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Augsburg: Polizeieinsatz eskaliert: Maxstraßen-Vorfall hat Konsequenzen

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Polizeieinsatz eskaliert: Maxstraßen-Vorfall hat Konsequenzen

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    Ein Blick von oben auf den Zwischenfall in der Augsburger Maximilianstraße. Dabei waren am Freitagabend zahlreiche Polizeistreifen im Einsatz gewesen.
    Ein Blick von oben auf den Zwischenfall in der Augsburger Maximilianstraße. Dabei waren am Freitagabend zahlreiche Polizeistreifen im Einsatz gewesen. Foto: Screenshot Youtube

    Der Vorfall vom Freitagabend in der Augsburger Maxstraße erregt bundesweit Aufsehen. An jenem Abend hielten sich auf Augsburgs Partymeile nahezu so viele Menschen auf, wie vor der Corona-Epidemie. Die Polizei sprach Platzverweise aus. Der Abend endete mit einer am Boden fixierten und verletzten Wirtin, einer aufgebrachten Menschenmenge und verletzten Polizisten. Während die Stadt Augsburg nun Konsequenzen ankündigt, hat die Staatsanwaltschaft zwei verschiedene Verfahren eingeleitet. Gastronomen sorgen sich.

    Handgemenge auf Augsburgs Partymeile bei Polizeieinsatz

    Wie konnte die Situation in der Maximilianstraße so eskalieren? Viele junge Menschen sitzen an dem lauen Abend am Herkulesbrunnen. Sie trinken, lachen, unterhalten sich. Die Polizei spricht von mindestens hundert Leuten in dem Bereich. Markus F.* (*Name geändert) bestätigt das. Der 23-jährige Student trifft sich an dem Abend mit Freunden. Doch am Herkulesbrunnen ist es auch ihm zu voll. Die Freunde holen sich beim Straßenverkauf des Café Corso ein Bier, verweilen ein paar Meter weiter. Gegen 22.30 Uhr beobachtet F., wie die Polizei mit Streifenwagen anrückt und am Brunnen mit der Menge redet. „Die Leute gingen daraufhin weg. Aber sobald die Polizei verschwunden war, kamen die meisten zurück.“

    Mehrere Videos zeigen das Handgemenge zwischen den Frauen und der Polizei.
    Mehrere Videos zeigen das Handgemenge zwischen den Frauen und der Polizei. Foto: Screenshot

    Vor den Kneipen, die offen haben, bilden sich laut F. 20 bis 30 Meter lange Schlangen. In der Maximilianstraße ist der Straßenverkauf von alkoholischen Getränken laut Ordnungsreferat momentan bis nachts um ein Uhr befristet. Alkoholfreie Getränke und Speisen dürften bis fünf Uhr in der Früh abgegeben werden. „Es war die Hölle los“, sagt F. Den Tumult, der sich später am Corso entwickelt, bekommt er nach eigenen Angaben aus nächster Nähe mit. Er spricht von einer aufgeheizten Stimmung. Irgendwann hätten sich die Wirtin des Corso und eine Polizistin angeschrien. „Als würden sich zwei Mädchen auf dem Pausenhof zanken.“

    Dass die Wirtin oder ihre Mutter zugeschlagen haben, hat der Student nicht gesehen. Wohl aber den Schlag eines Polizisten. Das sei der Moment gewesen, in dem die Menge ausrastete. „Mehrere traten gegen Stühle und Tische, die herumflogen, sie skandierten „Corso“. F. betont, dass die Wirtin die Menge nicht aufgehetzt habe. Ihm zufolge hätten sich beide Seiten unglücklich verhalten. „Die Wirtin hätte ruhig bleiben, die Polizei deeskalierender auftreten müssen.“

    Corso-Wirtin Ertl sagt nichts mehr ohne Anwalt

    Wirtin Katharina Ertl, 30, die das Corso vor einigen Monaten übernommen hat, würde sich gerne nochmals zu dem Polizeieinsatz äußern. Doch auf Anraten ihres Anwalts halte sie sich vorerst bedeckt, sagt sie am Telefon. Tatsache ist, dass gegen zwei Personen, wie es die Staatsanwaltschaft Augsburg formuliert, ein Ermittlungsverfahren wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte eingeleitet wurde. Es liegt auf der Hand, dass es sich um Ertl und ihre 62-jährige Mutter handelt. Auch der Polizeieinsatz beschäftigt die Ermittler. Diesbezüglich wurde laut Staatsanwalt Michael Nißl ein sogenanntes Vorermittlungsverfahren eingeleitet. Es ist nicht gleichzusetzen mit einem Ermittlungsverfahren. Es werde geprüft, ob überhaupt ein Anfangsverdacht besteht, erklärt Nißl. Ob bei der Prüfung des Sachverhaltes auch Aufzeichnungen von Bodycams der Polizisten eine Rolle spielen, könne er aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen.

