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Augsburg: Pflegeheim Ebnerstraße - Aufsicht wird verteidigt

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Skandalheim Ebnerstraße: Gesundheitsreferent stellt sich vor Heimaufsicht

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    Der Pflegeskandal im Heim Ebnerstraße hat landesweit Folgen: Gesundheitsminister Holetschek kündigt Maßnahmen an, um solche Mängel künftig besser vermeiden zu können.
    Der Pflegeskandal im Heim Ebnerstraße hat landesweit Folgen: Gesundheitsminister Holetschek kündigt Maßnahmen an, um solche Mängel künftig besser vermeiden zu können. Foto: Silvio Wyszengrad

    Augsburgs Gesundheitsreferent Reiner Erben (Grüne) ließ sich am Dienstag per Video zur Aussprache in den Gesundheitsausschuss des Landtags schalten. Es ging um ein Thema, das ihn in den vergangenen Tagen intensiv beschäftigte, dennoch konnte der Referent nicht persönlich nach München. Derzeit laufen in Augsburg Vorstellungsgespräche für die neue Leitung des Gesundheitsamts. Auch das, erklärte Erben den Mitgliedern des Ausschusses, sei immens wichtig. So stand er virtuell Rede und Antwort zum Pflegeskandal im Heim in der Ebnerstraße. Auch "daheim" in Augsburg ist die Politik weiter an dem Vorfall interessiert. Am Donnerstag wird es auch im Stadtrat um dieses Thema gehen.

    In seinen Erläuterungen für den Landtag brach Erben am Dienstag zunächst eine Lanze für die Heimaufsicht, die in seinem Referat angesiedelt ist, die zuletzt wegen der Pflegemängel in der Ebnerstraße aber in der Kritik stand. Die Mitarbeiter der Heimaufsicht, so Erben, hätten "keinen leichten Job" zu bewältigen. "Sie sollen kontrollieren, beraten, helfen, Missstände abzustellen und schließlich auch sanktionieren." Seit vergangenes Jahr in einem Heim des italienischen Trägers Sereni Orizzonti in Schliersee bekannt geworden waren, habe auch dessen Augsburger Haus unter ständiger Beobachtung und Begleitung gestanden, sagte Erben.

    Die örtliche Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen, Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA) habe immer wieder Mängel im Haus in der Ebnerstraße festgestellt, aber auch Fristen zur Verbesserungsmöglichkeit einräumen müssen. Als es bereits im vergangenen Jahr zu Personalengpässen kam, habe sich die Heimaufsicht wöchentlich den Dienstplan vorlegen lassen. "Teilweise kam der Träger den Aufforderungen nach, dann musste wieder angemahnt oder ein Zwangsgeld angedroht werden", so Erben.

    Behörden seien im Fall Ebnerstraße schon lange im Einsatz gewesen

    Den Vorwurf des FDP-Landtagsabgeordneten Dominik Spitzer, die Behörden hätten erst reagiert, als es den "medialen Aufschlag" gegeben habe, ließ Bernhard Opolony, Leiter der Abteilung Pflege des Gesundheitsministeriums, nicht gelten. Er zählte die Kontrollen und Begehungen auf, etwa im Januar durch den Medizinischen Dienst und weiterer Aufsichtsbehörden. "Am 19. Januar wurde ein umfassender Maßnahmenplan angeordnet", betonte Opolony. Dass die Medien parallel recherchiert und im Februar berichtet hätten, sei nachzuvollziehen und bestätige, "dass die FQA richtig gehandelt hat". Doch oft sehe die Öffentlichkeit eben nicht, dass die Behörden im Hintergrund schon lange im Einsatz seien.

    Interessiert waren die Ausschussmitglieder des Landtags daran, wie die ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohner der Ebnerstraße - die vor wenigen Monaten zum Teil ja bereits aus dem umstrittenen Heim in Schliersee nach Augsburg ziehen mussten - nun untergekommen sind. Erben berichtete, dass 76 der 86 Bewohnerinnen und Bewohner in anderen Augsburger Heimen untergekommen seien, vier wurden in eine Einrichtung in die Region verlegt, zwei Heimbewohner befanden sich bereits im Krankenhaus, vier weitere wurden nach der Begutachtung des Amtsarztes direkt vom Heim ins Krankenhaus gebracht. "Meines Wissens geht es ihnen wieder so weit gut, dass sie in eine Einrichtung verlegt werden können", so der Referent. Erben hadert selbst damit, dass es so lange dauerte, bis der Betrieb in der Ebnerstraße untersagt werden konnte. Die Stadt war diesen letzten Schritt am Samstag gegangen. Möglich geworden sei dies, wie auch einige Ausschussmitglieder kritisierten, nur durch krankheits- und Corona-bedingte Ausfälle des Personals in der Ebnerstraße geworden.

    Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hat als Konsequenz der Vorfälle in der Ebnerstraße einen Fünf-Punkte-Plan zur Verbesserung des Schutzes der Bewohnerinnen und Bewohner in Altenheimen vorgelegt. Die Mitglieder des Ausschusses für Gesundheit und Pflege forderten am Dienstag zusätzlich eine Änderung der Strukturen: Die Kontrollorgane müssten handlungsfähiger werden. Auch Reiner Erben stellte Vorschläge vor: Eskalationsstufen sollten verfeinert werden, um so eine schnellere Umsetzung verschiedener Maßnahmen möglich zu machen. Auch die Pflegekassen müssten in seinen Augen eine stärkere Rolle bei der Kontrolle spielen. Außerdem dürfe die Heimaufsicht die Ergebnisse ihrer Überprüfungen derzeit gegenüber Angehörigen und Betreuern nicht veröffentlichen, was Erben kritisiert. "Um eine größere Transparenz zu erhalten, sollte das aber möglich gemacht werden."

    Augsburger Stadträte verlangen Aufklärung zum Seniorenheim Ebnerstraße

    Das Pflegeheim in der Ebnerstraße wird am Donnerstag auch den Stadtrat beschäftigen, nachdem mehrere Stadträte Aufklärung verlangen und Gesundheitsreferent Erben einen Sachstandsbericht angekündigt hat. Erben wird sich dabei wohl auch dort einigen kritischen Fragen stellen müssen. Unter anderem will die Bürgerliche Mitte wissen, ob alle Besuche der Heimaufsicht unangekündigt waren. Ehemalige Mitarbeiter hatten gegenüber dem Bayerischen Rundfunk erklärt, dass die Heimleitung vorab von Kontrollen wusste. Eine frühere Mitarbeiterin sagte unserer Zeitung, bei Kontrollen sei teils nur das untere Stockwerk angeschaut worden, wo man alle Pflegematerialien zusammengekratzt habe. Stadtrat Peter Grab (WSA) will unter anderem wissen, ob Zwangsgelder gegen das Heim in den Jahren 2020 und 2021 verhängt worden seien und inwieweit schwere Pflegemängel in diesen Jahren festgestellt worden seien. Wie berichtet hat die Stadt bereits erklärt, dass es mehrfach Mängel gegeben habe, die auch moniert wurden. Politisch wird es wohl vor allem um die Frage gehen, ob die Heimaufsicht schnell genug reagiert und durchgegriffen hat.

    Zahlreiche ehrenamtliche Helferinnen und Helfer waren im Einsatz, um die Bewohner des Pflegeheims Ebnerstraße zu verlegen.
    Zahlreiche ehrenamtliche Helferinnen und Helfer waren im Einsatz, um die Bewohner des Pflegeheims Ebnerstraße zu verlegen. Foto: Silvio Wyszengrad

    V-Partei-Stadtrat Roland Wegner ist bereits zu einer Schlussfolgerung gekommen. Die städtische Heimaufsicht habe "offensichtlich nicht richtig funktioniert", schreibt er in einem Eilantrag, mit dem er erreichen will, dass Erben die Zuständigkeit für die Heimaufsicht entzogen wird. Die nun erfolgte Schließung sei unter öffentlichem Druck erfolgt, dabei hätten Angehörige in der Vergangenheit immer wieder über Missstände geklagt. "Unabhängig von der Führungsqualität der jeweiligen Referatsleitungen", so Wegner, sei die Heimaufsicht im Sozialreferat besser aufgehoben.

    Allerdings würde sich dann das Probleme ergeben, dass das Sozialreferat sozusagen selbst Betreiber der städtischen Altenhilfe und ihrer Pflegeheime ist. Betrieb und Kontrolle lägen dann in derselben Hand.

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