Ordnungsreferent: "Offene Drogenszene am Friedensplatz will niemand"
Frank Pintsch verteidigt im Interview seine Pläne, den Süchtigentreff in Oberhausen zu verlagern - und sagt, was passiert, sollten sie scheitern.
Die Pläne der Stadt sehen vor, den bisherigen Süchtigentreff am Helmut-Haller-Platz aufzulösen und bei St. Johannes an der Wertachbrücke eine neue Anlaufstelle zu installieren. Wie kam es zu diesem Konzept?
Frank Pintsch: Der Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass es am Helmut-Haller-Platz so nicht bleiben kann. Wir haben seit Jahren die Situation, dass sich dort Menschen mit einer Suchterkrankung aufhalten, mit allen Folgewirkungen: Steuerungslosigkeit, Vermüllung – einfach Störungen im öffentlichen Raum. Und wir können den Menschen vor Ort nicht ausreichend helfen. Dem hat man versucht, mit dem „Be-Treff“ zu begegnen, das war auch aus meiner Sicht der richtige Impuls. Suchtkranke in die Beratung zu bringen, ist der richtige Weg. Aber der Treff ist zu klein, nicht nur die Räumlichkeiten, auch das mögliche Angebot.
Wie meinen Sie das?
Pintsch: Kann man dort eine Außenanlage schaffen, eine hausärztliche Grundversorgung, gibt es die Möglichkeit, Substitutionsärzte anzusiedeln, Barrierefreiheit, eine Kleiderkammer, Schlafmöglichkeiten, Duschen? Die Antwort ist einfach: nein. Das ist an dem Ort nicht möglich. Daher der Stadtratsbeschluss im Dezember, der vorsieht, mit der Anlaufstelle vom Platz wegzugehen. Der Helmut-Haller-Platz muss ein wichtiger Quartiersplatz für alle werden, er ist unser zweites großes Tor zur Stadt, wird genutzt von Pendlern, Schülern, Bürgern. Hinzu kommt: Das Hilfsangebot für suchtkranke Menschen muss erweitert werden, und zwar genau in dieser Fülle.
Und wie kam man dann auf den Standort bei St. Johannes?
Pintsch: Wir haben auf verschiedenen Wegen nach geeigneten Objekten gesucht, etwa das Immobilienmanagement der Stadt engagiert. Wir hatten sechs Immobilien seit Dezember in der Auswahl, und ich bekomme auch jetzt, wo die Diskussion läuft, neue Angebote. Die wollen und werden wir uns anschauen, da es mir um die beste Lösung geht. Erfüllt das Angebot die Kriterien, was sind die Kosten, wie ist das zeitlich machbar? Wir sind da prüfungsoffen. Ich muss aber ehrlich sagen: Alles, was ich bislang an Alternativen geprüft habe, erfüllt die Kriterien nicht so gut wie St. Johannes.
Was sind das für Kriterien?
Pintsch: Die Kriterien sind transparent im Vorfeld erarbeitet worden. Es geht dabei etwa auch um die intrinsische Motivation eines möglichen Vermieters, einen festen Ansprechpartner vor Ort, der auch ein Interesse am Erhalt eines guten Umfelds hat und sich aktiv als Partner einbringt. Das ist mit der Diakonie absolut der Fall. Wir wollen auch Menschen nicht entmieten. Es braucht ein großes Raumangebot für Hygiene und Beratung. So, wie es das in der Stadt Essen bereits gibt, da funktioniert es gut. Ein wichtiger Punkt ist das Thema Umfeldmanagement. Wie sieht es in den Vorgärten in der Nachbarschaft aus, was wird aus dem Friedensplatz? Was bedeutet ein solcher Treffpunkt für die Wertachauen? Wir wollen täglich das Umfeld anschauen mit Reinigungsteams – und dafür braucht man entsprechende Räume.
Aber der entscheidende Unterschied zu Essen und anderen Einrichtungen dieser Art ist doch, dass es dort Fixerstuben gibt, der Konsum also innerhalb der Räume stattfindet. Das ist in Bayern aber gesetzlich nicht erlaubt, was bedeutet, dass die Süchtigen draußen, im Umfeld, konsumieren müssen – und werden.
Pintsch: Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Eva Weber und ich haben uns für Drogenkonsumräume ausgesprochen, die aber in Bayern nicht möglich sind. Ich bin aber der festen Überzeugung, wir ziehen die Szene mit dem Standort nicht nach Oberhausen, die Menschen sind schon da. Die Problematik ist da. Teils auch in der Innenstadt, deswegen haben wir auch dort Einrichtungen wie den Kontaktladen im Zentrum. Wir haben in Oberhausen bereits Zustände, die Handlungsbedarf erfordern – deswegen müssen wir auch zeitnah handeln und eine Entscheidung treffen. Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir intensiv die sogenannte „Schadensbegrenzung“ als wichtigen Teil einer effektiven Suchtpolitik verstärken. Und das geht doch nur, indem ich ärztliche Behandlung anbiete, Reinigungsteams ins Leben rufe, die ich mit der Einrichtung verbinde, indem ich die Hilfeangebote schaffe. Deswegen machen wir das. Würden wir die Suchtkranken verdrängen, wären sie innerhalb von zwei Tagen wieder da – ohne, dass wir auch nur einen Deut geholfen haben. Deshalb wollen wir einen Weg gehen, der nachhaltig ist – und deshalb die Vielfältigkeit des geplanten Hilfeangebots bei St. Johannes. Und ich glaube tatsächlich, dass es für diese Herausforderung in Oberhausen ein starkes Hilfe- und Verbesserungsangebot ist.
