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Augsburg: Schwanger und allein mit Anfang 20: Wie diese junge Mutter ihr Leben meistert

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Schwanger und allein mit Anfang 20: Wie diese junge Mutter ihr Leben meistert

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    Jessie H. wurde mit 22 Jahren Mutter. Gemeinsam mit ihrer Tochter lebte sie nach der Geburt in der Mutter-Kind-Betreuung des SOS-Kinderdorfs in Augsburg.
    Jessie H. wurde mit 22 Jahren Mutter. Gemeinsam mit ihrer Tochter lebte sie nach der Geburt in der Mutter-Kind-Betreuung des SOS-Kinderdorfs in Augsburg. Foto: Silvio Wyszengrad

    Für Jessie H. sollte es der Beginn eines neuen Lebens werden. Erst wenige Monate kannte sie ihren neuen Freund, als sie mit ihm nach Nordrhein-Westfalen zog. Weg aus ihrer Heimatstadt Augsburg. Eine eigene kleine Wohnung, ein neuer Job, vielleicht eine Ausbildung im Gartenbaubereich anfangen. Auf eigenen Beinen stehen, sich etwas aufbauen. Und dann der Schock: ungeplant schwanger mit 22 Jahren. Genauso wie damals ihre Mutter und ihre Oma, die dadurch mit 66 Jahren zur Uroma wurde.

    Im ersten Moment, daraus macht Jessie H. keinen Hehl, habe sie überlegt, ob sie das Kind wirklich bekommen soll. "Aber als ich das Baby dann auf dem Ultraschall gesehen habe, war es um mich geschehen." Noch während der Schwangerschaft zerbrach die Beziehung zum Kindsvater. Jessie H. zog zurück nach Augsburg, kam zunächst bei ihrer Mutter unter. Verbrachte dort die Nächte mit wachsendem Babybauch auf dem Sofa. Doch dauerhaft konnte sie hier nicht bleiben. Hochschwanger zog sie deshalb im August 2022 in die Mutter-Kind-Betreuung des SOS-Kinderdorfs in Augsburg und hielt wenige Wochen später ihre neugeborene Tochter in den Armen. Fröhlich brabbelnd stiefelt die heute Eineinhalbjährige an diesem sonnigen Vormittag durch die Einrichtung, nascht ein paar Himbeeren, die die Mama mitgebracht hat und macht es sich dann auf dem Schoß von Christine Beck gemütlich. 

    Die Betreuerinnen sind für die Tochter wichtige Bezugspersonen

    Als Bezugsbetreuerin von Jessie H. ist die Sozialpädagogin, wie auch die anderen Betreuerinnen im Haus, eine wichtige Person im Leben ihrer kleinen Tochter geworden. Sie waren es, die der alleinerziehenden Mutter im Wochenbett mal ein paar Minuten Auszeit verschafften. Die das Baby übernahmen, wenn Jessie H. kurz duschen gehen wollte. Die mit dem unruhigen Kind auf dem Gymnastikball weiterhopsten, wenn die junge Mutter vor lauter Müdigkeit nicht mehr konnte. 

    Gerade die erste Zeit, in der ihre Tochter sehr viel geweint habe, habe sie an ihre Grenze geführt, sagt Jessie H. im Rückblick. "Ich weiß nicht, was gewesen wäre, wenn ich diese Unterstützung nicht gehabt hätte und allein zu Hause gewesen wäre." So konnte die junge Mutter langsam in ihre Rolle hineinwachsen. Elf Monate wohnte sie mit ihrer Tochter in der Einrichtung, in der Platz für sechs junge Mütter und ihre Kinder ist. Dann zog sie in eine der beiden externen Wohnungen ganz in der Nähe, wo sie nun nicht mehr so engmaschig betreut wird. Anfangs, sagt Jessie H., sei das schon eine Umstellung gewesen. "Im Haus konnte man im Notfall ja immer auf die Betreuer zurückgreifen. Ich musste mich erstmal daran gewöhnen, dass ich mit ihr allein bin. Aber jetzt ist es dafür umso schöner." 

    Mittlerweile leben Mutter und Kind in einer externen Wohnung

    Ganz bewusst genießt sie die Zeit mit ihrer Tochter. Gemeinsam sind sie viel in der Natur unterwegs oder auch in der Stadt. Das, glaubt Jessie H., sei vielleicht eine Sache, die sie von älteren Müttern unterscheidet. "Ich nehme meine Tochter einfach mit, auch wenn es mit Freunden ins Café geht. Sie ist immer dabei." Daneben sei sie mit Anfang 20 einfach noch näher dran an der eigenen Kindheit. Auch an den Erinnerungen, was ihr damals nicht so gefallen habe, was sie anders machen will. Auf der anderen Seite bedeute die vergleichsweise frühe Mutterschaft aber auch, dass sie ihr Leben noch nicht geregelt hatte, als sie Mama wurde. "Das jetzt mit meiner Tochter zusammen zu machen, ist eine Herausforderung", gibt sie zu. 

    Doch auch wenn es als junge alleinerziehende Mutter manchmal schwer ist, will Jessie H. keine Sekunde mit ihrer Tochter missen. Heute sei sie froh, dass es so gekommen ist. "Ich bin durch sie erwachsen geworden. Ich habe jetzt die Verantwortung, bin viel konsequenter", sagt sie. Wenn sich eine Wohnung findet, will sie im Sommer die Mutter-Kind-Einrichtung endgültig verlassen, die Prüfung zur Versicherungsberaterin machen, ganz auf eigenen Beinen stehen. Dass das überhaupt möglich sein könnte, das hätte sie vor der Geburt ihrer Tochter nicht zu hoffen gewagt. Geholfen habe es aber vor allen Dingen, sich einzugestehen, dass man Hilfe braucht. Auch wenn das erstmal schwer sei. "Aber egal wie aussichtslos die Situation scheinen mag, es wird immer irgendwie weitergehen", sagt Jessie H. 

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