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Augsburg: Stadt behält Klimacamp im Blick: "Aktivitäten sehr stark zurückgegangen"

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Stadt behält Klimacamp im Blick: "Aktivitäten sehr stark zurückgegangen"

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    Das Klimacamp auf dem Fischmarkt zwischen Rathaus und Perlachturm (im Hintergrund der Eingang zur Kirche St. Peter).
    Das Klimacamp auf dem Fischmarkt zwischen Rathaus und Perlachturm (im Hintergrund der Eingang zur Kirche St. Peter). Foto: Annette Zoepf

    Die Stadt Augsburg geht drei Jahre nach dem Start des Klimacamps neben dem Rathaus weiterhin davon aus, dass es sich um eine Versammlung handele, stellt aber auch fest, "dass aktuell nur noch sehr wenige Personen vor Ort sind und die inhaltlichen Aktivitäten sehr stark zurückgegangen sind". Insofern, so Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU) auf Anfrage unserer Redaktion, sei aktuell "noch" von einer Versammlung auszugehen, man behalte die Situation aber im Auge. "Sollte die Versammlungseigenschaft in der Zukunft wegfallen, wird die Stadt

    Das Klimacamp beschäftigt die Stadt inzwischen seit drei Jahren. Sie war vor Gericht in einem ersten Anlauf, das Klimacamp zu beseitigen, gescheitert, weil die Versammlungseigenschaft nach Ansicht des Gerichts in den ersten Tagen – darauf bezog sich der städtische Räumungsbescheid konkret – gegeben war. Das Gerichtsurteil bezog sich auf die ersten Tage des Klimacamps im Sommer 2020. Nach dem Urteil vor etwa eineinhalb Jahren hielt die Stadt die regelmäßige Kontrolle des Camps aufrecht, unternahm aber keine erneuten Schritte mehr für eine Räumung. Unter anderem müssen jederzeit mindestens zwei Personen im Klimacamp anwesend sein, damit die Versammlungseigenschaft erfüllt ist.

    Augsburger Klimacamp: Nur eine schlafende Person vor Ort

    Zuletzt hatte Rentner Kurt Späth, der regelmäßig eine Art Ein-Mann-Kundgebung gegen das Klimacamp abhält und mehrmals pro Woche am Fischmarkt präsent ist, gesagt, dass das Camp nach seiner Beobachtung teils nicht ausreichend besetzt sei. Kürzlich habe er lediglich eine schlafende Person im Camp angetroffen, die Ablösung sei eine halbe Stunde später gekommen, so Späth, der die Stadt zum Handeln aufruft. Wenn die Vorgaben nicht eingehalten seien, müsse das Klimacamp weg. Stadt und Polizei kontrollieren nach eigener Auskunft regelmäßig und zu verschiedenen Uhrzeiten, um ein objektives Bild zu gewinnen. Bei allen Überlegungen müsse man dem hohen Stellenwert der Versammlungsfreiheit Rechnung tragen, die auch vom Gericht betont wurde, so Pintsch.

    Klimacamp-Mitiniator Ingo Blechschmidt entgegnet, dass es im Camp selber tatsächlich weniger Aktionen gebe. "Wir haben nicht mehr das Programm wie im ersten Campsommer, als an jedem Abend Wissenschaftler Vorträge hielten oder es andere Aktionen gab." Gleichzeitig verweist Blechschmidt darauf, dass die Schlagzahl an Aktionen in der Stadt hoch ist. Zuletzt gab es seitens des Camps Aktionen vor der Stadtsparkasse und bei der Deutschen Bank sowie eine Kundgebung in der Maximilianstraße anlässlich des Endes des Fußgängerzonenversuchs. Am kommenden Samstag planten die Aktivisten begleitend zum Plärrerumzug eine Kletteraktion in der Fuggerstraße zum Erhalt der dortigen Bäume. Man wolle Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der sich ja auch für kommunalpolitische Fragestellungen interessiere und sich als Baumfreund inszeniere, mit einem Transparent an den Fahnenmasten vor dem Patrizia-Gebäude auf das Problem aufmerksam machen. Die Versammlungsbehörde untersagte die Protestform am Donnerstag.

