Frau Greger, Sie haben 2008 bei der Altenhilfe in Augsburg angefangen. Damals steckte der Eigenbetrieb in tiefroten Zahlen. Wie haben Sie ihn in die schwarzen Zahlen gebracht?
SUSANNE GREGER: Es waren nicht nur rote Zahlen, es war auch das Qualitätsniveau, das damals nicht dem Standard entsprach. Mir war immer klar, dass das zu ändern ist, wenn ich das Vertrauen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter habe. Es mussten Abläufe und Gewohnheiten kritisch hinterfragt und neue Qualitätsstandards etabliert werden. Es musste ein Personalabbau im hauswirtschaftlichen Bereich vorgenommen werden. Auf der anderen Seite galt es, Weiterqualifizierungen anzustoßen und zu erkennen, wer den Anforderungen überhaupt gewachsen ist. Ohne das Vertrauen der Mitarbeiter wäre dieser Prozess nicht gegangen. Die Mitarbeiter haben in all der Zeit aber auch gewusst, dass sie sich auf mich verlassen können.
Die Politik musste damals auch einige unbequeme Entscheidungen treffen. Welche waren das?
GREGER: Die Politik erkannte, dass die Eigenbetriebsform verschiedene Herausforderungen mit sich brachte und Einrichtungen nicht mehr dem Standard entsprachen. Ein neuer Weg musste beschritten werden, deshalb wurde das Schenk-Stift als Pflegeheim geschlossen und zu einer Senioren-Wohngemeinschaft umgebaut. Das Jakobs-Stift wurde ebenfalls geschlossen, der Servatius-Stift neu gebaut. Die Mitarbeiter standen hinter dem neuen Weg, die politischen Beschlüsse waren da, dennoch ging es nicht so schnell, in die schwarzen Zahlen zu kommen.
2019 war die Altenhilfe erstmals wieder in den schwarzen Zahlen
Warum nicht?
GREGER: Ich musste mit drei Rumpfbetrieben klarkommen, wo die Pacht weitergezahlt werden musste, die Häuser aber nicht mehr voll besetzt waren, weil der Übergang sozial gestaltet wurde. Das war unangenehm, aber die Politik hat es verstanden. In den schwarzen Zahlen waren wir das erste Mal im Jahr 2019. Neben den Schließungen ging das Seniorenzentrum Lechrain 2013 an den Start, was ein gutes Signal war, weil es ein neues und modernes Haus mit einem besonderen Konzept für demenzkranke Menschen ist. Zuerst hatten wir geplant, die Bewohner des Servatius-Stiftes dort übergangsweise unterzubringen, doch die Pläne änderten sich und wir mussten mit einer Kaltakquise starten. Deshalb dauerte es länger, bis Personal und Bewohner für Lechrain komplett waren. Ohne Konstanz, Ausdauer und Fließ wäre es damals nicht gegangen, dass die Altenhilfe in die schwarzen Zahlen kommt. Die Belohnung ist, dass man heute sieht, was für einen Zuspruch unsere Häuser erfahren.
2019 war die Altenhilfe erstmals in den schwarzen Zahlen, dann kam die Pandemie. War das Ihre größte Herausforderung?
GREGER: Ich würde Corona auf dieselbe Stufe stellen wie das Jahr 2016. Damals wurde beschlossen, den Jakobs-Stift endgültig zu schließen. Die Bewohner, die damals noch dort lebten, kamen in einem umgebauten Trakt des Wollmarkts im Hospital-Stift unter. Die Situation war sehr angespannt, weil ein jahrhundertealter Bautrakt saniert wurde, wo es bei den Bauarbeiten immer wieder Überraschungen gab. Aber der Umzug musste klappen und hat dann auch geklappt. Bei Corona ist in der Rückschau bedauerlich, dass das Unternehmensmanagement auf einmal nicht weiter entwickelt werden konnte. Die Entwicklungsprozesse waren vorher gut und dann wurden wir ausgebremst. Es war wie eine Vollbremsung.
