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Augsburg: Private Festnahme am Rande des Bahnparks läuft aus dem Ruder

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Private Festnahme am Rande des Bahnparks läuft aus dem Ruder

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    Zwei Jugendliche sind in eine Halle am Rande des Bahnparks eingebrochen. Privatleute wollten die zwei festnehmen.
    Zwei Jugendliche sind in eine Halle am Rande des Bahnparks eingebrochen. Privatleute wollten die zwei festnehmen. Foto: Silas Stein, dpa (Symbolbild)

    Als das Handy eines der drei Angeklagten klingelt, schildert der 15-jährige Zeuge gerade seine Version des Geschehens in und um eine Lagerhalle am Rande des Bahnparks Augsburg. Der Mann schaut kurz auf sein Handy und meldet sich dann zu Wort: „Entschuldigung. Das ist die Alarmanlage. Da ist jetzt wieder jemand in der Halle. Kann ich kurz die Polizei anrufen?“ Er darf auf den Flur gehen.

    Solch ein Alarm löste vor ziemlich genau einem Jahr auch jene Vorfälle aus, wegen denen der 57-Jährige und zwei Bekannte, 51 und 61 Jahre alt, jetzt auf der Anklagebank des Amtsgerichts Augsburg vor Richterin Angela Friehoff sitzen. Damals lag der 57-Jährige gerade an einem Baggersee. Er rief deshalb die zwei anderen Männer an, die sich nahe der Halle aufhielten. Die trafen auf dem Areal zwei Jugendliche an. Was sich dann abspielte, darüber gehen die Aussagen vor Gericht auseinander. Die Anklageschrift legt dem 57-Jährigen eine Beleidigung zur Last, den beiden anderen sogar gefährliche Körperverletzung und dem 61-Jährigen zudem Bedrohung und versuchte Nötigung. Die Richterin stellt fest, sie habe in den Unterlagen ziemlich emotionale Aussagen gefunden. Die Suche nach der Wahrheit wird schwierig.

    57-Jähriger Augsburger exportiert Sägewerkzeug nach Südamerika

    Der 57-Jährige deponiert in der angemieteten Halle Fahrzeuge sowie Sägewerkzeug, das er nach Südamerika exportiert. Ab etwa 2015 sei es zu Diebstählen gekommen, berichtet er, dann zunehmend zu Sachbeschädigungen, mitunter jede Woche. Anfang Juli 2023 eskalierten die Ereignisse.

    Die beiden Burschen – der jüngere damals kurz vor seinem 14. Geburtstag, damit juristisch noch ein Kind und nicht strafmündig, der andere einige Monate älter – berichten im Zeugenstand, wie sie an diesem Nachmittag in die Halle eingedrungen sind, drinnen einen Mercedes Oldtimer mit Schraubenschlüssel und Schaufel traktiert und einen Pulver-Feuerlöscher versprüht haben. Auf die Frage nach ihren Motiven wissen sie nichts zu antworten. Nach etwa zehn Minuten kletterten sie wieder raus. Im Umfeld der Halle trafen sie auf die beiden Männer, die der 57-Jährige benachrichtigt hatte.

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    Diese schildern, sie hatten vorsichtshalber eine Holzlatte und eine Eisenstange, die auf dem Gelände lagen, ergriffen. Sie hätten die Jungen lediglich bis zum Eintreffen der Polizei an der Flucht hindern wollen. Der 51-Jährige stürzte dabei und verletzte sich an Bein, Ellbogen und Schulter. Unklar blieb, ob er den Jüngeren gezielt mit der Latte schlug oder nur auf ihn fiel. Die Zeugen berichten unpräzise von einem Angriff und Schlägen. Der jüngere deckt eher die Schilderung der Männer, der ältere, der erst mal weggerannt war und unverletzt blieb, formuliert dramatisch: „Ich bin gerannt um mein Leben. Ich war sehr traumatisiert.“

    Richterin Friehoff spricht an, dass die beiden keine vier Monate später in einer Mietwohnanlage in Lechhausen reihenweise Kellerfenster eingeschlagen haben. Das Verfahren wurden damals eingestellt gegen die Auflage von 24 Stunden gemeinnütziger Hilfsdienste und pädagogischen Gesprächen. Sie fragt nach, ob ihnen jemand diese Taten aufgetragen habe? Der Mieter der Halle hatte nämlich ausgesagt, nach mehreren Sachbeschädigungen habe ihm ein junger Mann, angeblich der Anführer einer Jugendclique aus dem Wittelsbacher Park, angeboten, für Ordnung zu sorgen, wenn er eine Versicherung abschließe. Nein, sagen die Jungen, sie seien alleine aktiv gewesen.

    Sie tendiere zu einem Freispruch für die Männer. Den fordert dann auch Staatsanwältin Gülperi Cakmak. „Die Aussagen passen nicht zusammen, die Geschehnisse sind nicht nachvollziehbar.“ Die beiden Verteidiger Ralf Schönauer und Christian Gessler schließen sich an. In der Urteilsbegründung stellt Angela Friehoff fest, die Verhandlung habe keine belastbaren Belege für die Anklage ergeben. Auch Privatpersonen hätten das Recht, jemanden festzunehmen. Ob dieses Recht hier unzulässig überschritten wurde, „das kann ich nicht klären“. Den drei Männern gab sie dennoch mit auf den Weg: „Lassen künftig die Finger davon, jemanden selbstständig festzunehmen.“

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