Autofahrer müssen ab dem Sommer in Augsburg in größeren Teilen der Innenstadt höhere Parkgebühren bezahlen. Das hat der Stadtrat am Donnerstagabend gegen 18 Stimmen beschlossen. Während die eigentliche Debatte sachlich lief, flogen schon kurz nach der Abstimmung die Fetzen - nicht im Sitzungssaal, sondern via Facebook und Pressestatements.
Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) sagte in ihrer Positionierung vor der Abstimmung einen Satz, der nach ihrer Aussage anders gemeint war und aus dem Zusammenhang gerissen worden sei. Für sich genommen ließ der Satz jedenfalls aufhorchen. Sinngemäß sagte Weber, dass Innenstadtkunden, die keine 2,60 Euro pro Stunde in den Parkautomaten werfen könnten, wohl ohnehin nicht die Kunden seien, die die Innenstadt brauche. Vorangegangen war eine Diskussion darüber, welche Auswirkungen die Vergrößerung der teuren Innenstadt-Parkzone um einige Straßenzüge und Quartiere für den Einzelhandel haben würde.
Kritik an Eva Webers Aussage: "Abgehobene Diskussion in der Stadtregierung"
Nachfragen oder Widerspruch zu Webers Aussage gab es in der Sitzung nicht, unmittelbar nach Ende der Sitzung erschien im Facebook-Auftritt der Sozialfraktion aber ein Eintrag mit der Frage "Ihr Ernst, Frau Weber?", versehen mit Webers Konterfei vor einem Parkscheinautomaten. "Die Aussage von Eva Weber zeigt, wie abgehoben die Diskussion in der aktuellen Stadtregierung ist. Die Innenstadt gehört allen. Wer sie stärken will, muss dafür sorgen, dass sie für alle erreichbar ist", so Fraktionsvorsitzender Florian Freund.
Die Stadtregierung brauche ein Verkehrskonzept mit einem besseren Nahverkehr. "Hier sehen wir Tatenlosigkeit", so Freund am Freitag in einer gemeinsamen Presseerklärung mit der Bürgerlichen Mitte. "Wer höhere Parkgebühren in der Augsburger Innenstadt einführt, ohne der Verkehrsbelastung etwas entgegenzusetzen, sorgt dafür, dass der Augsburger Einzelhandel noch weiter ausstirbt", so Bürgerlichen-Fraktionschefin Beate Schabert-Zeidler. "Es scheint fast so, als hätte die schwarz-grüne Regierung etwas gegen den Einzelhandel in der Innenstadt." Dieser sei durch die Abschaffung von Semmeltaste, hohe Nahverkehrspreise und die samstäglichen Corona-Demos ohnehin geschwächt.
Ob Eva Weber zufolge wurde Aussage aus Zusammenhang gerissen
Weber sagte am Freitag, sie sei wohl absichtlich missverstanden worden, indem man ihren Satz, der für sich genommen tatsächlich missverständlich sei, aus dem Kontext gerissen habe. Weber leitete ihren Vortrag im Stadtrat damit ein, dass ihr die Behauptung, dass höhere Parkgebühren dem Handel schaden, zu pauschal sei. Es komme bei der Innenstadtstärkung darauf an, den Aufenthalt attraktiv zu machen, etwa mit einem „Stadtsommer“-Programm. Möglichst niedrige Parkgebühren seien nicht der entscheidende Hebel. Dies, so Weber, sei ihre eigentliche Botschaft im Stadtrat gewesen. In der Tat deckt sich diese Aussage mit den bisherigen Positionierungen Webers zu Parkgebühren und Semmeltaste. Ein Satz wie in der Stadtratssitzung, der eine andere Stoßrichtung hat, fiel sonst noch nie. Es liege ihr jedenfalls fern, Innenstadtbesucher nach ihrem finanziellen Hintergrund zu qualifizieren, betonte Weber.
Weber ging ihrerseits in Angriffsposition und warf Freund vor, "Fake News" zu verbreiten. Wenn er eine sachliche Auseinandersetzung gewünscht hätte, hätte Freund jederzeit die Möglichkeit gehabt, in der Sitzung nachzuhaken. Dann hätte es die Möglichkeit gegeben, das Thema noch in der laufenden Debatte richtigzustellen, so Weber. CSU und Grüne stellten sich am Freitag demonstrativ hinter Weber. CSU-Fraktionschef Leo Dietz warf der Opposition und speziell der SPD "Stimmungsmache" vor, Grünen-Fraktionsvorsitzende Verena von Mutius-Bartholy sprach von "Effekthascherei" und einem schwierigen Politikstil, wenn man Zitate verdrehe.
Stadt Augsburg erhöht Parkgebühren und schafft Semmeltaste ab
Wie berichtet hatte der Stadtrat bereits im November die Abschaffung von Semmeltaste sowie eine Erhöhung der Parkgebühren von zwei auf 2,60 Euro in der Kerninnenstadt und von 60 Cent auf einen Euro pro Stunde am Innenstadtrand mit großer Mehrheit beschlossen. Am Donnerstag wurde auf Antrag von CSU und Grünen beschlossen, die 2,60-Euro-Zone um einige Straßen und Quartiere (vor allem Beethoven- und Ulrichsviertel), die bisher in der günstigeren Zone lagen, zu erweitern.
Neben Sozialfraktion und Bürgerlicher Mitte stimmten die AfD und Bruno Marcon (Augsburg in Bürgerhand) sowie Peter Grab (WSA) dagegen. Markus Striedl (AfD) sagte, mit der Ausweitung verhindere man keine einzige Autofahrt, sondern sorge dafür, dass Konsumenten ins Umland ausweichen. Marcon und Grab kritisierten, dass man so eine Zwei-Klassen-Gesellschaft befördere, den Autoverkehr aber nicht reduziere. "So eine Regulierung funktioniert nicht. Der Parkraum wird dann einfach von denen genutzt, die es sich leisten können", so Marcon. CSU und Grüne hielten dagegen. Dietz sagte, die CSU habe die Prüfung der Zonengröße gemeinsam mit den Grünen beantragt, weil sich die Gegebenheiten in der Innenstadt über die Jahrzehnte geändert hätten. Deniz Anan (Grüne) sagte, wer in der Innenstadt Platz für sein Auto im öffentlichen Raum wolle, müsse einen angemessenen Preis bezahlen. "Der Einzelhandel besteht den Wettbewerb mit der grünen Wiese nicht über den Preis beim Parken, sondern über Qualität."