Wasserscheu darf man beim Event „Metal am Gaskessel“ im Rahmen des Augsburger Sommer-am-Kiez-Festivals nicht sein, denn es gibt eine Unwetterwarnung für den Samstag. Zum Glück sind Heavy Metal-Fans hart im Nehmen. Die Frage, ob sie für den Besuch beim auf alle Wetter-Eventualitäten vorbereitet sei, bejaht Franzi Fuchs aus Schrobenhausen, obwohl sie nur ein T-Shirt dabei hat. „Meinen Arm kann man abwischen, wenn es regnet“, sagt die 26-Jährige gelassen. Auch Mario Immenhofer aus der Nähe von Ulm ist sich sicher: „Ich bleibe, egal wie das Wetter wird.“ Mit dieser Einstellung sind die beiden alles andere als allein - doch es gibt ein Aber.
Denn diese Aussagen machen sie vor dem Wetterumschwung. Nach einem sonnigen Start kommt er dann, der erwartete Regen. Kurz droht sogar ein Abbruch des Events wegen Sturmwarnung, doch der Wettergott zeigt sich gnädig und der Regen lässt nach: Alle sieben internationale Bands können wie geplant auf der Bühne des Gaswerk-Geländes in Oberhausen auftreten. Sintage aus Leipzig, Enforcer aus Schweden, Dread Sovereign aus Irland und Schizophrenia aus Belgien sind ebenso vertreten wie Sweeping Death, deren Mitglieder aus der Münchner und Augsburger Region stammen. Headliner am Schluss sind die Trash-Metal-Bands Destruction aus Weil am Rhein und Sodom aus Gelsenkirchen. Beide zählen seit den 1980er Jahren zu den erfolgreichsten Vertretern der deutschen Metal-Szene und haben sich als Ikonen des Subgenres Trash-Metal etabliert.
Mit Sodom haben Gastronom und Veranstalter Stefan „Bob“ Meitinger und sein Team einen würdigen Ersatz für die ursprünglich als Haupt-Attraktion geplante Band Eisbrecher gefunden. Aufgrund einer Operation des Sängers Alexander Wesselsky aus Langweid wird der Auftritt verschoben. Wer bereits Karten gekauft hat, konnte sich entscheiden, das Festival am Samstag dennoch zu besuchen oder die Tickets für den Nachholtermin am 28. Juli zu nutzen. Sabine Spitzauer aus München hatte sich eigentlich auf Eisbrecher gefreut, genießt aber auch die sieben Bands, die am Samstag für Stimmung sorgen. Wie viele andere will sich die 45-Jährige dennoch auch ein Ticket für das ausgefallene Eisbrecher-Konzert kaufen.
Pete, Kessel und Muggel aus dem baden-württembergischen Kuchen gehören zu den Besuchern, die sich über die neuen Headliner freuen. „Sodom ist weltweit eine Institution“, weiß Pete. Anna Parot, die mit ihrem Partner Robert Tarnawa aus Sulzberg im Allgäu angereist ist, berichtet: „Ich kenne Sodom und Destruction schon mein ganzes Leben lang“. Die 44-Jährige verrät: „Ich stamme ursprünglich aus Polen, dort ist Metal sehr populär.“ Viereinhalb Stunden Anfahrt war den in Baumholder stationierten US-Soldaten John Pierce und Matthieu Kelly der heutige Event wert. „Ich kenne Sodom seit meiner Kindheit“, sagt der 34-jährige Pierce. „Als Amerikaner hat man selten die Chance, Bands wie diese live zu sehen.“
Sommer am Kiez: "Leben in die Metal-Szene in Augsburg gebracht"
„Wir lieben Sommer am Kiez“, schwärmen Dani Schneider und Caro Wagner. „Der Event hat wieder ein bisschen Leben in die Rock- und Metal-Szene in Augsburg gebracht, die ohne Bob tot war“, ist Dani überzeugt. „Das Preis-Leistungsverhältnis ist klasse, für dieselben Bands würde man in München deutlich mehr bezahlen“, sagt Caro. Auch Liebesstorys zählen zu den Anekdoten in der Geschichte der Sommer am Kiez-Konzertreihe: Amelie Brem und Stefan Zaum haben sich vor einigen Jahren bei dem Augsburger Großevent kennengelernt, das 2015 gegründet wurde. Heute genießen sie gemeinsam die laute Musik und eine Currywurst.
Apropos laut: Eva Bradl und Matthias S. aus München finden zwar, „Heavy Metal muss laut sein“, haben sich aber gut vorbereitet. Die 24-Jährige hat sich in einem Baumarkt einen Kapselgehörschutz besorgt, während der 37-Jährige in einem Musikgeschäft spezielle Gehörschutzstöpsel für Musikfans erstanden hat. „Wir haben vorhin versucht, mit dem Smartphone die Dezibel zu messen, aber die Lautstärke war über der dB-Zahl, die mein Handy messen kann“, berichtet Eva Bradl. Den anderen Gästen kann es augenscheinlich gar nicht laut genug sein. In den Abendstunden erreicht die Stimmung ihren Höhepunkt, und wie es sich für ein Open Air gehört, zeugen Schlammspritzer auf der Kleidung vieler Gäste von der Partylaune.
Sommer am Kiez: Metal gibt es auch im kommenden Jahr
Während für das Konzert der Punkband NOFX am Vortag zirka 6000 Tickets verkauft wurden, waren es beim „Schwermetall“ am Samstag lediglich rund 1200 Karten. Veranstalter Stefan „Bob“ Meitinger ist trotzdem völlig zufrieden. Insbesondere wenn man bedenkt, dass der Veranstalter recht kurzfristig auf die Absage der Band Eisbrecher reagieren musste: „Von Sodom haben wir erst vor vier, fünf Wochen die Zusage bekommen“, verrät Meitinger. An der Abendkasse kauft bei schlechtem Wetter niemand Karten, weiß der Profi. Umso mehr freut er sich am Ende des Abends über das Durchhaltevermögen der Besucher am Gaskessel: „Ich finde es mega, dass die Leute trotz des miesen Wetters geblieben sind.“ Schon jetzt hat er beschlossen, den Event für die Metal-Szene die nächsten beiden Jahre zu wiederholen. „Wir werden Gas geben, ich will Metal am Gaskessel etablieren“, verspricht er den Fans der harten Töne. Eine andere Idee von „Bob“ dem Musikmeister steckt gerade in den Kinderschuhen: Ein Musikfestival für die Wintersaison, möglicherweise in einem Zirkuszelt …