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Augsburg: Stadt will Tarife im Nahverkehr reformieren - schon wieder

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Stadt will Tarife im Nahverkehr reformieren - schon wieder

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    Die Tarifreform der Stadtwerke vor eineinhalb Jahren ist bis heute umstritten. Nun sollen Nachbesserungen kommen, von denen die Fahrgäste profitieren. Die Frage ist nur, wie das bezahlt werden soll.
    Die Tarifreform der Stadtwerke vor eineinhalb Jahren ist bis heute umstritten. Nun sollen Nachbesserungen kommen, von denen die Fahrgäste profitieren. Die Frage ist nur, wie das bezahlt werden soll. Foto: Silvio Wyszengrad

    Eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten der umstrittenen Tarifreform im Nahverkehr haben die Stadtwerke eine Bilanz des ersten Jahres gezogen. Derzeit gehen sie von einem Fahrgastzuwachs von 0,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr aus. 2018 nutzten 62,4 Millionen Fahrgäste Busse und Trams. Bei den Abos stieg die Zahl der Fahrgäste um zehn Prozent, das sind absolut 1,9 Millionen Personen. Im Bartarif sank sie um elf Prozent (973.000 Personen). Jetzt soll es wieder Änderungen geben.

    Der Zuwachs ist im Vergleich zu den Vorjahren – es gab Steigerungen von teils über drei Prozent – relativ wenig, allerdings liegt Augsburg im Trend: Bundesweit sank der Zuwachs 2018 auf 0,6 Prozent, was auch am Bilderbuchsommer gelegen haben dürfte. Insgesamt, so Stadtwerkesprecher Jürgen Fergg, stimme die Entwicklung mit der Zielrichtung der Tarifreform überein.

    Nahverkehr in Augsburg: Günstiges Abo, teurere Einzelfahrten

    Hauptziel war, mehr Fahrgäste zu Abonnenten zu machen. Allerdings, so eine politische Vorgabe von Stadt und Landkreisen, sollte der Zuschussbedarf für den Nahverkehr nicht steigen. Es wurde ein günstiges 9-Uhr-Abo (30 Euro pro Monat) eingeführt, für Gelegenheitsfahrgäste gab es teils Verschlechterungen. Die bisherige Unterteilung der Stadt in die Zonen 10 und 20 wurde für Nutzer von Einzelfahrscheinen und Streifenkarten aufgehoben – ein Teil zahlt nun das Doppelte. Die Folge: massive Proteste.

    Nachdem die Kommunalpolitik die Reform (mit Ausnahme der SPD, die dagegen gestimmt hatte) anfänglich verteidigte, zeichnet sich nun ein Umsteuern ab. Bürgermeisterin Eva Weber (CSU) kündigte – kurz nachdem sie im Frühjahr ihre Kandidatur fürs OB-Amt bekannt gab – an, zügig einen Gutachter mit Verbesserungsvorschlägen zu beauftragen. Die Verwaltung schreibe den Auftrag aktuell aus, so das Wirtschaftsreferat. Ziel sei, ein Gutachten zu haben, das gezielt auf die Bedürfnisse der Nahverkehrs-Nutzer im Stadtgebiet eingeht, so Weber. „Auch wenn die Zahlen eine andere Sprache sprechen, zeigt die anhaltende Diskussion deutlich, dass die Bürger Änderungsbedarf sehen.“ Für den ganzen Verkehrsverbund soll im Jahr 2020 eine Bewertung vorgenommen werden. Bis dahin möchte die Stadt ihre Vorschläge in der Tasche haben.

    Vom Freistaat kommen vier Millionen Euro jährlich

    Finanziert werden sollen Verbesserungen über Zuschüsse vom Freistaat. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verkündete unlängst, dass in Anlehnung an den 35-Millionen-Zuschuss für den Münchner Verkehrsverbund auch die anderen Verbünde mit insgesamt 25 Millionen Euro pro Jahr für fünf Jahre rechnen können. Nach Fahrgastaufkommen entfallen vier Millionen Euro jährlich auf den AVV. Wie das Geld aufgeteilt und eingesetzt wird, müsse im AVV besprochen werden, so Weber. Anfang Juli findet die nächste Sitzung statt.

    Ein Teilbetrag dürfte in die Finanzierung der City-Zone fließen, die zum Jahreswechsel kommen soll. Die Stadtwerke möchten die Nutzung des Nahverkehrs in der Kerninnenstadt (in einer Zone jeweils eine Haltestelle um Königsplatz/Moritzplatz) gratis freigeben. Offiziell wird die Maßnahme mit Luftreinhaltung begründet, faktisch dürfte eine Rolle spielen, dass so Härten der Tarifreform für Gelegenheitsfahrer ausgebügelt werden.

    City-Zone in Augsburg soll zum Jahreswechsel kommen

    Denn die City-Zone plus Kurzstrecke (fünf Haltestellen inklusive Einstiegshaltstelle) entspricht weitgehend der früheren Preisstufe 1, wenn man den Kö als Fahrtziel hat. Die Stadtwerke kalkulieren, nachdem anfangs Zahlen zwischen 400.000 und 900.000 Euro in Umlauf waren, nun mit 650.000 Euro Einnahmeverlusten jährlich. Auch dies muss im AVV besprochen werden.

    Für andere Maßnahmen wurden schon Berechnungen angestellt: Eine Verlängerung der Kurzstrecke, die Gelegenheitsfahrern entgegenkäme, würde im Stadtgebiet mindestens zwei Millionen Euro jährlich kosten. Das 365-Euro-Abo ohne 9-Uhr-Sperrzeit würde Einnahmeverluste von 12,5 Millionen Euro bedeuten. Absehbar sind kleine Änderungen, die wohl zum 1. August in Kraft treten werden. Die Wochenkarte soll wieder eingeführt werden. Zudem müssen Abonnenten, wenn sie in der Stadt unterwegs sind und über den Geltungsbereich ihres Abos hinausfahren, künftig nur noch einen statt zwei Streifen stempeln. In einigen Stadtteilen wird die Kurzstreckenregelung so aufgeweicht, dass das nächste Stadtteilzentrum mit Geschäften erreichbar ist. Konkret geht es um den Bärenkeller, Bergheim, Inningen, Firnhaberau und Hochzoll-Süd. Die Kosten dürften bei 530.000 Euro liegen.

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