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Augsburg: Pfarrer Weidner verlässt seine Gemeinde: "Ich bin mir treu geblieben"

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Pfarrer Weidner verlässt seine Gemeinde: "Ich bin mir treu geblieben"

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    Bernd Weidner verlässt zum 31. August die Pfarreiengemeinschaft Oberhausen-Bärenkeller. Viele Gläubige schätzen ihn für seine zugewandte Art.
    Bernd Weidner verlässt zum 31. August die Pfarreiengemeinschaft Oberhausen-Bärenkeller. Viele Gläubige schätzen ihn für seine zugewandte Art. Foto: Silvio Wyszengrad

    Es war ein besonderer Antrag, den die Aktionsgemeinschaft Unser Oberhausen auf der Bürgerversammlung in St. Konrad vergangene Woche an Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) übergab. Die Stadt solle ihr Möglichstes tun, um Pfarrer Bernd Weidner zu halten. Applaus brandete auf. Weber betonte auf der Bühne, wie sehr sie Weidners Weggang bedauere, "aber er wird es sich gut überlegt haben". Weidner stand derweil am Rand. Mit dem Beifall trat er nach vorn, sah etwas ungläubig in den vollen Pfarrsaal, lächelte und suchte wieder Halt an der Wand. Damit hatte er nicht gerechnet.

    Hinter Weidner liegen kräftezehrende Wochen. Viel Arbeit, gesundheitliche Probleme und die Kontroverse um St. Konrad hinterließen Spuren. "Da tat die Unterstützung gut", sagt er eine Woche später. Weidner sitzt in seinem Büro in St. Peter und Paul. Er strahlt, wirkt erleichtert. Noch gut vier Monate ist das sein Arbeitsplatz, dann verlässt er die Pfarreiengemeinschaft Oberhausen-Bärenkeller. Anfang 2018 wechselte er von Königsbrunn nach Augsburg und beerbte den langjährigen Pfarrer Karl Mair. "In Oberhausen hat man sich damals sehr gefreut", erinnert sich Weidner. "Da kommt einer, der was will." Im Bärenkeller habe man sich hingegen daran gewöhnen müssen, dass sich nach 44 Jahren etwas grundsätzlich ändert. Die klassische Rolle des Pfarrers, der sich wie eine Art Familienvater um jeden Gläubigen persönlich kümmern kann, sei nicht mehr möglich. "Heute geht es als Pfarrer auch darum, Manager zu sein", sagt Weidner.

    Weidner eckte mit seiner Liberalität in Königsbrunn und im Bärenkeller an

    Manager zu sein, das hat Weidner früh gelernt. Aufgewachsen ist der heute 54-Jährige in Baar-Ebenhausen, südlich von Ingolstadt. Seine Eltern hatten einen eigenen Betrieb. "Mein Zwillingsbruder und ich lernten, die Dinge immer auch aus wirtschaftlicher Sicht zu sehen. Wenn du dich nicht veränderst, verschwindest du vom Markt." Das ländliche, kirchliche Umfeld habe ihn geprägt. "Ich habe mit 13 oder 14 meine Berufung erkannt, Priester zu werden", erzählt Weidner. Die Kirche habe ihm ein Gefühl der Beheimatung gegeben. Seine Eltern unterstützten den Wunsch des Sohnes. "Ich glaube, dass das dein Weg ist", habe die Mutter gesagt. Nach seinem Theologiestudium schlug dann doch die elterliche Prägung durch, Weidner studierte Fertigungstechnik. "Nach zwei Jahren habe ich aber gespürt, dass ich ins Priesterseminar zurückmuss, dass ich da hingehöre." Dennoch, die Zeit des technischen Studiums wolle er nicht missen. Weidner geht gerne unkonventionelle Wege.

