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Augsburg: Stadt erlässt Betretungsverbot gegen einen Klimacamp-Aktivisten

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Stadt erlässt Betretungsverbot gegen einen Klimacamp-Aktivisten

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    Das Klimacamp neben dem Rathaus in Augsburg wird im Juni vier Jahre alt.
    Das Klimacamp neben dem Rathaus in Augsburg wird im Juni vier Jahre alt. Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild)

    Ein 20-jähriger Aktivist des Klimacamps hat in einem privaten Chat mit einer Verwandten offenbar heftige Bedrohungen gegen Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) fallen lassen. Dabei handelte es sich wohl um brutale Gewalt- und Todesszenarien, die bei Polizei und Stadt die Alarmglocken schrillen ließen. Inzwischen gibt es gegen den Mann ein Kontaktverbot mit der Oberbürgermeisterin und ein Betretungsverbot für Rathaus, Verwaltungsgebäude und auch den Fischmarkt, wo das Klimacamp sitzt, aber auch der Nachteingang zum Rathaus liegt. Zudem darf der Mann keine gefährlichen Gegenstände in der Öffentlichkeit mit sich führen. Das Klimacamp distanzierte sich "in aller Deutlichkeit und mit Nachdruck" von den Drohungen.

    Augsburger Klimacamp distanziert sich

    So erklärte Mitinitiator Ingo Blechschmidt auf Anfrage, dass es klarer Konsens sei, dass Gewalt kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sei. Man kritisiere einzelne Politiker, darunter oft genug auch Weber, weil sie nun einmal in der Verantwortung stehen. Gewalt sei aber tabu. "Und wer glaubt, dass die Klimakrise am Handeln einzelner Politiker liegt, hat nicht verstanden, dass es eine Frage der ganzen Gesellschaft ist", so Blechschmidt. Anwältin Martina Sulzberger, die den verdächtigen Aktivisten vertritt, sagte auf Anfrage, sie gehe für ihren Mandanten derzeit gegen den Bescheid vor, der etwa ein Betretungsverbot für den Fischmarkt vorsehe und damit faktisch auch eine Teilnahme an der Klimacamp-Demo untersagt. Somit wird das Verwaltungsgericht in Augsburg die Rechtmäßigkeit überprüfen. Nach Angaben von Sulzberger gelten die Verbote bis ins Jahr 2027. "Die Gefahrenprognose ist falsch, das Betretungsverbot nicht verhältnismäßig", sagt die Anwältin. Nach Auskunft von Sulzberger liege der fragliche Chat auch bereits eine Weile zurück.

    Keine Ermittlungen gegen den 20-Jährigen

    Die Polizei bestätigte auf Anfrage, dass ein 20-jähriger Mann gegenüber Dritten Drohungen ausgesprochen haben soll, "die sich gegen Frau Oberbürgermeisterin Weber richten". Aufgrund dessen sei die Polizei im Zuge der sogenannten Gefahrenabwehr tätig und bearbeite aktuell den Sachverhalt. Indes: Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts einer Straftat gebe es gegen den 20-Jährigen nicht. Auf Antrag der Kriminalpolizei Augsburg habe das Amtsgericht Augsburg auf Grundlage des Polizeiaufgabengesetzes einen Durchsuchungsbeschluss mit der Zielrichtung Gefahrenabwehr erlassen; die Wohnung des 20-Jährigen sei daraufhin durchsucht worden. "Wie in solchen Fällen üblich, wurde dabei unter anderem ein entsprechendes Gespräch mit 20-Jährigen durchgeführt und ihm ein polizeiliches Kontaktverbot ausgesprochen", so ein Sprecher des Präsidiums.

    Besucher dürfen nicht mehr unbegleitet ins Verwaltungsgebäude

    Öffentlich bekannt wurde der Vorfall am Rande des Ordnungsausschusses des Stadtrats am Montag. Ordnungsamts-Leiter Andreas Bleymaier schnitt die Durchsuchung kurz vor Ostern im Rahmen eines Berichts zum Demonstrationsgeschehen in Augsburg an. Wie berichtet will die Stadt ihren Pförtnerdienst an städtischen Gebäuden ohnehin weiter ausbauen. Dem Vernehmen nach als Reaktion auf den konkreten Vorfall dürfen sich Besucher im Verwaltungsgebäude I am Rathausplatz neuerdings nicht mehr unbegleitet bewegen, sondern werden an der Pforte abgeholt, um Mitarbeiter allgemein zu schützen. 

    Ist das Klimacamp noch eine Demonstration?

    Was das Klimacamp grundsätzlich betrifft, kamen mehrere Fragen von Stadträten zu dessen Eigenschaft als Versammlung. Die Stadt hatte versucht, das Protestcamp in der Vergangenheit zu räumen, scheiterte damit aber vor Gericht. Der Verwaltungsgerichtshof sah im Camp eine grundgesetzlich geschützte Dauerdemo, legte seiner Entscheidung aber die Aktivitäten der ersten Tage im Sommer 2020 zugrunde, auf die die Stadt im Räumungsbescheid Bezug genommen hatte. CSU und SPD deuteten an, man könne sich durchaus die Frage stellen, ob das Camp aktuell noch die Voraussetzungen für eine Versammlung erfülle. AfD-Rat Friedrich Baur sagte, es sei offensichtlich, dass das Camp keine Versammlung mehr sei. "Es steht aber unter dem Schutz der Grünen und das Ordnungsamt traut sich nicht, dagegen vorzugehen." Grünen-Rat Stefan Wagner wies das zurück. "Der Verwaltungsgerichtshof hat Anforderungen formuliert, und die erfüllt das Klimacamp." 

    Mindestens einmal täglich Kontrollen

    Ordnungsamts-Chef Bleymaier sagte, die Zahl der Teilnehmer habe sich gegenüber den Anfangszeiten deutlich verringert. Aktuell werde das Camp mindestens einmal vom Ordnungsdienst kontrolliert, ob dort die für eine Versammlung erforderliche Mindestzahl von zwei Teilnehmern erreicht sei. "Wir treffen dabei in der Regel auf zwei bis fünf Personen. In ganz seltenen Fällen ist es temporär nur eine Person", so Bleymaier. Dann werde behauptet, dass sich die andere Person gerade auf der Toilette befinde, kurz darauf erscheine diese dann auch. Diese wenigen Fälle reichten aber nicht, um dem Klimacamp den Rang einer grundgesetzlich geschützten Versammlung abzusprechen. 

    Der Kern der Teilnehmer sei noch identisch mit den Anfangszeiten, das früher studentische Publikum sei aber teils durch Personen aus der linken Szene ersetzt worden. Neben Augsburger Aktivisten seien dort inzwischen auch Personen aus dem Allgäu aktiv. Eine Radikalisierung stelle man nicht fest. Bei dem Aktivisten, der laut Ermittlungen die Drohungen gegen Weber geschrieben hatte, handle es sich um einen Einzelfall, betonte Bleymaier. Offenbar war der Mann in der Vergangenheit auch schichtweise als Versammlungsleiter fürs Klimacamp eingeteilt. 

    Welche Zukunft hat das Klimacamp?

    Das Klimacamp wird im Juni vier Jahre alt werden. Seitdem protestieren dort Aktivisten rund um die Uhr gegen die aus ihrer Sicht zu zögerliche Klimapolitik der Stadt. Zum September wird das Camp seinen Platz räumen müssen, weil dann die Perlach-Sanierung ansteht. Unklar ist, wo das Camp in den kommenden Jahren seinen Platz finden wird und was ein Umzug für die künftigen Aktivitäten bedeuten wird. 

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