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Augsburg: Sie retten mit Drohnen Rehkitze vor dem Tod

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Sie retten mit Drohnen Rehkitze vor dem Tod

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    Sie sind Teil der Rehkitzrettung Augsburg: (von links) Sid Rebele (Sohn von Nina Rebele), Thomas Strecker und Andreas Wimmer.
    Sie sind Teil der Rehkitzrettung Augsburg: (von links) Sid Rebele (Sohn von Nina Rebele), Thomas Strecker und Andreas Wimmer. Foto: Bernd Hohlen

    Das riesige Schneidwerk der Landmaschine tötete ein Rehkitz sofort, dem zweiten Tier schnitt es die Beine ab. Das Schreien des schwer verletzten Kitzes verfolgte Cornelia Günther, 57, noch wochenlang. Ihr Haus in Bobingen (Landkreis Augsburg) grenzt genau an das Feld, in dem der grausame Vorfall im Frühjahr 2018 passierte. Cornelia Günther zog ihre Konsequenzen.

    Sie barg das schreiende Rehkitz und schläferte es sofort ein. Günther ist Tierärztin. Das Leid von Tieren gehört zwar zu ihrem Beruf, doch dieses Ereignis ließ sie nicht mehr los, weil es ihr so sinnlos und vermeidbar erschien. Zusammen mit ihrem Mann Andreas Wimmer, 49, entschloss sie sich, die Rehkitzrettung Augsburg ins Leben zu rufen. „2019 haben wir losgelegt mit drei Personen. Eine Freundin, mein Mann und ich“, sagt Günther.

    Ein Lernprozess, der Zeit und Geld kostet

    Die Rehkitzrettung Augsburg sucht mit einer Drohne mit Wärmebildkamera die zu mähenden Felder ab, um darin verborgene Kitze aufzuspüren. Sechs Einsätze gab es lediglich im Jahr 2019. Was so einfach und logisch klingt, entwickelte sich zu einem komplexen Lernprozess, der nicht nur Zeit und Geld kostet.

    Bei den Landwirten muss noch einiges an Überzeugungsarbeit geleistet werden. Mittlerweile hat das Team mit Thomas Strecker, 37, der im Hauptberuf Flugzeugbauer ist und in der Freizeit Jäger mit eigener Pacht, einen zweiten Drohnenflieger dabei. Nina Rebele, 42, ist PR-Beraterin und wird demnächst ihre Jagdscheinprüfung ablegen. Allerhand Kompetenz, die die scheuen Feld- und Waldbewohner auch dringend nötig haben.

    Von oben ist das Rehkitz in der Wiese gut zu erkennen.
    Von oben ist das Rehkitz in der Wiese gut zu erkennen.

    „Viele Landwirte glauben nach wie vor, dass sie die Kitze von ihrer Maschine aus sehen können. Aber die Schneidwerke werden immer größer und der Zeitdruck, der durch unterschiedliche Faktoren für die Landwirte entsteht, ist enorm“, sagt Nina Rebele. Weitere 60 ehrenamtliche Helfer haben sich dank Medienberichten und Facebook bereit erklärt, rund um Augsburg zu helfen, wenn ein Feld geschnitten werden soll und ein Drohnen-Einsatz ansteht. Gerade in diesen Monaten, der sogenannten Setzzeit für Rehe, von Ende April bis Juni. „Wir starten schon sehr früh am Morgen, weil sich das Feld immer mehr aufheizt und wir ja per Wärmebild die Tiere finden müssen. Maulwurfshügel haben die gleiche Größe und Form wie ein liegendes Kitz. Das muss man auseinanderhalten können“, sagt Thomas Strecker. Bevor es Drohnen gab, wurde das zu mähende Feld abgelaufen. Dafür wurden Menschen benötigt – und viel Zeit, die der Landwirt nicht hat. Darum legte sich Thomas Strecker eine Drohne mit Wärmebildkamera zu, um die Felder in seiner eigenen Jagdpacht nach „gesetzten“ Kitzen abzusuchen.

    Rehe legen ihre Jungtiere versteckt in Feldern oder im hohen Gras ab und kommen nur zum Säugen an die Stelle zurück. So ist das Jungtier bestmöglich vor Feinden geschützt.

    Auch Nutztiere wären durch tote Kitze gefährdet

    Thomas Strecker stellt sein Wissen und seine Technik der Rehkitzrettung Augsburg zur Verfügung. Noch aus einem anderen Grund ist es wichtig, Rehkitze zu bergen. „Die Mahd wird ja zur Silage und dann an die Tiere verfüttert. Befinden sich darin tote Tiere, entwickeln sich Leichengifte, und das eigene Stallvieh kann daran sterben“, sagt Thomas Strecker. „Botulismus nennt sich diese Vergiftung“, weiß Nina Rebele.

    Sie hat so einen Fall in einem Reitstall erlebt, in dem fünf Pferde am vergifteten Futter starben. Ein besonderes Anliegen ist für Cornelia Günther der richtige Umgang mit den gefundenen Rehkitzen. Sie liegen stundenlang regungslos, folgen damit ihrem „Drückinstinkt“ und bewegen sich auch nicht bei Gefahr. Sie bittet darum, gesichtete Rehkitze nicht anzufassen, weil die Gefahr besteht, dass die Geiß, also das Muttertier, den eigenen Nachwuchs wegen des Fremdgeruchs nicht mehr annimmt. Besser ist es, die Fundstelle auf Google Maps zu markieren, die Polizei anzurufen oder auf Facebook nach Rehkitzrettung Augsburg zu suchen. Demnächst wird ein 24-Stunden-Notfalltelefon eingerichtet.

    Haben Kitze noch Flecken auf dem Rücken, sind sie unter drei Wochen alt und folgen ihrem „Drückinstinkt“. So war es auch bei dem Tier, das Cornelia Günther einschläfern musste. Doch dessen trauriges Schicksal rettete in diesem Jahr schon 30 anderen Kitzen das Leben.

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