Die Nachricht, die auf der Rückseite der Visitenkarte steht, ist kurz und prägnant. "Ihre Wohnung wurde durch die Polizei zur Auffindung von Diebesgut betreten", heißt es da. "Es wurde nichts gefunden. Bei Rückfragen bitte anrufen." Für Andreas Jansen sind diese wenigen Worte und der Polizeieinsatz, der dahintersteht, auch knapp eine Woche später noch ein Ärgernis. Denn in der Wohnung, um die es geht, hat er zuletzt gelebt, die Visitenkarte steckte im Schlitz seiner Tür. Der 33-Jährige hat mit dem Diebstahl, um den es geht, nichts zu tun und ist ziemlich wütend. Eine solche Aktion, sagt er, habe er noch nicht erlebt. Aber der Reihe nach.
Polizeieinsatz in Augsburg: Anwohner kritisiert die Polizei
Am vergangenen Mittwoch meldete sich ein 47-jähriger Augsburger bei der Polizei. Sein Rucksack war verschwunden. Der Mann hatte ihn im Bereich der Tennisanlage in der Gabelsbergerstraße kurz abgestellt – und ihn, als er zurückkehrte, nicht mehr wiedergefunden. Offenbar hatte jemand den Rucksack mitgenommen. In der Tasche befanden sich nach Angaben des 47-Jährigen unter anderem ein Portemonnaie mit seinem Ausweis drin und sogenannte Airpods, also kabellose Kopfhörer. Die Kopfhörer lassen sich unter Umständen vom Handy aus orten, und das machte der 47-Jährige auch. Die Ortung führte zu einer Wohnanlage in der Gabelsbergerstraße, nicht weit von der Tennisanlage entfernt, und da scheinbar zu einem Mehrparteienhaus innerhalb der Anlage. Der offenbar bestohlene 47-Jährige und Beamte einer Streife schauten sich die Gegebenheiten vor Ort an. Und kurz darauf stiegen die Beamten über ein gekipptes Fenster in die Erdgeschosswohnung ein, in der sie das Diebesgut vermuteten. Es war die Wohnung von Andreas Jansen.
Dort allerdings fanden sie den Rucksack nicht und auch sonst wenig. Die Wohnung steht derzeit leer, ab und an meldet sich der Piepton eines Rauchmelders, mehr Leben herrscht hier derzeit nicht. Jansen sagt, er sei Anfang des Monats ausgezogen und wolle die Wohnung verkaufen. Er hätte von dem Polizeieinsatz vermutlich eine Weile nichts erfahren, hätte eine Nachbarin ihn nicht über die Visitenkarte informiert, die in seinem Türschlitz steckte.
Jansen sagt, er könne nicht verstehen, warum die Polizei einfach so in seine Wohnung eingedrungen sei. "Ich fühle mich komplett wehrlos", sagt er. Die Beamten hätten das Fenster, über das sie reingekommen seien, offen stehend zurückgelassen. Alle Nachbarn hätten die Nachricht auf der Visitenkarten lesen und denken können, er sei in einen Diebstahl verstrickt. Zudem sei ihm völlig unbegreiflich, warum die Beamten überhaupt ausgerechnet seine Wohnung durchsucht hätten, und auf welcher Rechtsgrundlage das passiert sein solle. Zum Mehrparteienhaus, das in einem größeren Wohnblock in der Gabelsbergerstraße steht, gehören acht Wohneinheiten. Das Ortungssignal hätte doch auch zu jeder der anderen Wohnungen im Haus passen können und auch zu anderen Einheiten im Wohnblock. Und da durchsuche man einfach mal so auf Verdacht eine der Wohnungen, die theoretisch in Betracht gezogen werden könnten, für Airpods im Wert von vielleicht 100 Euro?
Augsburger will nach Durchsuchung möglicherweise Anwalt einschalten
Tatsächlich war der piepsende Ton des Rauchmelders in der leer stehenden Wohnung der Grund, warum die Streifenbeamten in die Wohnung von Andreas Jansen einstiegen. Laut Polizei sei den Beamten vom 47-Jährigen erklärt worden, "dass der aus der Wohnung wahrnehmbare Pfeifton von seinen gestohlenen Airpods durch die Ortung verursacht werde". Was sich dann allerdings als falsch herausstellte. Einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss hatte die Polizei in dem Fall nicht. Rechtlich ist es der Polizei unter bestimmten Umständen möglich, ohne Richterbeschluss eine Wohnung zu durchsuchen. Ob die in dem Fall vorlagen, will Andreas Jansen möglicherweise überprüfen lassen. Er sagt, er habe sich inzwischen an einen Anwalt gewandt.