    Kurt Späth hält das Klimacamp für einen Schandfleck und fordert die Auflösung, mit den Aktivisten diskutiert er aber gerne.
    Kurt Späth hält das Klimacamp für einen Schandfleck und fordert die Auflösung, mit den Aktivisten diskutiert er aber gerne. Foto: Annette Zoepf

    Späth will das Klimacamp als "Schandfleck" grundsätzlich weghaben, in einem Punkt gibt es jetzt aber eine erstaunliche Allianz. Bei einer Klimacampsitzung, zu der sich Späth am Samstag als Beobachter dazugesellte, ergriff er das Wort – pro Bäume in der Fuggerstraße. Zumindest beim Thema Fuggerstraße sei er mit dem Klimacamp einer Meinung, sonst aber nicht, so Späth, der offenbar selbst die Idee für eine Kundgebung in der Fuggerstraße ins Spiel brachte. Der Zustand in der Fuggerstraße sei "ein Trauerspiel", man müsse jetzt vor der Landtagswahl politischen Druck machen, nachdem zehn Jahre Untätigkeit herrschte, so Späth. Wenn sich das Klimacamp nun Gedanken über eine erlaubte Demoform mache, werde er am Samstag mit dabei sein. "Aber es geht wirklich nur um diesen einen Punkt mit der Fuggerstraße", betont Späth. 

    Klimacamp: Öffentlicher Vorbereitungsort für Kundgebungen

    Blechschmidt sagt, man schätze Späth als ausdauernden Gegendemonstranten, auch wenn man häufig nicht einer Meinung sei. All die externen Kundgebungen hätten ihren Ursprung im Klimacamp, so Blechschmidt. Dort bereite man die Kundgebungen vor, die Öffentlichkeit sei dazu eingeladen. "Klar könnten wir das auch im Keller vorbereiten, aber im Klimacamp haben diese Sitzungen einen öffentlichen Charakter und können auf die öffentliche Meinung wirken", so Blechschmidt. Zudem sei das Klimacamp, in dem Aktivisten schichtweise rund um die Uhr ausharren, eine Botschaft an sich an die Stadt. Aktuell habe man auch keine Probleme, die Schichten im Camp zu besetzen. 

    Allerdings hat sich die Zusammensetzung der Aktivisten geändert. Inzwischen sind dort viele Jugendliche, teils aus der Punkszene, präsent. Späth sagt, der studentische Teil des Klimacamps habe sich im Winter zurückgezogen, stattdessen seien dort teils Jugendliche eingezogen, die sonst keinen sozialen Anlaufpunkt haben und gewisse Probleme im Rucksack mittragen. Wer im Camp aus Überzeugung ein paarmal im Monat übernachte, solle das tun. Beim Rest spiele der Klimaschutz aber wohl keine Rolle. "Übers Klima kann man mit manchen der Jugendlichen jedenfalls nicht sprechen, weil sie davon keine Ahnung haben", so Späths Beobachtung. Es sei "menschenunwürdig", wenn man dort länger als nur ein paar Nächte im Monat leben müsse. 

    Blechschmidt sagt, dass sich die Gruppe der Aktivisten in den vergangenen drei Jahren immer wieder verändert habe. Aktuell handle es sich wieder eher um jüngere Menschen, die sich mit der Thematik aber auch gut auskennen würden. "Ich werde wahrscheinlich eher als jemand wahrgenommen, mit dem man sich wissenschaftlich auseinandersetzen und über Statistiken diskutieren kann", so der promovierte Mathematiker. "Den jungen Teilnehmern traut man das vielleicht nicht so zu, aber sie sind in der Materie drin. Und sie haben politische Standpunkte. Jede Statistik zu kennen, ist vielleicht auch nicht die Rolle der Jugend." 

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