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Augsburg: Prostituierte erpresst? Nach dem Freispruch klatschten sie sich ab

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Prostituierte erpresst? Nach dem Freispruch klatschten sie sich ab

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    Um eine angebliche Schutzgelderpressung im Rotlichtmilieu drehte sich eine Verhandlung am Augsburger Amtsgericht.
    Um eine angebliche Schutzgelderpressung im Rotlichtmilieu drehte sich eine Verhandlung am Augsburger Amtsgericht. Foto: Hauke-Christian Dittrich, dpa (Symbolbild)

    Sie hatte sich wohl rasch einen Bademantel übergeworfen, wollte nur mal eben ihre Zigaretten aus dem Auto holen und danach in das Augsburger Laufhaus zurückkehren. Doch auf dem Parkplatz soll die Prostituierte von drei Männern bedroht und erpresst worden sein. Ein Koch, ein Chauffeur und ein Trockenbauer mussten sich nun wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und Schutzgelderpressung vor dem Amtsgericht verantworten. Die Vorwürfe schienen schwer. Doch das Schöffengericht sprach das Trio am Ende dennoch von den Vorwürfen frei.

    Der Prozess hätte bereits im vergangenen Dezember stattfinden sollen. Weil die Hauptbelastungszeugin aber mangels einer fehlenden Wohnadresse nicht geladen werden konnte und nicht auffindbar war, wurde die Verhandlung abgesetzt und ein neuer Termin anberaumt. Die drei Rumänen, allesamt kräftige, vollbärtige Männer im Alter zwischen 33 und 36 Jahren, waren deshalb jetzt vor Richter Benedikt Weinkamm mit ihren Strafverteidigern Walter Rubach, Manuel Schwarz und Andreas Boukai erschienen. Diese erklärten gleich, ihre Mandanten werden sich nicht zu den Vorwürfen äußern. Wer erneut fehlte, war die Geschädigte. Dabei hatte sie selbst die Polizei gerufen – damals, nach dem Vorfall im Juli vor zwei Jahren.

    Kripobeamter vor Augsburger Gericht: Zeugin sei glaubhaft gewesen

    Wie es in der Anklage heißt, ist die Frau im Hof des Bordells von den drei Männern abgepasst worden. Einer von ihnen habe ihr mit der Hand ins Gesicht schlagen wollen. Doch die Frau konnte ausweichen. Mit Unterstützung der Drohkulisse der beiden anderen Angeklagten soll er die Frau aufgefordert haben, 1500 Euro Schutzgeld bis zum Mittag desselben Tages zu zahlen, sonst werde etwas passieren und ihr Auto angezündet. Statt sich einschüchtern zu lassen, verständigte die Geschädigte die Polizei. Bei ihrer damaligen Vernehmung habe die Frau sehr glaubhaft gewirkt, sagte ein Kripobeamter, der als Zeuge geladen war. "Es gab für mich keinen Grund, an ihrer Aussage zu zweifeln." Der Polizist wusste noch, warum sich die Rumänin in Augsburg für Sex verkauft hatte. Sie habe ein Haus in Rumänien gebaut und sich dafür mit Prostitution Geld verdienen wollen, so der Beamte. Ob die Frau schon wieder längst in ihr Heimatland zurückgekehrt ist?

    Keiner der Prozessbeteiligten wusste das. Wie Vorsitzender Richter Benedikt Weinkamm erläuterte, sind sämtliche Versuche mithilfe der Kripo und der Staatsanwaltschaft unternommen worden, die aktuelle Adresse der Geschädigten herauszufinden, um sie für den Prozess zu laden. Weder sei sie gerade in Bayern gemeldet noch bei ihrer zuletzt bekannten Adresse auffindbar gewesen. Auch eine telefonische Kontaktaufnahme war ihm zufolge nicht möglich. "Sie ist aber die zentrale Zeugin", merkte Verteidiger Walter Rubach an. "Die anderen sind ja nur Zeugen vom Hören-Sagen." Tatsächlich hatte niemand die angebliche Tat beobachtet. Die sogenannte Hausdame des Bordells, die dennoch als Zeugin aussagen sollte, erschien ebenfalls nicht zur Verhandlung. Ein Sicherheitsmitarbeiter, der damals in dem Laufhaus in Haunstetten arbeitete, sagte aus, er sei in jener Nacht über Streitigkeiten im Hof informiert worden. "Dort war dann nur die Frau. Die Jungs waren schon weg. Sie sagte mir, sie habe gerade ein Problem mit Männern gehabt. Sie war aufgeregt, wütend und ängstlich", erinnert er sich. Erhellenderes konnte er auch nicht beisteuern. Dem Staatsanwalt reichte die Beweisaufnahme nicht für eine Verurteiltung der Angeklagten aus.

    Richter spricht die drei Angeklagten frei

    Es ließe sich nicht ohne restlose Zweifel nachweisen, was an dem Abend geschehen ist, so der Ankläger, der letztlich für einen Freispruch plädierte. Dass sich die drei Verteidiger seiner Forderung anschlossen, überraschte freilich nicht. Letztlich sprach auch das Schöffengericht das Trio frei. "Wir werden des nicht aufklären können", sagte Richter Weinkamm und richtete sich an die drei Männer. "Das heißt nicht, dass das Gericht davon überzeugt ist, dass sie gar nichts gemacht haben. Aber wir müssen auch davon überzeugt sein, dass sie etwas getan haben." Eben das könnte nicht geklärt werden. Bei den drei Männern schien die Erleichterung groß. Aus dem Justizgebäude herausgekommen, klatschten sie sich erst einmal ab.

    Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast "Augsburg, meine Stadt" mit dem Strafverteidiger Walter Rubach an – unter anderem zu der Frage: "Warum verteidigen Sie Mörder und Sexualstraftäter?" Die Folge können Sie sich hier anhören:

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