Die Stadt Augsburg will sich als alleinige Gesellschafterin künftig stärker in die Belange des Zoos einbringen, wenn es um die Abgabe von Tieren geht. Das erklärte Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) als Reaktion auf die Übermittlung zweier Paviane an das Deutsche Primatenforschungszentrum (DPZ) in Göttingen auf Anfrage unserer Redaktion. Zwar obliege die Führung der Geschäfte Direktorin Barbara Jantschke und zum laufenden Geschäftsgang gehöre auch die Abgabe von Tieren. "Die Entscheidung und Verantwortung liegt bei Frau Jantschke", betont Erben. Trotzdem wird die Stadt nach eigenen Aussagen künftig mehr Einfluss auf solche umstrittenen Vorhaben des Zoos nehmen.
"Die Stadt Augsburg als Gesellschafterin erwartet von der Zoo-Geschäftsführung, dass sie über Vorgänge, die dem Image des Zoos schaden könnten, im Vorfeld informiert und das Vorgehen gemeinsam beraten wird", erklärt der Umweltreferent. Deshalb werde sich der Aufsichtsrat in der nächsten Sitzung auf Erbens Anregung hin ein Bild von der Sachlage zur aktuellen Thematik machen. "Auch wird für das zukünftige Vorgehen bei der Abgabe von Zootieren eine gemeinsame Linie mit dem Zoo festgelegt", heißt es weiter. Auf die Frage unserer Redaktion, ob die Stadt die Abgabe von Tieren zu Forschungszwecken gutheiße, antwortet Erben nicht. Über den aktuellen Fall scheint der Umweltreferent jedoch weder vorab informiert gewesen zu sein, noch die Übermittlung der Affen an das Forschungszentrum im Nachhinein zu befürworten.
Führung des Augsburger Zoos verteidigt die Abgabe der zwei Paviane
Mitte November hatte der Zoo Augsburg in seinem Newsletter mitgeteilt, dass die zwei männlichen Paviane zu Zuchtzwecken an das DPZ in Göttingen abgegeben worden seien. Nach unserer Berichterstattung sah sich der Augsburger Zoo um Direktorin Jantschke mit heftiger Kritik konfrontiert. Zahlreiche Leserbrief-Schreiber äußerten ihren Unmut, die Facebook-Kommentarspalte des Zoos wurde mit Boykottaufrufen geflutet.
Die Zooführung aber rechtfertigte ihre Entscheidung. Laut den Verantwortlichen sei es zuletzt in der 55-köpfigen Gruppe der Mantelpaviane durch die Zunahme an geschlechtsreifen männlichen Affen immer wieder zu Auseinandersetzungen gekommen. "Als nun das DPZ in Göttingen gefragt hatte, ob wir zwei männliche Tiere abgeben können, wurde dies realisiert", hieß es in einer Erklärung. Jantschke sagte zudem, dass man sich bei Übermittlung der Tiere schriftlich habe versichern lassen, dass die zwei Paviane ausschließlich zur Zeugung von Nachwuchs und nicht für Tierversuche herangezogen würden.
An der Universität Augsburg finden Tierversuche statt – aber ohne Primaten
Das DPZ in Göttingen, das Teil der Leibniz-Gemeinschaft ist, betont die Verpflichtung zu hohen ethischen Standards und transparenter Kommunikation. Nach eigenen Angaben betreibt die Einrichtung biologische und biomedizinische Forschung auf allen Gebieten. Auch an der Universitätsmedizin Augsburg werden Tierversuche durchgeführt. Im Februar dieses Jahres startete die "tierexperimentelle Forschung" auf Interims-Forschungsflächen der medizinischen Fakultät im Sigma-Technopark. Dort ist Platz für 900 Käfige, in denen bis zu 2400 Mäuse und 400 Ratten gehalten werden könnten. Ab 2030 sind die Forschungen im Zentrum für Integrierte und Translationale Forschung (ZeIT) auf dem künftigen Medizincampus vorgesehen. Hier könnten auch andere Tierarten wie Schweine, Schafe oder Ziegen gehalten werden, teilt die Universität auf ihrer Internetseite mit.
Die Universität Augsburg verweist auf die Notwendigkeit, für die Forschung in Teilen noch auf Tierversuche zurückgreifen zu müssen. Man sei auf Tierversuche angewiesen, "wenn das komplexe Zusammenspiel verschiedener Zellen und Organe im menschlichen Körper erforscht werden soll". Explizit ausgeschlossen sei jedoch die Haltung von Primaten, erklärt die Universität auf Anfrage. "Das gilt für jetzt und wird auch in der Zukunft so sein." Grund sei der Forschungsschwerpunkt im Sigma-Park, der zunächst in der Grundlagenforschung liege. Diese solle Ergebnisse bringen, die später die Therapie großer Volkskrankheiten wie Diabetes, Demenz oder Krebs verbessern könnte. "Dafür eignen sich andere Tiermodelle", so die Universität.
Die bundesweite Vereinigung "Ärzte gegen Tierversuche" ist anderer Ansicht. Bereits im Februar protestierten deren Mitglieder vor dem Forschungsgebäude in Augsburg und sprachen von "sinnlosen und unethischen Forschungsmethoden". Nachdem bekannt gegeben worden war, dass die beiden Paviane aus dem Augsburger Zoo abgegeben wurden, kritisierte Vorstandsmitglied Rosmarie Lautenbacher deren Übermittlung nach Göttingen als "fragwürdig" und "erschütternd". Dahinter stehe der Zweck, dort der Zucht von Nachwuchs für grausamste Tierversuche zu dienen.
Eine ähnliche Einschätzung kommt von der Tierschutzorganisation Peta. Deshalb demonstriert sie am Mittwochvormittag vor dem Augsburger Zoo. Die Aktivistinnen und Aktivisten wollen gegen die "grausame Forschung an Affen" protestieren und verlangen gleichzeitig die Abkehr von der Entscheidung. "Wir fordern die Zoo-Verantwortlichen sowie die Augsburger Kommunalpolitik auf, die Rückholung der Paviane auf den Weg zu bringen", sagt Peter Höffken, Wildtierexperte bei Peta. Zoodirektorin Jantschke schließt das aus: "Bei einer Rückholung der beiden Mantelpaviane und Wiederintegration in die Gruppe sind erhebliche Aggressionen, verbunden mit Verletzungen zu erwarten. Somit ist dies nicht zu verantworten."