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Augsburg: Staatsschutz durchsucht Wohnung eines Klimacamp-Aktivisten

Augsburg

Staatsschutz durchsucht Wohnung eines Klimacamp-Aktivisten

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    Eine Razzia beim Augsburger Klimacamp-Aktivisten Alexander Mai stößt auf viel Kritik in der Szene.
    Eine Razzia beim Augsburger Klimacamp-Aktivisten Alexander Mai stößt auf viel Kritik in der Szene. Foto: Silvio Wyszengrad

    Ein Ermittlungsverfahren gegen einen prominenten Teilnehmer der Bewegung Fridays for Future in Augsburg sorgt für Unmut unter den Klima-Aktivisten in der Stadt. Hintergrund ist eine Razzia beim früheren Bundestagskandidaten der ÖDP in Augsburg, Alexander Mai, der auch im Klimacamp aktiv ist, das als Dauerdemo seine Zelte derzeit am Moritzplatz aufgeschlagen hat. Am Dienstag vergangener Woche rückten Beamte des Staatsschutzes bei dem 26-Jährigen an und durchsuchten seine Wohnung. Die Polizisten beschlagnahmten mehrere elektronische Geräte, darunter Mais Handy. Der Ermittlungsaktion vorausgegangen war ein Strafantrag des Augsburger AfD-Stadtrates Andreas Jurca.

    Die Vorgeschichte ist komplex: Jurca, der in der Vergangenheit bereits in Streit mit den Klimaschützern geraten war, hatte vergangenes Jahr im Oktober das Vorgehen einer Klimacamp-Aktivistin in Augsburg auf der Facebook-Seite der AfD-Stadtratsfraktion kritisiert; eine junge Frau hatte damals am Augustusbrunnen ein Plakat angebracht, auf dem "Für die Freiheit, für das Leben, Macker von der Straße fegen!" stand, die Aktion sollte sich gegen Frauenfeindlichkeit richten.Der AfD-Stadtrat schrieb daraufhin in dem sozialen Netzwerk im Internet, eine Kampfansagegegen Frauenfeindlichkeit gehöre "vor Moscheen", nicht vor den Brunnen. Alexander Mai setzte offenbar unter diesen Beitrag auf Facebook einen Link zu einem Zeitungsfoto, das ein Großplakat an der linksgerichteten "Roten Flora" in Hamburg zeigt. Darauf zu sehen: der Schriftzug "Andy, Du bist so 1 Pimmel". Eine Aussage, die sich ursprünglich auf einen anderen Andreas bezog, nämlich den Hamburger Innensenator Andreas Grote.

    Alexander Mai trat zuletzt als Direktkandidat der ÖDP in Augsburg für den Bundestag an.
    Alexander Mai trat zuletzt als Direktkandidat der ÖDP in Augsburg für den Bundestag an. Foto: Ödp

    Ermittlungen gegen Klima-Aktivist in Augsburg: Razzia nach Facebook-Post

    Hinter dem Hamburger "Pimmelgate", wie es vielfach bezeichnet wurde, steckt eine eigene Geschichte: Der SPD-Politiker Grote hatte in einem Beitrag im Kurznachrichten-Dienst Twitter Menschen als "ignorant" bezeichnet, die trotz Corona im Hamburger Schanzenviertel gefeiert hatten. Grote hatte allerdings selbst zu Beginn der Pandemie seine neuerliche Berufung zum Innensenator unter Missachtung der Corona-Regeln in einer Kneipe gefeiert und dafür Medienberichten zufolge 1000 Euro Geldbuße zahlen müssen. Als Reaktion auf den Tweet von Grote schrieb jemand auf Twitter an den Politiker gerichtet "Du bist so 1 Pimmel".

    Zum "Pimmelgate" wurde die Angelegenheit im Netz, als die Hamburger Staatsanwaltschaft nach einem Strafantrag Grotes wegen Beleidigung die Wohnung des mutmaßlichen Urhebers des Tweets durchsuchen ließ. Viele kritisierten die Aktion der Ermittlungsbehörden im Internet als unverhältnismäßig und überzogen. Unbekannte verteilten in der Folge mehrere Dutzend gelbe Aufkleber mit dem Slogan "Andy, Du bist so 1 Pimmel" im Umfeld der Wohnung des Senators im Hamburger Stadtteil St. Pauli. Schließlich prangte ein meterhohes Plakat mit derselben Aufschrift an der Außenwand der Roten Flora, ehe die Polizei es übermalte.

    Eben jenes Plakat zeigte das Zeitungsfoto, das Mai ansonsten offenbar kommentarlos unter den Facebook-Beitrag Andreas Jurcas verlinkte. Jurca sagt auf Anfrage, er habe damals zunächst nicht Strafantrag gestellt, sondern den Fall in einem Online-Meldeverfahren der Generalstaatsanwaltschaft München eingereicht und um Prüfung des Sachverhaltes gebeten. Später habe er von der Polizei einen Anruf erhalten, dass die Beamten eine Straftat bejahen würden. Er sei gefragt worden, ob er Strafantrag stellen wolle und habe das dann gemacht.

    Fridays for Future kritisiert Ermittlungsbehörden in Augsburg

    Offenbar erfolgte nun aufgrund dieser Vorgeschichte die Durchsuchung beim Klimacamp-Aktivisten Alexander Mai; eine Aktion, die bei den Klima-Aktivisten in Augsburg auf Unverständnis und Wut stößt. Sie halten die Razzia für überzogen und fühlen sich von den Ermittlungsbehörden schikaniert und verfolgt. Klimacamp-Sprecher Ingo Blechschmidt sagt, die Beschlagnahmung von Mais Handy diene dem Staatsschutz aus seiner Sicht auch dazu, an die interne Kommunikation der Augsburger Klimagerechtigkeitsbewegung zu kommen. Hätten die Beamten wissen wollen, ob Alexander Mai tatsächlich hinter dem Facebook-Post steht, hätten sie ihn auch einfach fragen können. Blechschmidt berichtet auch von mehreren aus seiner Sicht unverständlichen Ermittlungsverfahren gegen Klima-Aktivisten in Augsburg in der Vergangenheit. Die Razzia bei Alexander Mai habe nun das Fass zum Überlaufen gebracht, weswegen man sich an die Öffentlichkeit wende.

    Mai selbst zeigt sich auch eine Woche nach der Razzia noch betroffen von der Aktion. Den Facebook-Post selbst bestreite er nicht, eine Beleidigung sei darin aber nicht gegeben. Die Polizei, sagt er, habe ihn auch vorab nicht geladen oder gefragt, ob er Urheber des Beitrages sei. Martina Sulzberger, Anwältin des früheren ÖDP-Bundestagskandidaten, sagt auf Anfrage unserer Redaktion, man hätte bei dem Ermittlungsverfahren gegen ihren Mandanten aus ihrer Sicht auf gar keinen Fall eine Durchsuchung seiner Privaträume durchführen müssen, zumal ihr Mandant ja auf Facebook unter seinem Klarnamen gepostet habe. Die Ermittlungsaktion sei absolut unverhältnismäßig, man behalte sich auch vor, rechtlich dagegen vorzugehen.

    Die Staatsanwaltschaft bestätigt auf Anfrage, dass ein Ermittlungsverfahren anhängig ist, zum Inhalt und bisherigen Maßnahmen seien aber derzeit keine weiteren Auskünfte möglich.

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