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Schwäbischer Handelschef zu Augsburger Karstadt-Aus: "Leerstand wäre fatal"

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Schwäbischer Handelschef zu Karstadt-Aus: "Szenario Leerstand wäre fatal"

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    Die Augsburger Karstadt-Filiale soll im August schließen. Handelsexperte Andreas Gärtner sieht darin Chance und Risiko zugleich.
    Die Augsburger Karstadt-Filiale soll im August schließen. Handelsexperte Andreas Gärtner sieht darin Chance und Risiko zugleich. Foto: Michael Hochgemuth, Ralf Lienert

    Herr Gärtner, die Nachricht, dass die Augsburger Filiale von Galeria Karstadt Kaufhof im August geschlossen werden soll, kam für viele überraschend. Auch für Sie?
    ANDREAS GÄRTNER: Ja, und ich kann die Entscheidung auch nicht zu 100 Prozent nachvollziehen. Stadtgröße und Einzugsgebiet von Augsburg sind interessant, die Rahmenbedingungen gut. Diese Entscheidung ist sehr hart – vor allem für die Mitarbeiter, aber auch für Stadt und Handel in

    Ist ein solches Ende mit Schrecken nicht besser als ein Schrecken ohne Ende? Das Modell Warenhaus steht schon länger auf dem Prüfstand, finanzielle Nöte prägen die Branche seit Jahren.
    GÄRTNER: Fakt ist: Der extreme Frequenzbringer aus dem Umland, wie es vielleicht vor 20 Jahren der Fall war, ist Galeria schon länger nicht mehr. Aber natürlich ist das Haus nach wie vor ein sehr wichtiger Faktor für die Innenstadt, gerade in dieser exponierten Lage.

    Wie viel Chance, wie viel Risiko liegt in der Entwicklung eines so großen wie exponierten Gebäudes?
    GÄRTNER: Es ist natürlich nicht einfach, solch große Flächen zeitgemäß zu belegen. Dass sie nach Karstadt Galeria Kaufhof auf dieselbe Weise genutzt werden – also Handel über mehrere Etagen – ist eher unwahrscheinlich. Umso mehr wird es darauf ankommen, dass der Immobilieneigentümer ein Nutzungskonzept entwickelt, das mittel- und langfristig ein attraktiver Anziehungspunkt in der Stadt ist.

    Wie kann und soll das gelingen?
    GÄRTNER: Ich hoffe, dass der Eigentümer dazu schon einen Plan in der Schublade hat. Natürlich ist das kein Wunschkonzert, die Lösungen müssen genehmigungsfähig sein, aber vorstellbar wäre vieles. Ich gehe davon aus, dass Handel im Erdgeschoss bleiben wird, vielleicht auch in Keller und erstem Stock. Im Bereich darüber ist die Frage, wie entwickelbar diese Flächen sind. Vielleicht mit Wohnen, vielleicht mit Freizeit, vielleicht mit städtischen Einrichtungen? Möglich sind unterschiedlichste Nutzungskonzepte. Aber in einer solchen Innenstadt-Lage geht es meist nicht ohne Kompromisse. Und natürlich ist in diesen Fällen immer auch die Frage, wie viel der Eigentümer investieren kann und will.

    Die Nachricht der Schließung hat auch im Innenstadt-Handel Unruhe und Sorgen befeuert. Von welchen Auswirkungen gehen Sie aus?
    GÄRTNER: Es ist ganz entscheidend, dass kein Domino-Effekt entsteht. Je früher umsetzbare Konzepte am Start sind – vielleicht noch nicht sofort umgesetzt, aber immerhin kommuniziert –, desto besser. Was auf keinen Fall eintreten darf, ist ein neuer "Fall Woolworth". Das Szenario Leerstand wäre fatal und für das ganze Umfeld extrem schwierig zu kompensieren. Eine schnelle Lösung wäre wünschenswert.

    Ist absehbar, wie es mit dem Aldi-Supermarkt im Keller weitergeht? 
    GÄRTNER: Das ist eine der Fragen, die es nun zu beantworten gilt. Fest steht: Aldi ist ein Gewinn für die Innenstadt – so, wie auch die anderen Supermärkte.

    In der Augsburger Galeria Karstadt Kaufhof-Filiale sind 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Welche Perspektiven haben sie?
    GÄRTNER: Ob der Sozialplan und das Überführen in eine Transfergesellschaft so kommen wie angekündigt, muss man abwarten. Im Grundsatz ist der Arbeitsmarkt im Handel aufnahmefähig. Wir haben nach wie vor die Situation, dass wir quer durch alle Branchen nicht alle Stellen besetzen können. Der höchste Bedarf besteht im Lebensmittelhandel. Die Perspektive, im Handel wieder unterzukommen, ist also definitiv da. Allerdings: Wer neu in einem Unternehmen einsteigt, bekommt vielleicht nicht dasselbe Angebot wie nach 20 Jahren bei Galeria Karstadt. Das ist hart, allerdings sind auch sehr viele Unternehmen massiv am Kämpfen.

    Das klingt, als sei die Unsicherheit allgemein groß.
    GÄRTNER: Das stimmt – gerade, wenn jetzt ein so großes Unternehmen wegzubrechen droht. Für die betroffenen Mitarbeiter ist das am tragischsten, aber auch Händler in der Nähe haben Sorge, dass ihnen Frequenz wegbricht. Es geht auch um die Stadt insgesamt als Einkaufsstandort. Trotzdem gilt es, zuversichtlich zu bleiben – und ich sehe auch Anlass dazu. Augsburg ist und bleibt attraktiv.

    Zur Person

    Andreas Gärtner ist seit 2019 Bezirksgeschäftsführer des Handelsverbands Schwaben.

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