    Die ersten Polizeistreifen, die eintrafen, hatten laut Polizeisprecher Michael Jakob keine Bodycams im Einsatz. „Ob von den nachträglich eintreffenden Kräften Videomaterial vorliegt, wird im Rahmen der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung geklärt.“ Dafür hatten einige Zuschauer den Tumult gefilmt. Die Videos verbreiteten sich rasch im Internet. Kritik aus sozialen Netzwerken, die Beamten seien jung und wohl überfordert gewesen, weist Jakob zurück.

    Ein nächtlicher Polizeieinsatz in der Maxstraße eskaliert - nicht nur, weil gegen Corona-Regeln verstoßen wird. Welche Folgen diese Nacht hat.
    Ein nächtlicher Polizeieinsatz in der Maxstraße eskaliert - nicht nur, weil gegen Corona-Regeln verstoßen wird. Welche Folgen diese Nacht hat. Foto: Axel Mengewein

    „Alle Polizeibeamten und -beamtinnen waren voll ausgebildete und entsprechend qualifizierte Einsatzkräfte.“ Ein Einschreiten in Menschenmengen erfordere immer ein Höchstmaß an Einsatztaktik. „Genau diese wird aber allen Beamten sowohl in der Ausbildung als auch im weiteren Einsatztraining vermittelt. Das Alter der Einsatzkräfte spielt insofern keine Rolle.“ Auf die Frage, ob die Wirtin und ihre Mutter zu dem Zeitpunkt alkoholisiert waren, sagt Jakob: „Beide Frauen wiesen eine Atemalkoholkonzentration auf.“ Aus ermittlungstaktischen Gründen könne er keine Angabe zum Grad der Alkoholisierung machen.

    Leo Dietz, Kreisvorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes und neuer CSU-Fraktionsvorsitzender im Augsburger Stadtrat, bewertet die Situation momentan als schwierig. Er ist selbst Gastronom auf der Maxstraße, hat sein Lokal Peaches nach wie vor geschlossen. „Viele Menschen“, beschreibt er das Problem, „haben keine Lust mehr auf Beschränkungen. Sie wollen sich wieder treffen.“ Auslöser für das Geschehen in der Maximilianstraße sind für ihn letztendlich die uneinsichtigen Leute, die die Hygienevorschriften ignorierten. Er sieht die Politik gefordert. Leo Dietz hofft, dass wegen der Eskalation am Café Corso nicht sämtliche Gastronomen nun Konsequenzen erfahren.

    Die Gastronomen in der Augsburger Maxstraße haben jetzt Angst

    Diese Angst hat Osman Cifci, der in seiner Kneipe Caipi in der Maxstraße derzeit auch To-go-Getränke verkauft. Auch bei ihm war Freitagabend viel los. Er befürchtet, dass er seinen Verkauf künftig vielleicht zeitiger beenden muss. Das Ordnungsreferat der Stadt kündigt nach dem Vorfall jedenfalls ein Konzept an. Es soll mit Polizei, Ordnungsdienst und Gastronomen abgestimmt werden. „Es soll die Möglichkeiten der Lockerungen einerseits und die Gewährleistungen des erforderlichen Infektionsschutzes andererseits zusammenbringen“, meint Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU).

    In der jetzigen Situation sei es sehr wichtig, dass alle Personen ihren Beitrag leisten, dass Freiheiten verantwortungsvoll genutzt werden können, aber auch der Infektionsschutz weiter gewahrt wird. Damit meint er die Besucher rund um den Herkulesbrunnen und die Gastronomen in der Maxstraße. „Die Stadt weiß um die schwierige Lage der Gastronomen und wird einen Teil dazu beitragen, die Situation so gut wie möglich zu gestalten.“

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Nicole Prestle: Die Wirte nicht in Sippenhaft nehmen

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