zivilbevölkerung und müsse gleichzeitig an die jungen Israelis denken, die zum Militärdienst eingezogen wurden.

    Wann das Banner aufgehängt wird, ist noch nicht klar. Es soll ohne Flaggen-Symbolik das friedliche Zusammenleben in Augsburg zum Inhalt haben und jüdisches Leben und Antisemitismus thematisieren. Das Motto "Nie wieder' ist jetzt" soll Bestandteil des Banners sein. Es entstand in Anlehnung an das Versprechen "Nie wieder", das sich die Bundesrepublik in Abgrenzung an das NS-Regime und den Holocaust gegeben hatte.

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