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Augsburg: Seniorenheim Ebnerstraße: Stadt Augsburg untersagt den Betrieb

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Seniorenheim Ebnerstraße: Stadt Augsburg untersagt den Betrieb

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    Am Samstagmittag war die Aufgabe geschafft: Die Stadt hat alle Bewohnerinnen und Bewohner des Pflegeheims Ebnerstraße in andere Einrichtungen verlegt.
    Am Samstagmittag war die Aufgabe geschafft: Die Stadt hat alle Bewohnerinnen und Bewohner des Pflegeheims Ebnerstraße in andere Einrichtungen verlegt. Foto: Silvio Wyszengrad

    Am Samstagmittag gegen 13.30 Uhr war die Aktion beendet: Die Stadt hatte sämtliche Bewohnerinnen und Bewohner des umstrittenen Pflegeheims in der Ebnerstraße in andere Einrichtungen verlegt. Das Heim steht damit leer - und das wird wohl auch länger so bleiben: Die städtische Heimaufsicht hat dem italienischen Betreiber laut Auskunft von Augsburgs Gesundheitsreferent Reiner Erben (Grüne) den Betrieb untersagt. Ein "Nachbessern" der desolaten Pflegesituation sei damit nicht mehr möglich. "Der Träger müsste einen völlig neuen Antrag stellen", so Erben. Vor Herausforderungen steht damit aber auch die Stadt: Durch die Schließung des Heims gehen in Augsburg 120 Pflegeplätze verloren.

    Die Bewohner des Seniorenheims in Augsburg wurden bereits verlegt

    Die letzten Bewohnerinnen und Bewohner vom Umzug in eine andere Pflegeeinrichtung zu überzeugen, war nicht leicht. Sieben Männer und Frauen waren trotz der groß angelegten Verlegungsaktion am Freitag zunächst im Heim in der Ebnerstraße geblieben. Um ihre Pflege zu gewährleisten, hatte die städtische Altenhilfe noch am späten Abend Personal organisiert, das sich freiwillig zum Nachtdienst in der Einrichtung bereit erklärte. Am Samstagvormittag waren laut Erben dann die meisten Männer und Frauen bereit, in andere Heime zu wechseln. Nur bei zweien musste mehr Überzeugungsarbeit geleistet werden.

    Zahlreiche ehrenamtliche Helferinnen und Helfer waren im Einsatz, um die Bewohner des Pflegeheims Ebnerstraße zu verlegen.
    Zahlreiche ehrenamtliche Helferinnen und Helfer waren im Einsatz, um die Bewohner des Pflegeheims Ebnerstraße zu verlegen. Foto: Silvio Wyszengrad

    Weil eine Person ein Spezialbett benötigt, wurde am Samstag die Feuerwehr für einen Spezialtransport angefordert. Gesundheitsreferent Erben äußerte sich am frühen Nachmittag im Gespräch mit unserer Redaktion erleichtert, dass die Aufgabe nun geschafft sei: "Es war eine grandiose Leistung aller Hilfsorganisationen, die in den letzten drei Tagen hohen Einsatz gezeigt haben." Bei der Verlegung, die am Mittwoch begonnen hatte, waren zum Großteil Ehrenamtliche vor Ort, die sich sehr um die Bewohnerinnen und Bewohner bemüht hätten: "Teils haben die Helfer säckeweise Kleidung, Fernseher und persönliche Gegenstände in die Krankentransporte gepackt, um den Menschen ihre persönlichen Dinge mitgeben zu können." Dankbar ist Erben auch den Heimen, die sehr kurzfristig freie Plätze angeboten hatten. Für 86 zu verlegende Männer und Frauen gab es am Ende 94 freie Betten. "Soweit pflegerisch möglich, konnten die Bewohner und ihre Angehörigen das neue Heim auswählen."

