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Augsburg: So will sich CSU-Kandidat Volker Ullrich gegen den Bundestrend stemmen

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So will sich CSU-Kandidat Volker Ullrich gegen den Bundestrend stemmen

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    Volker Ullrich lebt im Domviertel - und mag die Umgebung des Doms. Seit 2013 vertritt der CSU-Politiker Augsburg als direkt gewählter Abgeordneter im Bundestag.
    Volker Ullrich lebt im Domviertel - und mag die Umgebung des Doms. Seit 2013 vertritt der CSU-Politiker Augsburg als direkt gewählter Abgeordneter im Bundestag. Foto: Silvio Wyszengrad

    Jetzt, in den letzten Wochen des Wahlkampfes, eilt der CSU-Bundestagsabgeordnete Volker Ullrich von Termin zu Termin: Fahrradtour in Pfersee, Verteilen von Müsliriegeln an Pendler am Hauptbahnhof frühmorgens, Gespräche mit Mitarbeitern vor dem MAN-Werkstor. Hundertmal will Ullrich bis zur Wahl bei Terminen präsent sein, jeweils mit 100 Menschen in Kontakt kommen. Das straffe Programm stehe schon seit Monaten, betont Ullrich. Denn die Stimmung hat sich in den vergangenen Wochen gedreht. In Bayern kommt die CSU aktuell laut BR auf magere 28 Prozent. Anfang August hatte Ullrich für die CSU noch als Ziel ausgegeben, in Augsburg - den Großstadt-Malus für die CSU eingerechnet - auf über 30 Prozent kommen zu wollen. Gemessen an den aktuellen Umfragewerten scheint das ein illusorischer Wert zu sein. Inzwischen sagt Ullrich, es sei entscheidend, dass die CSU stärkste politische Kraft bleibe.

    "Die Stimmung der Bürger und Bürgerinnen an den Infoständen ist nicht euphorisch", sagt Ullrich. Und auch gegenüber dem Kanzlerkandidaten Armin Laschet ist mitunter gewisse Skepsis zu verspüren. Laschet regiere aber in Nordrhein-Westfalen erfolgreich und könne auf Menschen zugehen, so Ullrich auf die Frage, ob er der richtige Unions-Kanzlerkandidat sei. Ohnehin sei es müßig, jetzt noch über das Thema zu diskutieren.

    Ullrich bemüht sich, die schlechten Umfragewerte zu relativieren. "Stimmungen sind noch keine Stimmen", sagt er. In den vergangenen vier Monaten seien Grüne, Union und SPD jeweils mal vorne in den Umfragen gewesen. "Das sind Momentaufnahmen." Bei der Bundestagswahl gehe es aber um langfristige Überzeugungen. Und wer kein rot-rot-grünes Bündnis wolle, sei bei der CSU gut aufgehoben. Ungeachtet der schlechten Umfragewerte für die CSU geht Ullrich unter den Augsburger Direktkandidaten als Favorit in die Wahl. Bisher holte - bis auf eine Ausnahme zu Willy Brandts Zeiten - immer ein CSU-Kandidat das Direktmandat in Augsburg. In der Diskussion um die aktuell schlechten Umfragewerte springen ihm viele aktive CSUler bei. Der Pferseer Stadttrat Bernd Zitzelsberger etwa meint, Ullrich sei in Augsburg präsent und bürgernah. Von anderen Kandidaten sei ihm nicht bekannt, "welche nennenswerten Leistungen sie für Augsburg vorweisen können". Stadtrat Matthias Fink schreibt auf Facebook: "Die Augsburger wissen schon, wer sich für Augsburg in Berlin einsetzt und auch den nötigen Einfluss hat."

    Die Grünen in Augsburg und die Grünen im Bund

    Doch der Vorsprung der CSU wird in Augsburg im langjährigen Trend immer geringer. Die Zeiten, als zwingend eine Vier oder eine Fünf vor dem Erststimmen-Wahlergebnis eines CSU-Kandidaten in Augsburg stand, sind vorbei. 2017 holte Ullrich, dem Parteitrend folgend, im Wahlkreis Augsburg-Stadt nur noch 34,8 Prozent.

    Als Vorsitzender des CSU-Arbeitnehmerflügels CSA habe er einen Blick auf Themen wie Rente oder bezahlbares Wohnen, sagt Ullrich wohl auch mit Blick auf die wiedererstarkte SPD. Und gleichzeitig muss sich Ullrich gegen die Grünen abgrenzen, mit denen die CSU auch auf sein Betreiben hin im Augsburger Rathaus 2020 eine Regierungskoalition eingegangen ist. "In Augsburg gibt es eine Koalition der Vernunft mit konstruktiver Arbeit. Nicht bei allen Themen ist man einer Meinung, aber es gibt einen Willen zum Kompromiss", sagt Ullrich. Auf Bundesebene seien die Grünen dagegen ideologiegetriebener.

    Volker Ullrich sagt: "Die Leute wollen Stabilität und Halt"

    Ullrich, der vor seiner Karriere in der Politik als Anwalt gearbeitet hat, zählt zum liberalen Flügel der CSU. Als die Partei nach dem Flüchtlingszustrom 2015 die Tonlage vorübergehend deutlich verschärfte, hielt sich Ullrich zurück. Zur AfD, die in Augsburg sehr stark für eine westdeutsche Großstadt abschnitt, gebe es nur eine Haltung, nämlich klare Abgrenzung, sagt er. Man müsse als Union aber darauf reagieren, dass politische und gesellschaftliche Orientierungen in Bewegung gekommen sind. "Dazu gehört, den Menschen, die Schwierigkeiten mit dem Wandel der Zeit haben, zu erklären, dass Populismus keine Lösung ist." Insgesamt seien die Zeiten ungewisser geworden. "Die Leute wollen Stabilität und Halt. Gleichzeitig muss sich die

    Politisch engagiert sich Ullrich stark beim Thema Verkehr, speziell auch beim Bahnausbau. Er gilt als einer, der sich in den Details auskennt. In der Diskussion um die Ertüchtigung oder den Neubau der Strecke Augsburg-Ulm setzte er sich für eine ergebnisoffene Prüfung ein. Er plädiert auch für eine Elektrifizierung der Strecke Augsburg-Buchloe. Was die aktuellen Planungen zur Osttangente betrifft, sagt Ullrich, dass der vierstreifige Ausbau der Kreisstraße AIC25 zwischen A8 und Segmüller-Kreuzung den Augsburger Osten vom Verkehr entlasten werde. Die Lechquerung zurückzustellen, sei angesichts der Naturschutz-Diskussionen ein kluger Schritt gewesen. Industriepolitisch sieht Ullrich die mögliche Zerschlagung des Flugzeugteilebauers Premium Aerotec mit Sorge. "Ich halte das für falsch", so Ullrich. Es sei ein Verlust von Jobs und Know-how zu befürchten. Er sei für eine Lösung innerhalb des Airbus-Konzerns. Das sei eine "politische Entscheidung".

    Der CSU-Mann aus Augsburg ist Rekordhalter bei der Zahl der Reden

    Was seine eigenen Ambitionen in Berlin betrifft, hält sich der Jurist und Betriebswirt mit Aussagen zurück - vermutlich im Wissen, dass man garantiert nicht aufsteigt, wenn man sich selbst zum falschen Zeitpunkt ins Gespräch bringt. Zu seinen Zeiten in der Augsburger Kommunalpolitik jedenfalls war offensichtlich, dass Ullrich etwas werden wollte - was ihm auch geglückt ist: JU-Vorsitzender, Stadtrat (der im Streit mit dem damaligen CSU-Ordnungsreferenten Walter Böhm beinahe aus der Fraktion geflogen wäre), dann selbst Ordnungsreferent und schließlich der Sprung nach Berlin.

    Seit zwei Legislaturperioden ist Ullrich nun im Bundestag. In der großen Unionsfraktion hat sich der 45-Jährige konsequent nach vorne gearbeitet, sitzt im Fraktionsvorstand und war der Obmann im Untersuchungsausschuss zum Terroranschlag am Berliner Breitscheidplatz. Die Süddeutsche Zeitung bezeichnete ihn mal als "Mittelbänkler" - keiner, der an den Schalthebeln der Fraktion sitzt und regelmäßig in Talkshows eingeladen wird, aber auch keiner aus den hinteren Reihen, von dem man nie etwas mitbekommt. Im Gegenteil: 178 Reden hat Ullrich in der vergangenen Legislatur zu den unterschiedlichsten Themen im Bundestag gehalten - das ist Rekord. Auch zu vorgerückter Stunde tritt Ullrich vor ausgedünnten Reihen im Plenum noch ans Rednerpult. Vermutlich macht man das nur, wenn man sehr viel Spaß hat am Reden - oder noch etwas vorhat auf der politischen Bühne.

    Hören Sie sich dazu auch unsere Podcast-Folge mit CSU-Mann Volker Ullrich zur Bundestagswahl 2021 an:

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