Enzo Dragone will nicht pessimistisch sein. Warum auch: „Es war ein umsatzstarker Sommer“, sagt der Gastronom, der am Judenberg seine Trattoria Da Enzo betreibt. Vor allem lag das daran, dass er draußen mehr Tische aufstellen durfte – ein Entgegenkommen der Stadt, um den Wirten wenigstens etwas über die coronabedingten Umsatzeinbußen hinwegzuhelfen. Für viele Gäste war der zusätzliche Platz ebenfalls ein Gewinn: „Die Stadt war diesen Sommer viel lebendiger“, findet Andreas Sauer. Deshalb wünscht sich der Augsburger, dass die Wirte auch nächstes Jahr mehr Raum bewirten dürfen. Doch vorher müssen sie erst einmal über den Herbst und den Winter kommen.
Im Winter könnte es in der Augsburger Innenstadt Heizpilze geben
Donnerstagmittag. Konrad Dreyer nutzt die warmen Temperaturen, um in der Innenstadt draußen einen Happen zu essen. Es wird noch ein paar solcher Tage geben diesen Herbst. Doch Dreyer fragt sich, wie die Wirte ihre Gäste unterbringen, wenn es erst kälter wird. „Ich finde es aufgrund der Ansteckungsgefahr problematisch, wenn wieder alle drinnen sitzen“, sagt der 29-Jährige. Denise Kipka, 22, sieht es ähnlich. Sie hat in den vergangenen Monaten darauf verzichtet, allzu oft essen zu gehen und möchte das auch weiter so halten. Zwar könne man noch bis weit in den Herbst draußen sitzen, „doch wenn das Wetter richtig eklig wird, ist das ja auch ein Problem für die Kellner, wenn sie dauernd rein und raus müssen“, sagt die junge Frau.
Die Stadtverwaltung sieht diese Probleme auch und überlegt deshalb unter anderem, ob sie den Wirten Heizpilze genehmigen soll. Eigentlich sind sie in Augsburg verboten, Ordnungsreferent Frank Pintsch kann sich allerdings eine einjährige Ausnahmegenehmigung vorstellen, sofern der Stadtrat zustimmt. Doch in der schwarz-grünen Regierungskoalition gibt es offenbar Bedenken. Die Grünen lehnen Heizpilze schon wegen ihrer schlechten Energie- und Ökobilanz ab.
Auch für Wirt Michael Foag sind sie keine überzeugende Option: „So viel Gas können wir gar nicht verfeuern, dass es draußen gemütlich wird.“ Seit 20 Jahren betreibt er den Berghof in Göggingen, dieses Jahr durfte er im Biergarten nur 60 Prozent der Plätze belegen. Den ganzen Sommer über bewirtete er deshalb im Schichtbetrieb, belegte die Tische zweimal am Abend. Nahezu alle Gäste, sagt er, hatten dafür Verständnis. Mit dem Sommergeschäft ist er deshalb zufrieden. Dennoch fehlen ihm die drei Monate, in denen wegen des Lockdowns geschlossen war.
Gastronomen in Augsburg brauchen im Winter eine attraktive Innenstadt
Rund 40 Augsburger Gastronomen durften diesen Sommer ihre Außenbereiche vergrößern. Die Stadt ließ zudem einzelne Straßen stundenweise für den Durchgangsverkehr sperren, damit Tische aufgestellt werden konnten. Eine war die Ludwigstraße, in der Christoph Steinle das Oh Boi betreibt. Eine merkliche Zunahme an Gästen habe die Sperrung nicht gebracht, sagt er. Dennoch: Konzepte wie sie diesen Sommer erstmals zum Tragen kamen, könnte er sich auch in Zukunft vorstellen – dann aber „durchdachter, früher, unbürokratischer und mehr in die Fläche gehend“.
Arbend Gashi vom Restaurant Massimiliano in der Maximilianstraße konnte von den Maßnahmen der Stadt profitieren: „Wir hatten mehr Tische und dadurch mehr Kunden sowie eine höhere Frequenz.“ Anwohner und Gäste, weiß er aus Gesprächen, genossen das fast schon mediterrane Flair und die vielen Menschen in den Lokalen. Gashi möchte deshalb versuchen, den Außenbereich auch in den kälteren Monaten zu betreiben. Ob Heizpilze dabei helfen, bezweifelt er aber. „Am wichtigsten ist auch im Winter eine attraktive Innenstadt. Haben die Leute keine Lust, in die Stadt zu kommen, fehlen uns die Gäste.“
Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU) kann sich vorstellen, einige Maßnahmen aus diesem Sommer auch im kommenden Jahr wieder aufzugreifen. Viele Gastronomen hätten ein „sehr positives Zwischenfazit“ gezogen. „Es gibt erste Überlegungen, auch im kommenden Jahr bestimmte Maßnahmen zu übernehmen“, sagt Pintsch deshalb. Auch für die Bürger sei es ja ein attraktives Angebot gewesen. Ins Detail geht er aber noch nicht.
Augsburger Gastronomen ersehnen das Ende der Corona-Krise
Maria Flemming und Dieter Hill sind am Donnerstag in der Innenstadt Eisessen. Sie waren in den vergangenen Monaten öfter in Restaurants. Sie vertrauten den Hygienekonzepten der Gastronomen, sagen sie. „Im Sommer setze ich mich gerne nach draußen, doch im Winter muss ich das wirklich nicht haben“, sagt Flemming. Sie werde dann ohne Bedenken auch im Innenraum eines Lokals essen.
Frederike Eck ist kritischer: „Wenn es keine Minusgrade hat, setze ich mich auch mit einer Wolldecke nach draußen.“ Heizpilze allerdings lehnt sie ab. Sie sieht für den Winter keine andere Möglichkeit, als den Betrieb in Innenräumen herunterzufahren, um so den nötigen Abstand zwischen den Gästen zu gewährleisten. Sie fürchtet deshalb, dass diesen Winter viele Lokale um ihre Existenz kämpfen müssen. Trotzdem: Bereits in den vergangenen Monaten sei sie aus Sorge vor Ansteckung kaum Essen gegangen und werde das nicht ändern.
Auch eine andere Frau hat sich diese Saison rar gemacht in Augsburger Lokalen. Ihren Namen will sie nicht in der Zeitung lesen, wohl aber ihrem Unmut Luft machen: Sie ärgert sich über die „völlig übertriebenen Hygieneregeln“, die ihr „auf die Nerven“ gegangen seien. „Im Sommer sitzt man draußen, im Winter drinnen. So ist das.“ Daran müsse sich auch nichts ändern.
Wirt Enzo Dragone wird die Gäste seiner Trattoria in den kommenden Tagen weiterhin auch draußen bewirten. Wenn es kühler wird, kann er sich auch vorstellen, versuchsweise Heizpilze aufzustellen, doch auch Dragone glaubt, dass sie nicht allzu viel bringen werden. „Das einzige, das wirklich helfen würde, wäre das Ende der Corona-Krise“, sagt er. Bis dahin hofft er, dass sich die Leute an die Regeln halten. Denn: „Wenn die Infektionen sinken, können wir hoffentlich auch weiter öffnen.“
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