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Augsburg: Raus aus der Politik: Das macht Augsburgs Ex-OB Kurt Gribl heute

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Raus aus der Politik: Das macht Augsburgs Ex-OB Kurt Gribl heute

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    Für das Foto hat Kurt Gribl für einen kurzen Moment die Maske abgenommen. Der Augsburger Alt-Oberbürgermeister schätzt sein neues Leben.
    Für das Foto hat Kurt Gribl für einen kurzen Moment die Maske abgenommen. Der Augsburger Alt-Oberbürgermeister schätzt sein neues Leben. Foto: Silvio Wyszengrad

    Die Zeiten, in denen die Schranke am Verwaltungsgebäude hochging, wenn der silberfarbene Mercedes-Bus mit dem Oberbürgermeister im Fond heranfuhr, sind vorbei. Kurt Gribl muss sich jetzt genauso an der Pforte für einen Termin bei der Stadt anmelden, wie jeder andere Bürger auch. Schließlich ist er seit über einem Jahr nicht mehr Oberbürgermeister. „Das ist okay, ich würde es gar nicht anders wollen“, sagt Gribl und lacht. „Komisch ist es aber manchmal schon noch.“ Seit dem Rückzug aus der Politik hat sich in Gribls Leben viel geändert. Da geht es um Kleinigkeiten wie den eigenen Haushalt oder Baumarkt-Besuche. Eine Veränderung aber ist für den 56-Jährigen essentiell.

    Kurt Gribl: „Ich bin nicht mehr von anderer Seite durchgeplant“

    Kurt Gribl entschuldigt sich für seine kleine Verspätung. So ganz könne er es manchmal nicht abschätzen, wie lange die Fahrt mit den Öffentlichen in die Innenstadt dauert. Der Mann, der seine Arbeitstasche an einem Riemen über die Schulter trägt, wirkt locker, erzählt offen von seinem neuen Leben, das jetzt ein anderes sei. „Der größte Unterschied“, sagt er, „ist die Selbstbestimmtheit. Ich bin nicht mehr von anderer Seite durchgeplant.“ Gribl genießt die neuen Freiräume, wie etwa auch mal ein Wochenende planen zu können oder sich morgens vor der Arbeit aufs Fahrrad zu schwingen. „Das hat einen riesigen Wert.“

    Kurt Gribl wirkt gelöst. Er erzählt, wie sich sein neues Leben anfühlt und was er macht.
    Kurt Gribl wirkt gelöst. Er erzählt, wie sich sein neues Leben anfühlt und was er macht. Foto: Silvio Wyszengrad

    Als der einstige Oberbürgermeister im März 2019 verkündete, er werde nicht mehr für die Wahl 2020 antreten, war das ein Paukenschlag. Damals hätten ihn viele wegen seiner Entscheidung verunsichert, erinnert er sich. So ein Rückzug könne nicht funktionieren, er werde nie seine Ruhe haben, hatten Außenstehende prophezeit.

    Wie Augsburgs ehemaliger Oberbürgermeister in die Normalität zurückfand

    Doch Kurt Gribl hatte nie einen Hehl aus seiner Überzeugung gemacht, dass es möglich sein muss, aus einem Beruf in ein öffentliches Amt zu wechseln und zurück. „Das ist meine persönliche Grundhaltung und keine Abwertung derjenigen, die ihr ganzes Leben der Politik widmen“, fügt er hinzu. Wie er auch immer wieder betont, wie sehr er sein Amt geschätzt und gemocht hat. „Es war eine super Zeit.“ Doch eben alles zu seiner Zeit. Er sei froh, dass es ihm gelungen ist, in die Normalität zurückzufinden. Seine neue Arbeit macht einen großen Anteil aus.

    Gribl hat seine Anwaltszulassung wieder aktiviert. Sein Büro ist in der Innenstadt, wobei er wegen der Pandemie auch viel daheim arbeitet. Als selbstständiger Rechtsanwalt berät Gribl in der Immobilienbranche, kümmert sich um Grundstücksangelegenheiten, planungsrechtliche Entwicklungen oder Baugenehmigungsverfahren. Zu seinen Klienten zählt er sowohl Firmen als auch Privatpersonen. Gribl muss sich dabei oft mit den Behörden austauschen. Damit ist er vertraut. Auf die Frage, ob er sich manchmal über die Verwaltung ärgere, weil manches vielleicht nicht schnell genug gehe, antwortet er: „Ich kenne alle Seiten. Jeder hat seine Gründe, warum Dinge nicht so vorangehen, wie es sich der andere vielleicht vorstellt.“

