Maniküre, ein Flohmarkt oder einfach nur Mittagessen: Das sind nur einige der Angebote, die in der Vesperkirche St. Paul in Pfersee vom 3. März bis zum 17. März angeboten werden. Das Evangelisch-Lutherische Dekanat der Stadt Augsburg hat zum ersten Mal ein ökumenisches Pilotprojekt ins Leben gerufen. "Es sind ausdrücklich alle eingeladen, also Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen", sagt Frank Kreiselmeier, der Dekan der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde in Augsburg. Ziel sei, die Menschen zusammenzuführen.
Das Konzept Vesperkirche gibt es zwar schon seit etwa 30 Jahren, noch nie wurde aber in Bayern eine ökumenische Vesperkirche eröffnet. Römisch-Katholische und Lutherisch-Evangelische Kirche haben sich in Augsburg zusammengetan: "Für das Bistum Augsburg ist es selbstverständlich gewesen, dem Projekt zuzustimmen", sagt Helmut Haug, bischöflicher Beauftragter für Ökumene und religiösen Dialog. Die Idee sei schon etwas älter gewesen, aber 2024 seien die Pläne konkret geworden. "Die Ökumene in Augsburg hat eine lange Tradition. Seit den 1960ern ist sie gewachsen", so Haug.
20.000 Euro: Stadt Augsburg unterstützt Vesperkirche in Pfersee
Von 11 Uhr bis 14.45 Uhr wird die Vesperkirche ab 3. März täglich geöffnet sein, ab 12 Uhr werden für nur einen Euro warme Mahlzeiten angeboten. Den Gästen stehen täglich zwei Gerichte zur Auswahl, eines davon ist immer vegetarisch. Ein Caterer aus Bobingen sorgt für die Verpflegung – und auch für genügend Abwechslung auf dem Speiseplan. So gibt es den einen Tag Geschnetzeltes von der Pute mit Reis und Konfettisalat und den anderen hausgemachte Hirse-Brätlinge mit Frühlingsgemüse. Nicht alle Menschen könnten jeden Tag gut und reichlich essen, führt Kreiselmeier aus. "Die Mahlzeit in Gesellschaft anderer kann helfen, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen", so der Dekan. Danach können die Besucherinnen und Besucher sich weiter in der Kirche St. Paul aufhalten und an den sozialen Angeboten teilnehmen. Es sei Auftrag der Kirche, den armen Menschen am Rand der Gesellschaft zu helfen.
Das Anliegen wurde nicht nur von den kirchlichen Vereinigungen unterstützt: Die Stadt Augsburg hat Unterstützung zugesagt und die Vesperkirche mit etwa 20.000 Euro gefördert. Die Gesamtkosten für das Pilotprojekt belaufen sich auf etwa 120.000 Euro. Kreiselmeier sagt: "Wir haben circa 46.000 Euro an Spenden bekommen, wofür wir sehr dankbar sind."
Ohne Ehrenamtliche wäre Vesperkirche nicht realisierbar
Der Bedarf nach Gemeinschaft und Zugehörigkeit sei größer geworden, sagt Fritz Graßmann, theologischer Vorstand der Diakonie. Betroffen seien nicht nur finanziell schlecht gestellte Menschen. Gerade bei älteren Menschen nehme das Gefühl von Einsamkeit immer mehr zu. Das Pilotprojekt möchte aus diesem Grund einen Ort schaffen, an dem alle willkommen sind. Man könne sich nicht sicher sein, ob diejenigen, die ganz am Boden sind, auch wirklich zu uns kommen werden, so Graßmann. "Es würde mich aber natürlich sehr freuen, wenn sie sich hierher trauen."
Diakonin Elisabeth Krauß bedankt sich bei allen, die an der Organisation des Projektes mitgearbeitet haben. "Die Vesperkirche lebt von den Freiwilligen", sagt die Ehrenamtskoordinatorin. Insgesamt 150 Personen beteiligen sich an der Umsetzung. Dabei seien auch Schulklassen oder die Jugendmannschaft des FC Augsburg. "Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten haben sich beteiligt", erzählt Krauß. Die Ehrenamtlichen haben im Vorfeld auch eine Konfliktschulung durchgeführt, um in gefährlichen Situationen einwirken zu können.
Täglich sollen bis zu 400 Mahlzeiten in der Kirche verteilt werden. Dazu werden die Kirchenbänke entfernt und stattdessen etwa 30 Tische aufgebaut. In der einen Ecke wird eine 'Essens-Insel' aufgebaut werden, in der anderen eine 'Sozial-Insel'. Dort können niederschwellig Beratungstermine in schwierigen Lebenslagen vereinbart oder anders geholfen werden. "Die Kirche vermittelt eine warme und herzliche Atmosphäre", sagt Marianne Werr, die Pfarrerin von St. Paul. "Wer hierherkommt, soll sich wohlfühlen und Hilfe erhalten, wenn sie benötigt wird."
Die Beteiligten hoffen, die Vesperkirche 2025 fortsetzen zu können. "Wir gehen auch davon aus, dass wir während der 15 Tage genügend Spenden einsammeln können, die den Grundstock für das nächste Jahr bilden", sagt Kreiselmeier. Im Frühjahr soll entschieden werden, ob die Vesperkirche fortgesetzt wird. "Genügend Bedürftige gibt es in der Stadt, daher gehen wir davon aus, dass es voll wird", sagt Kreiselmeier. Der Eröffnungsgottesdienst wird am 3. März um 11 Uhr stattfinden. Zu dem Termin werden auch der evangelische Landesbischof Christian Kopp und Bischof Bertram Meier erwartet.