    Für die Rettungsorganisationen war der Abtransport der Bewohner eine große logistische Leistung, die nur mithilfe vieler ehrenamtlicher Helfer möglich war. "In einer wegen Corona ohnehin engen Situation haben alle zusammen geholfen, um die Menschen möglichst schnell in ihr neues Zuhause zu bringen", sagt der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Augsburger Hilfsorganisationen, Raphael Doderer. Nachdem am Freitagabend mit 39 Transporten das Heim noch nicht ganz leer war, rückten am Samstagmorgen nochmal Ehrenamtliche von DLRG, BRK Augsburg Land und den Johannitern an, um die letzten Menschen abzuholen. "Man darf nicht vergessen, dass das für die Senioren keine Notverlegung wie nach einem Brand oder Unglück war, sondern ein dauerhafter Umzug", so Doderer. Dementsprechend viel Hausstand galt es zu transportieren. Sogar ein Haustier - ein Vogel - fand seinen Weg in einen der Einsatzwägen.

    Die Plätze in den neuen Heimen stehen dauerhaft zur Verfügung

    Die nun zugewiesenen Heimplätze sind dauerhaft: Wer sich im neuen Heim wohl fühlt, kann bleiben. Was die Kosten für diese Einrichtungen betrifft, werden aber einige Dinge zu klären sein. Das Pflegeheim in der Ebnerstraße war eines der billigsten in Augsburg, für die meisten anderen Einrichtungen fallen höhere Kosten an. "Für Bewohnerinnen und Bewohner, die sich den höheren Betrag nicht leisten können, springt in der Regel der Sozialgesetzgeber ein", erklärte Erben am Samstag auf AZ-Anfrage. "Es wird also niemand hinausgeworfen, wenn er sich das Heim definitiv nicht leisten kann." Die Betroffenen müssten aber entsprechende Nachweise erbringen.

    Die städtische Heimaufsicht hat für das Heim nun eine Betriebsuntersagung angeordnet. Der italienischen Betreiber Sereni Orizzonti darf den Pflegebetrieb in der Ebnerstraße damit nicht noch einmal aufnehmen. "Er müsste dafür schon einen völlig neuen Antrag stellen", sagt Erben. Kritik, warum die Stadt diesen Schritt nicht schon früher gegangen sei, kontert der Referent: Die Heimaufsicht habe dem Betreiber im vergangenen Jahr immer wieder Auflagen gemacht, die dieser zumindest teilweise auch befolgte. Was eine Schließung betrifft, seien der Heimaufsicht deshalb die Hände gebunden gewesen. Der Corona-Ausbruch in der Ebnerstraße lieferte in den vergangenen Tagen dann aber den Hinweis, "dass der Träger auf nichts vorbereitet war". Bei der Verlegung der Patienten habe er keinerlei Hilfe angeboten. Vier Patienten mussten laut Erben direkt ins Krankenhaus gebracht werden, ein weiterer Beweis, dass eine zuverlässige Pflege im Heim zuletzt nicht mehr gewährleistet war. Die Heimaufsicht habe deshalb mit dem Betriebsverbot "nun das schärfste Schwert" gezogen, das ihr zur Verfügung stehe, so Erben.

    Das Betriebsverbot gilt nicht für das Gebäude

    Das Betriebsverbot gilt ausdrücklich für den Betreiber Sereni Orizzonti, nicht für das Gebäude selbst. "Der Bauzustand ist okay, das Haus ist im Stadtviertel gut eingebunden", sagt Erben. Ob der italienische Betreiber überhaupt mit dem Gedanken spielt, sein einziges Pflegeheim in Deutschland nochmals in Betrieb zu nehmen, weiß Erben nicht. Auch über die Dauer des Pachtvertrags in der Immobilie kann der Referent nichts sagen. Würde sich Sereni Orrizonti dauerhaft zurückziehen, könnte eventuell ein anderer Träger dort wieder ein Pflegeheim einrichten. Erben und die Stadt halten es aber nicht für ausgeschlossen, dass der Betreiber gegen das Betriebsverbot vorgeht.

    Das Haus Ebnerstraße hat Platz für bis zu 120 Bewohnerinnen und Bewohner. Zuletzt hatte der Betreiber seine Kapazitäten aber auf 86 heruntergefahren. Diese Plätze fehlen nun im Angebot der Stadt, eine "dramatische Situation" so Erben. Ab Montag soll es Gespräche geben, wie man dieses Defizit auffangen könnte. Gefragt ist hier vor allem Sozialreferent Martin Schenkelberg, die Zuständigkeit von Gesundheitsreferent Reiner Erben endete mit der Schließung des Pflegeheims.

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