    Augsburgs Ex-OB Kurt Gribl lehnte Angebote bewusst ab

    Angebote, für andere Kanzleien zu arbeiten, hat Gribl bewusst abgelehnt. Sie hätten ihn um seine Selbstbestimmtheit, die er jetzt so schätzt, gebracht. Nebenbei ist der 56-Jährige noch im Aufsichtsrat der Bayerischen Landesbank tätig. Kurt Gribl bezieht ein Ruhegehalt, das ihm als ehemaliger Oberbürgermeister zusteht. Dass dies damals für Diskussionen sorgte und es darüber sogar zur Abstimmung im Stadtrat kam, konnte er nicht nachvollziehen. Er betont, dass sein Ruhegehalt auf seinen jetzigen Verdienst angerechnet werde und es sich nicht um eine Rente, sondern um Versorgungsansprüche handele. Gefreut habe er sich über die Debatte damals nicht, darüber ärgern wollte er sich bewusst nicht.

    Sigrid und Kurt Gribl haben jetzt mehr gemeinsame Zeit.
    Sigrid und Kurt Gribl haben jetzt mehr gemeinsame Zeit. Foto: Annette Zoepf (Archivbild)

    Gribl genießt seine neuen Freiheiten. In den vergangenen zwölf Jahren sei daheim einiges liegen geblieben. „Wie viele andere in der Corona-Zeit ihr Haus aufgeräumt haben, habe ich das auch gemacht“, erzählt er, „vom Dach bis zum Keller“. Er mache gerne handwerkliche Dinge, hat im Garten eine Terrasse gebaut, Malerarbeiten erledigt. Schon in seiner Amtszeit konnte man Kurt Gribl im Baumarkt antreffen.

    Ex-Oberbürgermeister Kurt Gribl geht nicht mehr im Anzug in den Baumarkt

    Das sei nach wie vor auch noch ein Running Gag mit ehemaligen Mitarbeitern aus der Verwaltung. „Ab und zu gibt es eine Whatsapp-Nachricht darüber, was ich handwerklich so mache.“ Früher sei es ihm manchmal unangenehm gewesen, wenn er abends noch schnell auf den letzten Drücker im Anzug in den Baumarkt musste. Er lacht. „Jetzt ordentlich gekleidet, aber nicht im Anzug in den Baumarkt zu gehen, ist normaler als vorher.“ Er und seine Frau Sigrid schätzten die gemeinsame Zeit. Die verbrächten sie auch reibungslos, versichert er augenzwinkernd und witzelt in Anlehnung auf die Kult-Komödie mit Loriot: „Ich habe auch kein Pappa-ante-Portas-Thema entwickelt.“

    Eigentlich wollte das Ehepaar nach dem Neustart eine Zeit lang verreisen, doch Corona machte auch Gribls einen Strich durch die Rechnung. Wie auch dem Plan, sich nun mehr Zeit für Freunde zu nehmen. Kurt Gribl ist im Nachhinein froh, dass er seine Entscheidung zum Rückzug aus der Politik traf, als es Corona noch gar nicht gab. „Ansonsten würde ich mich sehr schlecht fühlen“, sagt er. Mitleid mit seiner Nachfolgerin Eva Weber, die die Stadt durch die Pandemie führen muss, habe er nicht. „Das wäre falsch. Ich empfinde vielmehr Respekt davor, dass sie diese schwierige Situation schon so lange steuert und die Verantwortung auf sich nimmt.“ Das sei beachtlich. Aber er bedauere sie, „weil sie sicherlich andere Vorstellungen hatte und andere Ziele umsetzen wollte.“

    Oberbürgermeister Kurt Gribl bei der symbolischen Übergabe des Rathausschlüssels an seine Nachfolgerin Eva Weber.
    Oberbürgermeister Kurt Gribl bei der symbolischen Übergabe des Rathausschlüssels an seine Nachfolgerin Eva Weber. Foto: Stadt Augsburg, Ruth Plössel (Archivbild)

    Kurt Gribl vermisst die Menschen, mit denen er als OB eng zusammen gearbeitet hat, wie die Stadtdirektoren, Bürgermeisterkollegen oder seine Damen aus dem Sekretariat. „Sie haben immer für mich und meinen Tagesablauf gekämpft.“ Mit ihnen steht er nach wie vor in Kontakt. Ein Gegenstand aus seinem ehemaligen Oberbürgermeister-Büro hat Kurt Gribl mitgenommen: den Schreibtisch aus Granit, der ihm gehört. Der Schreibtisch steht nun in seiner Kanzlei. „Allerdings ist er gehörig geschrumpft. Er hätte sonst nicht in mein neues Büro gepasst.“

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