    Damit eckt er in der Kirche an, vor allem bei traditionellen Katholiken. Das war bereits in Königsbrunn so und hat sich an der aktuellen Wirkungsstätte nicht verändert. Weidner blickt pragmatisch auf kirchliche Entwicklungen und scheut sich nicht, an vermeintlich unverrückbaren Glaubenssätzen zu rütteln. 2021 positionierte er sich öffentlich gegen das Segnungsverbot von Homosexuellen und erlaubte gegen internen Widerstand das Hissen der Regenbogenfahne vor St. Martin, bei St. Peter und Paul sowie bei St. Joseph. 

    Ringen um St. Konrad: Im Bärenkeller bildete sich eine "Apo"

    Den Höhepunkt fanden die innerpfarreilichen Auseinandersetzungen jüngst beim Ringen um St. Konrad. Weil die Gläubigenzahl seit Jahren stetig abnimmt, Gottesdienste schlecht besucht sind und Geld und Personal zunehmend ausgehen, stellte Weidner mit weiteren kirchlichen Vertretern Überlegungen an, die denkmalgeschützte Kirche im Bärenkeller in Teilen abzureißen und stattdessen mit Unterstützung des Ulrichswerks Wohnraum zu schaffen. Weidners Pläne riefen heftige Reaktionen hervor, ein Mitglied des Pfarrgemeinderats sagte, die Menschen im Bärenkeller seien "dagegen, teilweise angewidert" von den Gedankenspielen.

    Das Wort "angewidert" habe ihn getroffen, sagt Weidner. Es sei auch mehrfach im Pfarrgemeinderat gefallen. "Traurig stimmt mich aber vor allem, dass niemand widersprochen hat." Im Zuge der Kontroverse sei ihm sogar mitgeteilt worden, dass sich im Bärenkeller eine "Apo", eine "außerparlamentarische Opposition", gegen seine Ideen formiert habe. "Die haben nur hintenrum opponiert und sich nicht einmal mit einem Gesprächswunsch an mich gewandt", sagt Weidner. 

    St. Konrad im Bärenkeller stand zuletzt im Fokus der Debatte. Pfarrer Weidner überlegte, einen Teil abreißen und stattdessen Wohnraum errichten zu lassen.
    St. Konrad im Bärenkeller stand zuletzt im Fokus der Debatte. Pfarrer Weidner überlegte, einen Teil abreißen und stattdessen Wohnraum errichten zu lassen. Foto: Michael Hochgemuth

    Die Kontroverse um St. Konrad und weitere Gebäude sei aber nur ein Grund gewesen, warum er nun gehe, betont der Pfarrer. "Ich hatte vergangenen Winter mit Krankheiten zu kämpfen, war einmal im Krankenhaus mit Herzrhythmusstörungen." Weidner hat in den letzten Jahren viel gearbeitet, sagt selbst, er sei ein "Workaholic". Geschuldet war das auch den zunehmenden administrativen Verpflichtungen. "Ich habe hier zwei Kindergärten, eine Sozialstation, kirchliche Immobilien, die in die Jahre gekommen sind." Er sei ständig auf der Suche nach Personal: Kirchenmusiker, Pastoralmitarbeiter, Mesner, Erzieherinnen. "Wir verwalten den Mangel mit Personal, das wir nicht mehr haben", sagt Weidner. Die spirituelle Ebene und das Gefühl, Menschen Hoffnung zu vermitteln, weshalb er eigentlich Priester geworden sei, komme seit Jahren zu kurz. 

    Deshalb geht Weidner zum 31. August. Er kehrt zurück in seine Heimat, in die Nähe seiner Eltern, und übernimmt ab kommendem Jahr die Leitung der Oase Steinerskirchen. "Ich bin nicht enttäuscht, frustriert oder gescheitert", sagt Weidner. "So würde ich mich fühlen, hätte ich mich untergeordnet." Er sei sich treu geblieben. Für die PG Oberhausen-Bärenkeller wünscht er sich, dass die vier Pfarreien zusammenfinden. Das territoriale Kirchturmdenken müsse endlich aufhören. "Wenn alle vier sich als eine Gemeinde sehen würden, bräuchten wir weniger Gebäude, hätten volle Messen und mehr Zusammengehörigkeitsgefühl. Das wäre eine wirklich großartige Sache."

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