Hand aufs Herz: Wie in Stein gemeißelt sind die Pläne schon? Das Konzept klingt sehr konkret. Wie realistisch ist es da, dass der Standort noch woanders hinkommt?
Pintsch: Es war und ist mein Anspruch, dass ich ein Konzept vorlege, das auch grundlegend ausgearbeitet ist, aber auch natürlich noch offen für das Bürgergespräch und Verbesserungsvorschläge ist. Wir mussten mit einer konkreten Idee arbeiten, nur so können Sie das Thema verantwortungsvoll behandeln. Genau an diesem Punkt sind wir jetzt, und das ist auch gut so. Aber im Stadtrat haben wir noch überhaupt keine Entscheidung getroffen, das Thema war auch noch nicht in einem Ausschuss. Die Beschlusslage steht aus. In Stein ist also nichts gemeißelt. Die Angebote, die jetzt reinkommen, werden wir sauber durchprüfen. Aber ich will nochmal sagen: Bisher ist St. Johannes der Ort, der alle Anforderungen gut erfüllt – insbesondere auch die Möglichkeiten beim Thema Sicherheit und Ordnung.
Jetzt mal angenommen, der Süchtigentreff kommt zu St. Johannes. Was macht man denn, wenn man sieht, die Befürchtungen der Anwohner bestätigen sich, ein neuer Drogenschauplatz entsteht – und es klappt nicht so, wie gehofft?
Pintsch: Tatsächlich zeigen unsere Erfahrungen in anderen Städten, dass das funktionieren kann. Ich glaube, dass wir zu einer deutlichen Entlastung im öffentlichen Raum für Oberhausen kommen. Aber mir ist auch völlig klar: Wir stehen extrem stark im Wort. Die Leute haben Sorge um den Friedensplatz und das Umfeld, was ich verstehen kann, der ist schön hergestellt. Eine offene Drogenszene will da auch keiner. Wir müssen da sehr aufpassen. Deswegen soll es in St. Johannes ein festes Dienstzimmer des Ordnungsdienstes mit einer festen Hausleitung als Ansprechpartner geben. Und wir arbeiten eng und intensiv mit der Polizei zusammen. Wir werden das Projekt intensiv steuern, evaluieren und Stück für Stück mit der jederzeitigen Möglichkeit der Reaktion umsetzen.
Trotzdem noch mal: Angenommen, es klappt nicht. Was macht man dann?
Pintsch: Wenn es nicht klappt, dann muss man so wie jetzt beim Helmut-Haller-Platz schnell zu einer Analyse und kraftvollen Handlungsalternativen kommen. Wenn sich eine Problemlage neu stellt, muss man sie analysieren, drum machen wir ja jetzt auf Grundlage einer breiten Analyse den großen Aufschlag und wollen mit einem umfassenden Hilfeangebot vorgehen, um den öffentlichen Raum und ganz Oberhausen zu entlasten. Die Fachleute sagen uns auch ganz klar: Es ist der richtige Weg
Zur Person: Frank Pintsch, 43, ist Mitglied der CSU und seit 2020 Ordnungsreferent von Augsburg.
Die Diskussion ist geschlossen.
"Pintsch: Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Eva Weber und ich haben uns für Drogenkonsumräume ausgesprochen, die aber in Bayern nicht möglich sind."
Warum wird so etwas dann diskutiert. Da will man ablenken. Sinnvoll wäre eben der Konsum in Räumen und eben nicht auf der Strasse. Aber die Politik schläft hier wieder und überläss tdie Entscheidungen ausschließlich bei den Kommunen, welche dann wieder unsinnige Maßnahmen auf den Weg bringen., Viel Schaumschlägerei.
(edit/mod/NUB 7.2)
Das halte ich auch für eine ganz schlechte Idee der Stadt... ich befürchte ebenfalls dass ein zweiter Hotspot geschaffen wird wo die Süchtigen dann im Hettenbachpark rumhängen und auf offener Straße oder unter der Brücke konsumieren. Lieber die Süchtigen am Hallerplatz belassen und verstärkt mit dem Ordnungsdienst vorbeischauen...
Pfeifen im Walde!
Es wird ein zweiter Hotspot errichtet. Ich befürchte gar nicht einmal am Friedensplatz (als Diözese würde ich mich bei den Protestanten sehr bedanken) sondern im gerade für das Viertel gewonnenen Hettenbachpark und dem Wertachufer.
Wo sind denn die gelungenen Beispiele? Essen kann es schon einmal nicht gewesen sein.
Die Bürger die in diesem Viertel wohnen, die Kinder, die dort spielen, und die Geschäftsleute, die hier das Steuergeld für die Stadt erwirtschaften, haben einen Anspruch darauf, dass die Kommunalpolitik ein gedeihliches und sicheres Umfeld schafft und das Viertel keinen Experimenten aussetzt. Die Kinder von Herrn Pintsch werden mit Sicherheit woanders großgezogen.
>> Wenn es nicht klappt, dann muss man so wie jetzt beim Helmut-Haller-Platz schnell zu einer Analyse und kraftvollen Handlungsalternativen kommen. <<
Hochbeete? Überdachungen? bauliche Neugestaltung? Biergärten?