Drei Monate nach der Schändung einer Israel-Flagge auf dem Augsburger Rathausplatz muss sich ein junger Mann kommende Woche vor dem Amtsgericht Augsburg verantworten. Bei ihm handelt es sich aber nicht um denjenigen, der die Fahne heruntergerissen hat.
Vor Gericht steht zunächst der Kompagnon, der die Tat mitgefilmt hat. Auf dem Video war alles zu sehen. Auch, dass sein Freund eine sportliche Konstitution hatte. Es dauerte nur einen kurzen Augenblick, bis dieser an jenem lauen Frühabend im Oktober den Fahnenmast am städtischen Verwaltungsgebäude emporkletterte und die Israel-Flagge herunterriss – vor den Augen vieler Menschen. Die Stadt Augsburg hatte die Flagge als Solidaritätsbekundung mit dem Staat Israel gehisst. Am Boden versuchte der Unbekannte noch die Fahne anzuzünden. Eine mutige Passantin schritt schließlich ein und hinderte ihn daran. Gegen beide zur Tatzeit 18 Jahre alten Syrer wurde Anklage erhoben.
Israel-Fahne: Was die Staatsanwaltschaft Augsburg dem 19-Jährigen vorwirft
Dem inzwischen 19-jährigen Filmer, der nun zuerst vor Gericht steht, wirft die Staatsanwaltschaft Beihilfe zur Verletzung von Flaggen- und Hoheitsrechten ausländischer Staaten vor. Wie es heißt, soll sein Kompagnon ihn unmittelbar vor der Tat über sein Vorhaben informiert und ihn aufgefordert haben, ein Video davon drehen. Das machte der Angeklagte offenbar auch.
Er soll die Tat von Beginn an aufgenommen haben, um den Film später seinem Freund zu schicken. Dieser wiederum, so sieht es die Anklage, veröffentlichte das Video später auf einem Tiktok-Account, von wo aus es sich weiter in den sozialen Netzwerken verbreitete. Das Video erreichte bundesweit Aufmerksamkeit, auch weil darauf deutlich wurde, dass viele Passanten zunächst nicht reagierten.
Vorfall auf Augsburger Rathausplatz sorgte für Entsetzen
An der Flagge selbst war ein Sachschaden von 100 Euro entstanden. Das Entsetzen über die antisemitische Tat und damit der immaterielle Schaden hingegen waren weitaus größer. In der Israelitischen Kultusgemeinde zeigte man sich schockiert und sprach von einem "erschreckenden Vorfall". Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) verkündete: "Unsere Solidarität kann man nicht herunterreißen, wir werden sie weiter sichtbar zeigen." Doch dann kam es zu einem weiteren Vorfall, bei dem eine weitere Israel-Fahne abgerissen wurde. Hier dauerten die Ermittlungen noch an, berichtet eine Polizeisprecherin auf Nachfrage. Derzeit gebe es noch keine Tatverdächtigen.
Nach den Vorfällen entschied die Stadt in Absprache mit der Israelitischen Kultusgemeinde, sowohl auf die ukrainische als auch auf die israelische Fahne am Rathausplatz zu verzichten. Stattdessen wurde ein Banner als Zeichen gegen Antisemitismus und für die Vielfalt in der Stadt mit der Aufschrift "Nie wieder ist jetzt" am Verwaltungsgebäude angebracht.