Durch die Coronapandemie stockte die Auslandsakquise von Arbeitskräften
Was ist damals passiert?
GREGER: Man konnte keine Arbeits- und Projektgruppen mehr bilden. In vielen Bereichen herrschte Stillstand, wie etwa in der Modernisierung der Infrastruktur und Digitalisierung. Das war bitter. Vor der Pandemie hatten wir unsere Fühler beispielsweise zu einer Pflegeschule im Kosovo ausgestreckt. Wir sind damals hingeflogen und haben dort ein Casting gemacht und waren von der Hälfte der Bewerber durchaus angetan. Doch dann kam Corona, da konnte man nicht mehr reisen und die Auslandsakquise geriet ins Stocken. Das hat uns auch zurückgeworfen. Jetzt geben wir wieder Gas und haben beispielsweise eine zusätzliche Planstelle für die Akquise International bekommen.
Die Kosten für die stationäre Pflege werden immer teurer. Wie soll das weitergehen?
GREGER: Wenn ich diese Entwicklung aus der Sicht der Betroffenen sehe, dann ist das schlimm. Viele Leute würden nie auf das Amt gehen wollen, aber das wird irgendwann unumgänglich, wenn das eigene Vermögen aufgebraucht ist. Auf der anderen Seite sind wir froh, dass wir für die Branche eine Anhebung der Entgelte der Pflegeberufe haben - und wir sind froh, dass der Pflegeschlüssel gehalten wird. Wir haben in Bayern einen durchaus sehr guten Pflegeschlüssel. In der Summe ergibt das diese gravierenden Erhöhungen. Nichtsdestotrotz bin ich der Meinung, dass man das System kritisch betrachten muss. Müsste man etwa einen Fonds gründen, in dem Drittmittel dazu führen, dass der Eigenanteil der pflegebedürftigen Personen irgendwann gedeckelt ist? Höhere Pflegeversicherungsbeiträge oder eine Vollversicherung würden helfen, die kosten allerdings Geld. Vielleicht muss man auch mit einer privaten Pflegeversicherung vorsorgen. Es gibt eine große Masse an Babyboomern, zu denen ich selber gehöre, die sich auf das System zu bewegen. Das wird eine sehr anspruchsvolle Aufgabe werden, für die Zukunft eine Lösung zu finden.
Der Hospital-Stift wurde nicht so weiter entwickelt, wie gedacht
Gibt es etwas, was nicht umgesetzt werden konnte?
GREGER: Die Weiterentwicklung des Paritätischen Hospital-Stifts ist nicht so weit gekommen, wie ich mir das vorgestellt hatte. Ich gehe davon aus, dass die Stiftung Probleme hat, das mit ihrem eigenen Haushalt zu stemmen. Der große Wurf, so wie ich ihn mir nach der Sanierung des Wollmarkttrakts für das Haupthaus gewünscht hätte, ist nicht passiert. Das, was der Eigenbetrieb machen konnte, das haben wir getan.
Worauf sind Sie stolz?
GREGER: Dass wir bei vielen Modellprojekten mitmachen, wie etwa bei dem bayerischen Projekt zur Erprobung von Springerkonzepten, das sehr erfolgreich bei uns funktioniert. Bayernweit konnten nur 20 Einrichtungen daran teilnehmen.
Worauf freuen Sie sich, wenn Sie künftig mehr Freizeit haben?
GREGER: Ich habe natürlich im Verlauf der Jahre viele Erfahrungen im Sozialmanagement gesammelt. Das interessiert mich auch weiter. Ich wollte ein Ehrenamt ausüben und habe mich sehr gefreut, dass der SkF mir das Ehrenamt der Vorstandsvorsitzenden angeboten hat. Mit der anderen Zeit werde ich ein wunderschönes, ländliches Leben bei Landsberg am Lech genießen. Dort lebt meine Familie, die mich gerne mehr sehen will. Ich will auch wieder mehr Bücher lesen, mich mehr bewegen und vielleicht auch ein neues Hobby ausprobieren, wie etwa das Golfspielen.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden