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Augsburg: Real wird Kaufland – und Augsburgs Supermarktlandschaft weniger vielfältig

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Real wird Kaufland – und Augsburgs Supermarktlandschaft weniger vielfältig

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    Die Vielfalt an unterschiedlichen Supermarkt-Marken ist in den letzten Jahren in Augsburg kleiner geworden.
    Die Vielfalt an unterschiedlichen Supermarkt-Marken ist in den letzten Jahren in Augsburg kleiner geworden. Foto: Peter Fastl

    Das blaue Real-Leuchtschild ist abgehängt, stattdessen prangt nun ein großes rotes K auf weißem Hintergrund über dem Eingang: Seit Donnerstag ist der ehemalige Real-Markt in der Reichenberger Straße nach 23 Jahren Geschichte. Er wurde nach der Zerschlagung von Real - zunächst hatte ein russischer Investor die Kette übernommen und Augsburg sollte eine Edeka-Filiale werden - in eine Kaufland-Filiale umgebaut und ist am Morgen des ersten Verkaufstages bereits gut besucht. Die Kundinnen und Kunden scheinen zufrieden, allerdings merkt eine ältere Dame an: "Jetzt gibt es halt noch weniger Auswahl bei den Supermärkten."

    Damit hat die Seniorin nicht Unrecht, denn dass eine Supermarkt-Marke komplett verschwindet, ist zuletzt in Augsburg mehrfach passiert. Ende vergangenen Jahres wurde beispielsweise aus der Marktkauffiliale in Göggingen Edeka Seng und schon 2017 löste sich Kaiser's Tengelmann auf. Die kriselnden Filialen gingen an Edeka und Rewe. Plus und Minimal sind in Augsburg schon längst passé. Auch die Zeiten von Südmarkt oder BMA sind seit vielen Jahren vorbei.

    1985 gab es in Augsburg mit Big und Kaufland nur zwei große Supermärkte

    Die Markenvielfalt nimmt damit stetig ab. Dafür haben die führenden Handelsgruppen wie die Rewe-Gruppe (hierzu gehört auch Penny), die Schwarz-Gruppe (Lidl und Kaufland) oder die Edeka-Gruppe (dazu zählt unter anderem auch Netto) ihren dazugewonnen oder neu ausgeflaggten Filialen neue Konzepte verpasst. Rewe unterscheidet nach Märkten und Centern sowie Rewe to go - je nach Größe und darauf ausgelegtem Sortiment. Bei Edeka haben kleine Läden in Innenstadtlagen wie im Bismarckviertel den Zusatz "Express", größere Märkte werden als E Center betitelt. Anders als bei den Discountern werden viele dieser Filialen von privaten Händlern geführt. Bei Rewe sind es in der Region Süd mehr als die Hälfte der 545 Geschäfte. Doch das ist längst nicht der einzige Wandel, den der Lebensmitteleinzelhandel in Augsburg durchlebt (hat).

    So ist der Standort der ehemaligen Real-Filiale eng mit der Geschichte großer Supermärkte in Augsburg verbunden. 1985 gab es neben einzelnen Discountern nur zwei große Supermärkte in der Stadt: die heute noch existente Kaufland-Filiale in Lechhausen und Big - dieser Markt stand just auf dem Areal der jetzt umfirmierten Real-Filiale in der Reichenberger Straße. Weitere große Märkte führten in den 1980er-Jahren nur die Grossisten, also Zwischenhändler, bei denen nur Gewerbetreibende einkaufen konnten. Dafür gab es an einigen Stellen noch den klassischen Tante-Emma-Laden.

    Ein Überblick: Diese Handelsketten gehören zusammen

    Die Supermarktlandschaft in Deutschland ist ziemlich komplex. Wer bei Penny einkauft tut es irgendwie auch bei Rewe. Beide Geschäfte gehören zu einer Handelskette. Es gibt mehrere solcher Beispiele.

    Schwarz-Gruppe: Hier gehören der Discounter Lidl und der Supermarkt Kaufland dazu.

    Rewe-Gruppe: Rewe, Penny und Nahkauf gehören unter anderem zur Rewe-Gruppe. Aber auch die in Österreich aktive Supermarktkette Billa und die Toom-Baumärkte sind Teil der Rewe-Gruppe. Die Vertriebsmarken miniMAL, Deutscher Supermarkt, HL, Otto Mess und Stüssgen wurden 2006 unter der neuen Marke „REWE“ zusammengefasst. Eine einheitliche Vertriebsmarke reduziert unter anderem Komplexität, Kosten und doppelte Strukturen und erhöht gleichfalls die Wirksamkeit und Effizienz von (Werbe-)Maßnahmen sowie die Bekanntheit einer Marke, heißt es zur Begründung.

    Aldi: Der Discounter Aldi ist eigenständig, jedoch unterteilt in Aldi Nord und Aldi Süd.

    Metro-Gruppe: Bis 2020 gehörte Real zur Metro-Gruppe, ehe ein russischer Investor die finanziell angeschlagenen Filialen kaufte und an Kaufland, Edeka und Globus weitergab.

    Edeka-Gruppe: Hier sind unter anderem Edeka und Netto vereint. Auch Marktkauf gehörte zu Edeka. Mittlerweile ist diese Marke verschwunden und es wurden Edeka-Geschäfte daraus.

    Norma gehört keiner Handelskette an und ist eigenständig.

    Heute ist das anders. Tante-Emma-Läden sind aus der Stadt - mit wenigen Ausnahmen - verschwunden, dafür betreibt Kaufland mittlerweile vier Filialen (Lechhausen, Göggingen, Oberhausen, Herrenbach) in Augsburg und drei weitere im Umland (Königsbrunn, Neusäß und Friedberg). Dort sind rund 600 Menschen beschäftigt. Dazu haben auch andere Unternehmen ihre Verkaufsfläche vergrößert und sind auf Standorte auf der grünen Wiese ausgewichen. "Waren vor zehn Jahren noch 800 Quadratmeter Standardfläche für einen Markt, sind es heute 1200 Quadratmeter und mehr", ordnet Andreas Gärtner vom Schwäbischen Handelsverband ein. In Innenstädten und Stadtteilen sind Supermärkte dafür über viele Jahre lang sukzessive verschwunden.

    Bio-Märkte Denns und Basic machen die Landschaft wieder vielfältiger

    Zum Leidwesen der Kundinnen und Kunden, weshalb seit einigen Jahren die Rolle rückwärts folgt. Vor allem Rewe hat das sich wandelnde Konsumverhalten genutzt und Innenstadtlagen erneut besetzt. Gab es 2104 nur acht Rewe-Märkte in Augsburg, sind es heute 17. "Die Innenstädte sind wieder attraktiv. Die Menschen wollen in ihrem direkten Umfeld einkaufen", so Sprecherin Ursula Egger. Auch Aldi ist in die Innenstadt gezogen und seit 2020 im Untergeschoss von Karstadt zu finden. Rewe eröffnete zunächst direkt am Rathausplatz eine kleine Filiale, es folgte jene im Domviertel 2018. Im selben Jahr wurde das Untergeschoss in den ehemaligen K&L-Räumen besetzt und in Hochzoll-Mitte und Hochzoll-Süd sind ebenfalls neue Märkte entstanden. 2023/24 soll in diesem Stadtteil ein weiterer Rewe entstehen. Er kommt in die Zugspitzstraße.

    Dass die schrumpfende Vielfalt an Supermarkt-Marken Nachteile für die Konsumenten hätte, sieht Handels-Experte Gärtner nicht. Die Produktauswahl sei zuletzt teils deutlich ausgeweitet worden. Marktabsprachen fänden wegen des nach wie vor bestehenden guten Wettbewerbs nicht statt. Aus seiner Sicht ist der Markt auch diverser geworden. "Mit den Denns und Basic-Bio-Märkten oder auch Mixmarkt und Co sind Angebote dazugekommen, die es früher nicht gab."

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